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„Nur nachplappern bringt nichts“

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In der LSAP hört man auf die eigene Jugendorganisation. Parteipräsident Claude Haagen wünscht sich, dass die «Jungen» die «Alten» auch weiter vorantreiben, und redet von einem guten Verhältnis. Welche Rolle die jungen Sozialisten spielen und warum sie manchmal anders denken als die Partei, das erklärt Juso-Präsident Jimmy Skenderovic im Gespräch mit dem Tageblatt.

Tageblatt: Welche Rolle spielen die jungen Sozialisten?

Jimmy Skenderovic: Sie spielen eine ganz wichtige Rolle. Wir versuchen, jungen Leuten die Politik schmackhaft zu machen. Wir leben in Zeiten von Politikverdrossenheit, in denen junge Menschen immer weniger Interesse an Politik zeigen. Das ist unsere Hauptaufgabe.

Haben die jungen Sozialisten Einfluss auf das, was die Partei im Hinblick auf die Nationwahlen im Oktober macht?

Wir haben einen Einfluss. So arbeiten wir in den Arbeitsgruppen mit, als Vertreter der «Jungen». Des Weiteren schicken wir unser Wahlprogramm an die Partei. Ich gehe davon aus, dass sich viel von dem, was wir jetzt verabschiedet haben, im LSAP-Wahlprogramm wiederfinden wird.

Was passiert mit diesem Programm? Wird es tatsächlich von den «Alten» diskutiert werden?

Ich gehe davon aus. Unser Input ist in der Vergangenheit nicht immer komplett, aber doch zum Teil übernommen worden. Wir werden unser Programm auf jeden Fall an die Partei weiterleiten.

Beim Nationalkongress der Jusos wurden die Jugendorganisationen anderer Parteien kritisiert. Sehen sich die jungen Sozialisten als Prototyp dafür, wie in einer Partei Jugendarbeit gemacht werden soll?

Wir haben nicht ihre Arbeit kritisiert, sondern das, wofür sie stehen. Wenn eine Jugendorganisation nur das wiederholt, was die Mutterpartei sagt, dann sehe ich da keinen Mehrwert. Dann kann sie auch sofort der Mutterpartei beitreten und dieselbe Arbeit machen wie diese. Ich sehe diesen Mehrwert bei den anderen Jugendorganisationen nicht.

Der Parteipräsident erklärte, die Kandidatenlisten für die Wahlen seien jünger geworden. Sieht die Jugendsektion das auch so?

Wir hatten uns schon noch jüngere Gesichter erwartet. Allerdings muss man sagen, dass diese Arbeit von den lokalen LSAP-Sektionen gemacht worden ist und dass den Wahlkommissionen tatsächlich nicht mehr junge Menschen aus den Lokalsektionen übermittelt wurden. Das heißt, die Auswahl an jungen Menschen war begrenzt. Es wäre an sich wichtig, dass die Lokalsektionen junge Menschen vorschlagen.

Mein Bürgermeister in Rümelingen hat sich, nachdem er zwei Mal Kandidat war, dazu entschlossen, nicht mehr zu kandidieren und Platz für jemand Jüngeres zu machen. Deshalb hat er mich dann vorgeschlagen.

Wäre es für eine Partei, die im Referendum vorgeschlagen hatte, die Dauer, die eine Person in der Regierung sein darf, auf zwei Mandate zu begrenzen, nicht richtig, wenn einige Leute nicht mehr antreten würden?

Darüber kann man viel diskutieren. Wir hatten die Mandatsbegrenzung in unserem Wahlprogramm, aber sie wurde von den Menschen definitiv abgelehnt. Das ist eine Frage, die man stellen muss. Ich glaube, dass es eine gute Maßnahme ist, die der Politik etwas bringen würde.

Auf dem Nationalkongress der jungen Sozialisten wurde über Themen diskutiert und dann abgestimmt. In der Partei wurden zuletzt aber auch offene Briefe geschrieben. Wie sehen Sie diese Divergenzen in der Partei?

Wir sind eine große Partei. Es gibt Mitglieder aus allen Schichten. Natürlich kommt es immer vor, dass die Meinung von irgendjemandem nicht berücksichtigt wird.

Die Menschen haben dann die Freiheit, ihre Meinung zu äußern – etwa in einem Meinungsbeitrag oder aber auch anderweitig. Ich betrachte das als Mehrwert bzw. als einen Input, der an die Partei gerichtet ist. In meinen Augen ist das keine Kritik. Ich finde, es zeugt von der Stärke einer Partei, wenn sie viele Mitglieder hat, die fähig sind, sich so zu äußern.

Sind die jungen Sozialisten generell mehr links als die «alten» Sozialisten?

Das ist ein genereller Trend in Europa, auch in anderen Parteien. Ich würde aber nicht unbedingt sagen, dass die jungen weiter links sind. Ich denke eher, dass sie sich mehr an die Programme und Werte halten, für die sich die «Älteren» vor zehn, 20 Jahren auch eingesetzt haben. Mehr links ja, aber genauso links, wie sie eigentlich sein müssen.

Haben Sie Angst, auch einmal einer der «Alten» zu sein, die nicht mehr so sehr für diese Werte einstehen?

Diese Angst habe ich, aber ich hoffe, dass das nicht eintrifft. Wir müssen einfach zu diesen alten Werten zurückfinden – das ist die richtige Lösung.

Sie haben beim Kongress auch gewichtige politische Punkte – zum Beispiel bezüglich der Beziehungen zwischen Russland und der EU – angesprochen. Können sich die jungen Sozialisten äußern, wie sie wollen, oder gibt es vielleicht Vorgaben der Mutterpartei?

Nein. Auch wenn wir manchmal randaliert haben – zum Beispiel bei den Themen TTIP und CETA –, hat uns das nie jemand verboten. Ich fühle mich frei, mich zu äußern. Für mich ist es einfach keine Lösung, Diplomaten auszuweisen. Was machen wir ohne sie? Sollen wir etwa zu den Waffen greifen und aufeinander schießen? Meiner Meinung nach löst das nichts.