Von unserem Korrespondenten Heinz Krieger
Carles Puigdemont will einen neuen Anlauf nehmen, um seinen alten Posten als Kataloniens Präsident zurückzubekommen. Möglich machen soll das ein Gesetz, das allerdings vor seiner Fern-Wahl aus Berlin für nichtig erklärt werden dürfte.
Carles Puigdemont hat es allen gezeigt: Ohne ihn geht nichts in der katalanischen Separatistenszene. Zumindest in seiner Partei JuntsxCat (Gemeinsam für Katalonien). Nach einer vierstündigen Aussprache im Berliner Exil des abgesetzten Regionalpräsidenten mit 28 der 34 JxC-Abgeordneten im Parlament von Barcelona sowie einigen Parteifunktionären teilte Fraktionssprecher Eduard Pujol mit, dass Puigdemont noch einmal zur Wahl zum Regierungschef antreten werde.
Er hatte das nach der Regionalwahl vom 21. Dezember schon einmal versucht, konnte aber nicht in Abwesenheit gewählt werden. Würde er sein Exil, zunächst Belgien, derzeit zwangsweise Deutschland, verlassen und nach Spanien zurückkehren, müsste er mit sofortiger Verhaftung rechnen. Er ist wegen Rebellion und Veruntreuung von Staatsgeldern angeklagt. Jetzt soll eine Fern-Wahl aber möglich werden. Denn am Freitag hat das Parlament in Barcelona mit knapper Mehrheit der Separatisten das Gesetz zur Wahl des «Präsidenten der Regierung» geändert. Eine Wahl in Abwesenheit ist demnach jetzt möglich. Allerdings hat die Nationalregierung die Klage dagegen beim Verfassungsgericht schon auf den Weg gebracht.
Das Verfahren dauert aber einige Tage, zuvor muss zwingend der sogenannte Staatsrat zu einer Stellungnahme befragt werden. Die soll am heutigen Montag fertig werden. Dann wird sofort Klage eingereicht. Der entsprechende Expertenrat in Katalonien hat schon befunden, dass das neue Gesetz sowohl gegen die spanische als auch die katalanische Landesverfassung verstößt.
Stichtag 22. Mai
Puigdemonts Wahl muss deshalb schnell gehen, gab seine rechte Hand und Statthalterin in Barcelona während des Exils unumwunden zu. Das solle bis zum 14. Mai über die Bühne gehen. Puigdemont wird «jetzt oder später gewählt, das ist sicher» sagte Elsa Artadi. Man müsse rasch handeln, bevor das Verfassungsgericht in Madrid Zeit habe, das neue Präsidentenwahlgesetz aufzuheben.
Der 14. Mai ist wichtig, weil nach der ersten möglicherweise eine zweite oder dritte Abstimmung nötig wird. Und für die Separatisten ist der 22. Mai eine Drohung. Ist bis dahin kein neuer Präsident in Barcelona im Amt, dann wird das Parlament automatisch aufgelöst und es gibt Neuwahlen. In dem Fall stehen die Chancen für die drei separatistischen Parteien JxC, die Linksrepublikaner ERC und die radikal linke CUP nicht so gut. Schon im Dezember war die liberale Partei Ciudadanos stärkste Kraft geworden, hatte allerdings die absolute Mehrheit verfehlt. Seither ist das Kräfteverhältnis von separatistischen zu verfassungstreuen Abgeordneten in Barcelona 68 zu 64. Bei Neuwahlen kann sich das deutlich verändern.
Parlament unter Zeitdruck
Heute tritt das Präsidium des katalanischen Parlaments zusammen, um das Verfahren aufgrund des geänderten Wahlgesetzes abzustimmen. Parlamentspräsident Roger Torrent muss dann rasch die Präsidentenwahl auf die Tagesordnung setzen, bevor ein Verbot vom Verfassungsgericht kommt, wie Elsa Artadi gewarnt hatte.
Voraussetzung für die Anwendung des neuen Gesetzes ist seine Veröffentlichung im katalanischen Staatsanzeiger DOGC. Was da wann erscheint, entscheidet allerdings derzeit die Regierung in Madrid. Denn noch gilt in Katalonien die Direktregierung der regionalen Ministerien durch die entsprechenden Institutionen in Madrid. Und Innenminister Juan Ignacio Zoido könnte das im Eilverfahren am Freitag durchgeboxte Gesetz erst einmal prüfen, bevor er es zur Veröffentlichung freigibt. Er hat Zeit, Puigdemont nicht.
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