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BalkanEiszeit zwischen Albaniens Premier Rama und Kosovos Regierungschef Kurti

Balkan / Eiszeit zwischen Albaniens Premier Rama und Kosovos Regierungschef Kurti
Mit der kosovarischen Präsidentin Vjosa Osmani verträgt sich der albanische Premierminister Edi Rama (r.) Foto: AFP/Armend Nimani

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Eigentlich verstehen sich Albaner und Kosovaren als gemeinsame Nation. Doch derzeit knirscht es im Nachbarschaftsgebälk: Nicht nur politische Differenzen, sondern auch persönliche Animositäten belasten das frostige Verhältnis zwischen Albaniens Premier Rama und Kosovos Regierungschef Kurti.

Der verstimmte Gastgeber wollte den Staatsgast nicht einmal sehen. Er werde sich mit Albaniens Premier Edi Rama nur im Rahmen einer gemeinsamen Kabinettssitzung beider Regierungen treffen, verweigerte Kosovos Regierungschef Albin Kurti vergangene Woche wortkarg das geplante Treffen mit seinem Amtskollegen.

Er sei sicher nicht nach Pristina gereist, um „sich mit Kurti zu verheiraten“, sondern in seiner Eigenschaft als Premier seines Landes, ätzte nach seiner Abfuhr und Heimkehr der brüskierte Rama. Obwohl er „weder ein persönliches noch ein institutionelles Problem“ mit Kurti habe, könne er „nicht ausschließen“, dass Kosovos Premier auch von der Teilnahme an dem in der nächsten Woche in Tirana steigenden EU-Westbalkangipfel absehen werde: „Ich bin verpflichtet, ihn einzuladen, aber ich kann ihn nicht herbringen.“

Nicht erst seit dem Kosovokrieg 1999 verstehen sich Albaner und die albanischen Kosovaren als Teil einer gemeinsamen Nation. Doch derzeit knirscht und knackt es ungewohnt heftig im sonst so harmonischen Nachbarschaftsgebälk: Politische Differenzen, aber auch persönliche Animositäten haben das ohnehin eher frostige Verhältnis zwischen Kurti und Rama auf einen neuen Tiefpunkt sacken lassen.

Der direkte Anlass für Kurtis kalte Gastgeberschulter war Ramas kurzfristige Absage einer gemeinsamen Kabinettssitzung Mitte Juni. Da sich Pristinas Beziehungen zur Euroatlantischen Gemeinschaft wegen der Eskalation der Spannungen im Nordkosovo „dramatisch verschlechtern“ würden, könne das bilaterale Treffen nicht im ursprünglich geplanten Format steigen, sondern müsse auf eine bilaterale Dringlichkeitssitzung der Regierungschefs, Außen- und Verteidigungsminister begrenzt werden, forderte Rama.

Fraternisieren mit dem serbischen Feind

Außer seinem Groll über Ramas einseitige Absage der gemeinsamen Kabinettssitzung machte Kurti schon damals keinen Hehl. Doch es ist nicht nur seine Verstimmung über die seiner Meinung nach mangelnde Unterstützung Tiranas bei seinem eskalierendem Dauerfingerhakeln mit Serbiens Staatschef Aleksandar Vucic, die Kurti nun die beleidigte Leberwurst mimen lässt: Weder politisch noch persönlich segeln der feudale Lebemann Rama und der sture Jakobiner Kurti auf einer Wellenlänge.

Dass Kurti seine linksnationale „Vetevendosje“-Bewegung aufs Nachbarland auszuweiten versucht, stößt bei Rama auf genauso wenig Begeisterung wie dessen eigenwilliger Konfrontationskurs auch gegenüber den westlichen Schutzmächten. Umgekehrt stört sich Kurti an dem paternalistischen Auftreten von Rama, der aus seinen regionalen Führungsansprüchen keinerlei Hehl macht. Indirekt wirft der zunehmend isolierte Solist in Pristina Albaniens Dauerregent aber vor allem das Fraternisieren mit dem serbischen Feind vor.

Ob Ramas früheres Kokettieren mit einer Korrektur der serbisch-kosovarischen Grenze; ob sein Einsatz für das gemeinsam mit Vucic forcierte Projekt „Offener Balkan“ zur Schaffung eines regionalen „Mini-Schengen“ oder ob sein jüngstes Konzept für die von Pristina nur widerwillig und auf starken Druck des Westens in Angriff genommene Schaffung eines Verbands der serbischen Kosovo-Kommunen: Die meisten Rama-Initiativen werden von Kurti als illoyal erfahren – und von ihm offen als Fehler kritisiert.