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Mehr Steuerpolitik als Zukunft der EU

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Luxemburgs Premierminister Xavier Bettel diskutierte am Mittwoch als sechster EU-Regierungschef in diesem Jahr mit den Abgeordneten im Europäischen Parlament über die Zukunft der Europäischen Union. Dabei beschäftigten sich erwartungsgemäß manche EU-Parlamentarier mehr mit der Steuerpolitik Luxemburgs als mit dem eigentlichen Debattenthema.

Der französische Präsident Emmanuel Macron zog im April sicherlich mehr EU-Parlamentarier ins Straßburger Plenum. Dass er vor ziemlich dünn besetzten Abgeordnetenbänken sprach, nahm Xavier Bettel später allerdings eher gelassen. Immerhin seien jene gekommen, die Lust gehabt hätten, mit ihm über Europa zu diskutieren, wischte er eine Bemerkung über die spärliche Präsenz der Parlamentarier zur Seite.

Seit Beginn des Jahres laden die EP-Abgeordneten EU-Staats- und Regierungschefs zu ihren Sitzungen ein, um über die Zukunft der EU zu diskutieren. Denn nach dem Brexit und ein Jahr vor den Europawahlen suchen die EU-Staaten nach Wegen, wie es künftig mit ihrer Union weitergehen soll. Dabei stehen vor allem die Reformvorschläge im Vordergrund, die im vergangenen Herbst Emmanuel Macron und EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker in die Diskussion eingebracht haben.

Im Mittelpunkt stehen hier vor allem eine Reform der Eurozone sowie eine Vertiefung der Wirtschafts- und Währungsunion. Dass Xavier Bettel nicht ausreichend auf diese Themen eingegangen sei, hielt ihm dessen Vorgänger Jean-Claude Juncker vor, der eine Entscheidung der EU-Staaten in der Frage der Schaffung eines europäischen Einlagensicherungssystems verlangt, um die Bankenunion zu vollenden. Dieses System soll EU-weit greifen, wenn durch bankrotte Banken die Einlagen von Bankkunden gefährdet sind.

Kaum Enthusiasmus für institutionelle Fragen

Immerhin aber meinte Xavier Bettel, dass eine Vertiefung der Wirtschafts- und Währungsunion «früher oder später auch über eine Erweiterung der Eurozone» stattfinden werde. Dabei müssten allerdings die Lehren aus den vergangenen Jahren gezogen und keine voreiligen Entscheidungen getroffen werden. Viel mehr war allerdings auch von ihm nicht zur Eurozonen-Reform zu hören.

Dem Ruf nach institutionellen Veränderungen begegne er mit Zurückhaltung, sagte er. «Diese Diskussionen lösen bei den Bürgern kaum Enthusiasmus aus», fand der luxemburgische Premierminister. Er kritisierte allerdings auch, dass für die kommenden Europawahlen die politischen Fraktionen zwar einen Spitzenkandidaten aufstellen sollen, dieser aber nicht einer transnationalen Wahlliste vorstehen würde. Das EP hatte in einer Abstimmung die Schaffung von transnationalen Listen für die Europawahlen im Mai kommenden Jahres abgelehnt.

Steuerfragen waren ein immer wiederkehrendes Thema sowohl in der Rede von Xavier Bettel als auch während der Debatte. «Ich befürworte eine faire Besteuerung der Profite von Internetunternehmen», sagte er.

Er wies allerdings gleichzeitig darauf hin, dass er es bevorzuge, wenn dazu eine Lösung auf internationaler Ebene etwa im Rahmen der OECD, der Organisation für wirtschaftliche Entwicklung und Zusammenarbeit, gefunden werde. Denn er befürchtet, dass große Unternehmen aus der EU abwandern und sich in anderen Ländern niederlassen würden, wenn die EU-Staaten eine neue Steuer einführen würden.

In diesem Zusammenhang meinte Xavier Bettel ebenfalls, es sei «inkohärent, auf der einen Seite eine europäische Umsatzsteuer für Internet-Unternehmen anzustreben, wenn wir andererseits noch nicht einmal über einen einheitlichen digitalen EU-Binnenmarkt verfügen». Und er sprach sich gegen eine «Zwischenlösung» aus, wie sie die EU-Kommission vorgeschlagen hatte. Diese will große Internet-Unternehmen einstweilen auf ihrem Umsatz besteuern und nicht auf ihrem Gewinn. Dieser Vorschlag trifft allerdings auch in anderen EU-Staaten auf Skepsis.

Der Premierminister gestand denn auch ein, dass der EU-Binnenmarkt «eine gewisse Harmonisierung, auch im steuerlichen Bereich», benötige. Allerdings stehe in solchen Diskussionen immer gleich auch die Forderung nach Steuererhöhungen im Raum. Er aber wolle, im Sinne der Wettbewerbsfähigkeit und der Entlastung der Steuerzahler, ebenfalls über Steuersenkungen nachdenken. Wobei er allerdings gleich hinterherschob, dass er «hier keinem Steuerdumping das Wort» reden wolle. Ihm liege nur die Wettbewerbsfähigkeit der EU am Herzen.

Nicht Steuersenkung, sondern Steuerfairness

Der EU-Kommissionspräsident stellte allerdings später klar, dass es nicht um Steuererhöhungen oder -senkungen gehe, sondern um Steuergerechtigkeit. Das müsse bei den großen Internet-Unternehmen korrigiert werden, verlangte Jean-Claude Juncker. Dem pflichtete der Vorsitzende der EVP-Fraktion, Manfred Weber, ebenfalls bei: «Es geht nicht um allgemeine Steuersenkungen, sondern um Steuerfairness.»

Auch der Ko-Vorsitzende der Grünen, Philippe Lamberts, hielt dem Luxemburger Premier vor, dass dessen Finanzminister Pierre Gramegna die Besteuerung großer Internet-Unternehmen in der EU ebenso blockiere wie das sogenannte «Country by country reporting», das multinationale Unternehmen dazu verpflichten würde, anzugeben, in welchem EU-Land sie wie viele Steuern zahlten.

Auch andere EP-Abgeordnete machten dem luxemburgischen Premier Vorwürfe wegen der Steuerpolitik des Landes. Dieser wehrte sich und verwies auf Berichte etwa der OECD oder der EU-Kommission, die dem Land bescheinigten, dass es sich in Sachen Steuerpolitik nichts mehr vorzuwerfen habe. «Luxemburg steht auf keiner schwarzen oder grauen Liste», betonte Xavier Bettel. Luxemburg würde sich jetzt «konstruktiv» daran beteiligen, Veränderungen an der Steuerpolitik herbeizuführen.

Einer Vergemeinschaftung der Schulden in der Eurozone erteilte der Premierminister ebenso eine Absage wie dem Vorhaben, Zuwendungen aus den Strukturfonds an die Einhaltung der Rechtsstaatlichkeit in den EU-Ländern zu koppeln. Das würde dazu führen, dass viele Menschen von dringend benötigten europäischen Hilfen abgeschnitten würden. Vielmehr müssten Wege und Mittel gefunden werden, um jene zu treffen, die für den Abbau der Rechtsstaatlichkeit in ihren Ländern verantwortlich sind.

Viele weitere Themen sprach Xavier Bettel noch an, wie die Bedeutung der Sicherung der EU-Außengrenzen für die Reisefreiheit im Inneren des Schengen-Raums, den weiteren Ausbau des Binnenmarktes vor allem in seiner digitalen Form oder die Wichtigkeit der Entwicklungspolitik im Rahmen der Außenpolitik.

Zum Schluss rief Xavier Bettel dazu auf, den Weg nach Europa zu beschleunigen. Die EU sei «der beste Garant für die kollektive Souveränität und die Selbstverwirklichung ihrer Bürger».

Clemi
31. Mai 2018 - 13.37

der kommissionspräsident soll gestern im plenum bettel geantwortet haben, es könne nicht weiter angehen, dass internetriesen nur 8% und KMU 30% steuern zahlen müssten ... der mann hatte weiland als nationalpolitiker scheinbar nicht nur seinen geheimdienst nicht im griff, sondern auch nicht das finanzministerium/die steuerverwaltung ... was interessiert mich mein geschwätz (meine taten) von gestern