Von Guy Kemp
Für viele ist es ein jährlich zweimal wiederkehrendes Ärgernis, andere nehmen das Umstellen der Uhren im Frühling und Herbst nur mehr als eine lästige Routine hin. Für Gesprächsstoff sorgt die Zeitumstellung aber allemal, denn viele können den Nutzen der Sommerzeit, sofern ein solcher besteht, nicht nachvollziehen.
Das zeigte auch die Debatte im Europäischen Parlament, wo hauptsächlich die Gegner der halbjährlich zu wiederholenden Umstellung der Zeitmesser das Wort führten. Und sie hatten dabei nur ein Ziel: das muss abgeschafft werden. Dazu führten sie allerlei Argumente an, die im Wesentlichen darauf verwiesen, dass es zum einen zu keinen Energieeinsparungen kommt und zum anderen die Zeitumstellung mehr oder minder große gesundheitliche Probleme beim Menschen auslöst.
Mehr Schlaganfälle wegen der Zeitumstellung?
Die Einführung der Sommerzeit wurde in Mitteleuropa vor allem wieder im Zuge der Ölkrise in den 1970er Jahren populär. Dabei ging man davon aus, dass während der Frühlings- und Sommermonate durch das Vorziehen des Tagesablaufs um eine Stunde die Menschen mehr vom Tageslicht profitieren könnten und somit weniger Elektrizität verbrauchen würden. Zwar wurden, um das herauszufinden, viele Studien gemacht. Allerdings kamen diese zu unterschiedlichen Ergebnissen, wie es in einer Untersuchung des Wissenschaftlichen Dienstes des Europäischen Parlaments zum Thema Sommerzeit vom Oktober vergangenen Jahres heißt. Die Befunde seien mal positiv, mal negativ, je nach geografischer Lage des Landes und den wirtschaftlichen und kulturellen Rahmenbedingungen.
Auch zu den gesundheitlichen Beeinträchtigungen ergebe ein Überblick über vorliegende Studie ein eher ambivalentes Bild. So gebe es Untersuchungen etwa aus Deutschland, die herausgefunden haben wollen, dass es keinen Zusammenhang zwischen der Sommerzeit und einem gesteigerten Risiko für Herzattacken gibt. Zum anderen habe jüngst eine empirische Studie aus Finnland gezeigt, dass es zwei Tage nach der Zeitumstellung zu vermehrten Schlaganfällen komme.
Das Problem des «Mini-Jetlag»
Allerdings würde es mehr Studien geben, die negative als positive gesundheitliche Effekte aufgrund der Zeitumstellung anführten, heißt es weiter in der Parlamentsstudie. Im EP zitierten Gegner der Zeitumstellung gerne aus solchen Studien wie jener der Deutschen Angestellten-Krankenkasse DAK, laut der, wie die deutsche Liberale Gesine Meißner ausführte, «es 25 Prozent mehr Herzinfarkte, 12 Prozent mehr Depressionen, 15 Prozent mehr Krankmeldungen nach der Umstellung auf die Sommerzeit» gebe. Viele Redner verwiesen zudem darauf, dass durch den «Mini-Jetlag» der individuelle Zeitrhythmus beeinträchtigt werde. Dies führe zu Schlafschwierigkeiten, die wiederum ein Sicherheitsproblem unter anderem im Straßenverkehr oder bei der Arbeit zur Konsequenz hätten.
Die Befürworter der Sommerzeit unter den EU-Parlamentariern verlegten sich darauf, auf die gewonnene Sonnenstunde zu verweisen, die für Freizeitaktivitäten genutzt werden könnten. Wenn es um die Förderung der Freizeitaktivitäten gehe, sollten doch die Arbeitszeiten verkürzt werden, erwiderte ihnen die spanische Linken-Politikerin Maria Lidia Senra Rodriguez.
Bitte kein Chaos bei der Zeit
Die mit dem Thema befasste EU-Verkehrskommissarin Violeta Bulc ihrerseits bemühte sich zu verhindern, was Jacqueline Foster vorschlug. Die britische Tory-Politikerin meinte, die Sommerzeit sei eine Frage der Subsidiarität und insofern Sache der Mitgliedstaaten. «Die Mitgliedstaaten sollten nicht die Möglichkeit bekommen, unkoordiniert Zeitregelungen anzuwenden», hatte allerdings vorher bereits Violeta Bulc klargestellt. Denn das sei dem guten Funktionieren des Binnenmarktes äußerst abträglich. Was einer der eigentlichen Gründe für die Verabschiedung der EU-Richtlinie zur Zeitumstellung war.
Nach der Abstimmung kam schließlich heraus, dass alles einstweilen so bleibt, wie es ist. Zwar hatte eine aus dem Verkehrsausschuss des EP stammende Resolution die EU-Kommission aufgefordert, «die derzeitige halbjährliche Zeitumstellung abzuschaffen». Die Mehrheit der EU-Parlamentarier entschied sich jedoch für die Resolution, die hauptsächlich von EP-Abgeordneten der konservativen EVP-Fraktion eingebracht wurde und von der Kommission lediglich verlangt, «eine gründliche Bewertung der Richtlinie (…) vorzunehmen und gegebenenfalls einen Vorschlag zur Überarbeitung vorzulegen». Womit auf bislang unabsehbare Zeit das Thema im Stadium der Bearbeitung angesiedelt sein dürfte.
Eine eigene Zeitzone und Wochenendstart am Donnerstag
von Chris Schleimer
Mindestens zweimal im Jahr wird in Luxemburg und Europa über Sinn und Unsinn der Zeitumstellung diskutiert. So unsinnig die Umstellung auf Sommerzeit für manchen auch sein mag, es geht noch unsinniger. Eine kleine Weltreise durch die verschiedensten Zeitzonen.
Die eigene Zeitzone
Der frühere venezolanische Staatschef Hugo Chavez hatte sich 2007 kurzerhand eine eigene Zeitzone geschaffen, indem er die Uhren um eine halbe Stunde zurückstellen ließ. Die offizielle Begründung: Den Stoffwechsel und Schlafrhythmus der Venezolanern mit dem natürlichen tagesverlauf in Einklang bringen. Allerdings könnte eine andere Begründung sein, dass Chavez nicht mehr in der gleichen Zeitzone wie der Erzfeind USA leben wollte. Jedenfalls war es nach acht Jahren wieder vorbei mit der eigenen Zeitzone. Chavez’ Nachfolger Nicolas Maduro ließ die Uhren 2016 wieder um eine halbe Stunde nach vorne drehen. Dadurch soll das Tageslicht optimaler ausgenutzt werden können und Strom gespart werden.
Jeder wie er möchte
In Australien können seit 1968 die regionalen Parlamente darüber entscheiden, ob sie auf Sommerzeit umstellen oder nicht. Somit wird in einigen Ländern an der Uhr gedreht, in anderen nicht. In Western Australia wurde die Sommerzeit während einigen Jahren probehalber eingeführt. Allerdings ohne Erfolg: Im anschließenden Volksentscheid hat sich die Bevölkerung gegen die Zeitumstellung ausgesprochen.
Alle für einen
In China schaut alles nach Peking. Obwohl das Land sich über fünf Zeitzonen erstreckt, ticken die Uhren überall gleich. Die Uhrzeit ist auf den tagesverlauf in Peking eingestellt. Im Westen des Landes geht die Sonne deshalb erst sehr spät unter.
Eine Insel zwei Zeitzonen
Wen es nach Zypern verschlägt sollte sich erst bewusst werden, ob er sich im Norden oder Süden der geteilten Insel befindet. Denn in der Türkischen Republik Nordzypern gibt es keine Winterzeit, nachdem die Türkei diese im Jahr 2016 abgeschafft hat. Auch den Türken geht es um eine bessere Nutzung des Tageslichts.
Wo ist der Freitag geblieben?
Wer träumt nicht davon, dass das Wochenende bereits am Donnerstagabend beginnt? In Samo war dies im Dezember 2011 der Fall. Dort fiel der Freitag, 30. Dezember gleich ganz aus. Nachdem das Inselreich im Pazifik damit warb das Land zu sein in dem die Sonne als letztes untergeht, ist es nun das Land in dem die Sonne zuerst aufgeht. Der Grund hierfür ist wirtschaftlicher Natur. Man wollte in die gleiche Zeitzone wie der wichtigste Handeslpartner Australien.
Sie müssen angemeldet sein um kommentieren zu können