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Justiz schwächt Gewerkschaften

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Von unserem Korrespondenten John Dyer, Boston

Der Oberste Gerichtshof der USA schränkt das Recht auf Sammelklagen von Arbeitnehmern ein. Stattdessen stärkt er Schiedsgerichte. Gegner sehen die Rechte der Arbeitnehmer eingeschränkt. Die Gewerkschaften fürchten nun, dass ihre Rechte auch in einem anderen Streitfall beschnitten werden.

Der Oberste Gerichtshof der USA hat mit einer Entscheidung den Einfluss von Gewerkschaften eingeschränkt. Es handelt sich um die erste entsprechende Rechtsprechung, seit Präsident Donald Trump dem Gericht mit der Ernennung von Richter Neil Gorsuch einen unternehmensfreundlichen Anstrich verpasst hat. Die Entscheidung fiel mit fünf zu vier Stimmen zugunsten des konservativen Lagers.

Das Gericht bezog sich auf drei Fälle, in denen Arbeitnehmer ihre Arbeitgeber beschuldigten, ihnen zu Unrecht das Klagerecht zu entziehen. Die Richter entschieden, dass Arbeitgeber Schiedsgericht-Klauseln anrufen können, um Sammelklagen durch ihre Arbeitnehmer zu verhindern. Für die Mehrheit der Richter wurde die Begründung von Richter Gorsuch verfasst. Gorsuch begründete das Urteil mit einer Verringerung von Rechtsstreitigkeiten, da Arbeitnehmer und Arbeitgeber nun gezwungen seien, sich einem Urteil von dritter Seite zu unterwerfen.

In unteren Instanzen hatten Gerichte bislang zugunsten der Arbeitnehmer entschieden. Auch der Oberste Gerichtshof bestätigte nun das Recht von Arbeitnehmer auf Sammelklagen – aber nur, wenn die Arbeitnehmer jenes Recht nicht vertraglich abgetreten haben.

«Der Kongress hat die Bundesgerichte angewiesen, Schiedsgerichtsvereinbarungen gemäß ihren Bedingungen durchzusetzen», so Gorsuch. Wenn Arbeitnehmer aber diese Schiedsgerichtsvereinbarungen missachten könnten, um mit anderen Arbeitnehmern gemeinsam zu klagen, dann hätten die Schiedsgerichtsvereinbarungen keine Bedeutung mehr.

Keine Sammelklagen

Richterin Ruth Bader Ginsburg, die einst von Bill Clinton an den Obersten Gerichtshof berufen wurde, vertritt als Minderheitsführerin bei diesem Urteil eine andere Position. Ihr zufolge verlangen heute 54 Prozent der Unternehmen von nicht gewerkschaftlich organisierten Mitarbeitern den Abschluss von Arbeitsverträgen, die ein obligatorisches Schiedsgerichtsverfahren für Streitigkeiten beinhalten. 1992 seien es lediglich zwei Prozent der Firmen gewesen. Rund ein Drittel dieser Klauseln verlangt, dass Arbeitnehmer ihr Recht auf Sammelklagen abgeben. Die Arbeiter hätten kaum eine andere Wahl, als zu unterzeichnen oder keinen Arbeitsplatz zu bekommen, argumentiert Ginsburg.

Gewerkschaftsbefürworter stimmten der Richterin zu. Schlichtungsgremien an nicht gewerkschaftlich organisierten Arbeitsplätzen hätten oft kein Verständnis für die Ansichten der Arbeitnehmer. «Diese Entscheidung, die Arbeitnehmer dazu zwingt, das Recht auf Sammelklagen gegen illegale Beschäftigungspraktiken wie Lohndiebstahl, sexuelle Belästigung und Diskriminierung einzutauschen, ist empörend und falsch», sagt Richard Trumka, Vorsitzender der Gewerkschaft AFL-CIO.

Der demokratische Senator

Patrick Leahy aus Vermont meint, dass das Urteil Arbeitgebern erleichtere, Lohnkürzungen vorzunehmen, den Mindestlohn zu verweigern und weitere Verhaltensweisen zuungunsten der Mitarbeiter durchzusetzen.

Beim Obersten Gerichtshof steht nun ein weiteres wichtiges Urteil zum Arbeitsrecht an. Im Februar wurde die gängige Praxis der amerikanischen Gewerkschaften des öffentlichen Sektors angefochten, von Nichtmitgliedern die Zahlung von Gewerkschaftsbeiträgen zu verlangen, wenn sie in einem Bereich arbeiten, der für die Gewerkschaftsvertretung gestimmt hat.

Die Gewerkschaftsvertreter sind im Hinblick auf die anstehende Entscheidung nicht optimistisch. «Der neueste Richter hat sich dem gefährlichen Trend dieses Gerichts angeschlossen, sich auf die Seite der Unternehmen und gegen die Seite der Werktätigen zu stellen», sagt Gewerkschaftschef Trumka mit Verweis auf Richter Gorsuch.