Deutsche Verfassungsschützer warnen seit Langem vor dieser weltweit agierenden Organisation: Die türkische Isamailaga-Gemeinschaft propagiert die Einführung der Scharia, hält Demokratie für ein Ding der „Ungläubigen“ und lehnt die Gleichstellung von Frauen ab. Nichtsdestotrotz floss EU-Geld an diese Islamisten. Die EU-Kommission hatte der Ismailaga-Jugendorganisation „Yavuz Sultan Selim“ im vergangenen Jahr 31.455 Euro aus dem „Erasmus+“-Programm zugesprochen. Finanziert wurden damit bis Mai 2023 laufende Workshops zum Thema Diskriminierung von Muslimen.
Die Brüsseler Behörde nahm dabei eigene Regeln nicht ernst. Denn die sehen vor, dass Empfänger von EU-Mitteln die in der Charta der Grundrechte der EU verankerten Werte einhalten. Ein Blick in deutsche Verfassungsschutzberichte hätte genügt: Dort ist Ismailaga seit Jahren als „Gruppierung, die verfassungsfeindliche Ziele verfolgt“, gelistet. Der 2015 aus Deutschland abgeschobene Prediger Nusret Cayir verbreite von der Türkei aus in Videobotschaften „seine demokratiefeindliche, gegen den Rechtsstaat, den Gleichbehandlungsgrundsatz und die Volkssouveränität gerichtete Ideologie auch in Deutschland“, heißt es etwa im aktuellen bayerischen Verfassungsschutzbericht.
Zwangsverheiratung
In Istanbul steht sogar ein führender Funktionär der Organisation vor Gericht: Die Tochter des Gründers der zu Ismailaga gehörenden Hiranur-Stiftung hat ihren Vater angezeigt, weil er sie 2002 als Sechsjährige mit einem Imam der Sekte zwangsverheiratet und so sexuellem Missbrauch ausgesetzt haben soll. Es ging um eine sogenannte Imam-Ehe, die offiziell nicht anerkannt, aber nicht unüblich ist. Obwohl die Anzeige schon 2020 erfolgte, wurden Yusuf Z. und der inzwischen Ex-Ehemann erst im vergangenen Dezember festgenommen, nachdem eine regierungskritische Zeitung den Fall öffentlich gemacht hatte. Die Zurückhaltung der Justiz könnte mit dem Naheverhältnis der Sekte zur Macht zu tun haben: Staatschef Recep Tayyip Erdogan ist ein Verehrer des 2022 verstorbenen Ismailaga-Gründers Mustafa Ustaosmanoglu. Bei dessen Begräbnis fungierte Erdogan als Sargträger, Frauen waren als Trauergäste ausdrücklich unerwünscht.
All das kann mit den EU-Werten nicht vereinbar sein, was man inzwischen auch in Brüssel begriffen hat. Nach einer Anfrage aus dem EU-Parlament teilte der zuständige Kommissar Margaritis Schinas nun mit: „Die Kommission hat Zahlungen für das Projekt (von Yavuz Sutlan Selim, Anm.) bereits ausgesetzt und Verfahren zur Rückforderung ausgezahlter Mittel eingeleitet.“
Koranschule in Afghanistan …
Jede andere Entscheidung wäre angesichts der Lehren des auch nach seinem Tod ideologisch dominierenden Gründers unverständlich gewesen. So hatte Ustaosmanoglu es zur Aufgabe der Frau erklärt, „Hausarbeit zu machen, ihren Herren zu gehorchen und gute Söhne und Soldaten für die Nation aufzuziehen“. Seine zahlreichen Bücher, die derartige Lehren enthalten, werden auch im Ausland verbreitet.
Wenig verwunderlich sind die Ismailaga-Prediger den Taliban willkommen: Kürzlich eröffnete die Organisation in Afghanistan eine Madrasa (Koranschule). Mit dem Bildungsministerium in Kabul wurde ein Abkommen über die Errichtung weiterer Moscheen und Madrasa in fünf Provinzen geschlossen.
… und in Österreich
Das in „Talibanistan“ geschätzte Gedankengut der türkischen Sekte findet auch in Österreich Verbreitung: Im oberösterreichischen Leonding betreibt Ismailaga eine Moschee — getarnt mit dem offiziellen Namen „Islamischer Versammlungs- und Bildungsverein“. Der Vermieter, der in dem Gewerbegebäude eigentlich keinen Moscheebetrieb haben wollte, versucht bislang vergeblich, gerichtlich eine Kündigung durchzusetzen. Während in Deutschland durchaus ein in zahlreichen Verfassungsschutzberichten nachlesbares Problembewusstsein herrscht, segelt Ismailaga in Österreich – wohl auch dank des unauffälligen Namens – noch unter dem Radar der Sicherheitsbehörden.
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