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Milo Djukanovic: Montenegros Mugabe will Präsident werden

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Montenegros Politfossil will es noch einmal wissen: Milo Djukanovic steigt bei den Präsidentschaftswahlen im April in den Ring. Das löst selbst in seiner eigenen Partei nur begrenzte Begeisterung aus.

Montenegros Politfossil will es noch einmal wissen. Der langjährige Dauerpremier Milo Djukanovic steigt bei den Präsidentschaftswahlen im April in den Ring. Doch die erneute Rückkehr des schillernden Strippenziehers aus dem politischen Vorruhestand löst selbst in seiner eigenen Partei und bei den NATO-Partnern nur begrenzte Begeisterung aus.

Von unserem Korrespondenten Thomas Roser, Belgrad/Podgorica

Sechs Mal war er in seiner Karriere bereits Premier, nun will Montenegros Politfossil zum zweiten Mal Staatschef werden. Länger als anderthalb Jahre halte es Milo Djukanovic ohne öffentliche Funktion nicht aus, spöttelte die regierungskritische Zeitung Vijesti gestern über dessen mittlerweile dritte Rückkehr aus dem politischen Vorruhestand.

Sofern er bei den Präsidentschaftswahlen am 15. April gewählt und in fünf Jahren noch einmal in seinem Amt bestätigt werden sollte, könne der frischgebackene Kandidat selbst den «Weltrekord» von Zimbabwes Ex-Präsidenten Robert Mugabe übertreffen, der sich geschlagene 37 Jahre an der Macht hielt: Selbst wenn er die Wahl verlieren sollte, bleibe Djukanovic «der langlebigste Herrscher Europas».

Doch der Dino will es noch mal wissen. Störende Fragen ließ der erst 56-jährige Politveteran auf seiner Pressekonferenz erst gar nicht zu, als der Chef der regierenden DPS seinen späten Einstieg ins Präsidentschaftsrennen verkündete. Montenegro benötige auf der Zielgeraden zum ersehnten EU-Beitritt «zusätzliche Weisheit», begründete er seine Kandidatur kurz vor Meldefrist: «Diese Entscheidung ist auch ein Ausdruck meiner Verantwortung für die künftigen Bedürfnisse und die Entwicklung Montenegros.»

Er rechne mit einem «Sieg in der ersten Runde», kündigte der langjährige Dauerpremier selbstbewusst an. Doch sowohl in dem monatelangen Ringen um den DPS-Kandidaten als auch in dessen ungewohnt später Nominierung sehen Beobachter untrügliche Zeichen, dass das Comeback von «Montenegros Paten» selbst in seiner eigenen Partei, aber auch bei den NATO-Partnern nur auf bedingte Begeisterung stößt: Washington soll sich angeblich für weniger belastete DPS-Kandidaten wie die frühere Verteidigungsministerin Milica Pejanovic-Djurisic starkgemacht haben.

Eher zweifelhafter Ruf

Tatsächlich eilt Montenegros ebenso geschäftstüchtigen wie machtbewussten Strippenzieher der zweifelhafte Ruf enger Bande mit der Halbwelt voraus: Unter seiner bereits seit 1991 währenden Ägide ist das Land der Schwarzen Berge zu einem von blutigen Mafia-Abrechnungen erschütterten Eldorado für Geldwäscher, windige Glücksritter und Drogenkartelle mutiert.

Gleichzeitig hat Djukanovic den seit 2006 unabhängigen Küstenstaat trotz heftiger Kritik Moskaus in die NATO und den Vorhof der EU gelotst: Im Stimmenstreit gegen den aussichtsreichsten Oppositionskandidaten, den von proeuropäischen und prorussischen Parteien unterstützten NATO-Gegner Mladen Bojanovic, dürfte ihm trotz aller Vorbehalte darum die Unterstützung der USA, aber auch Brüssels sicher sein.

Der bisherige Staatschef Filip Vujanovic darf nach zwei Amtszeiten von insgesamt zehn Jahren nicht mehr kandidieren. Der Präsident hat in Montenegro offiziell zwar nur repräsentative Funktionen. Doch ähnlich wie im benachbarten Serbien, wo sich das Machtzentrum mit dem Wechsel des allgewaltigen SNS-Chef Aleksandar Vucic vom Premier- ins Präsidentenamt vom Regierungssitz in den Präsidentenpalast verlagert hat, dürfte Djukanovic auch als Staatschef weiter die Karten austeilen: Schon während seiner ersten Amtszeit als Präsident von 1998 bis 2002 galten seine Berater als wichtiger als jeder Minister.