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Drohnen fliegen gegen Überstunden

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In Japan sollen künftig Drohnen Mitarbeiter durch laute Musik aus den Büros vertreiben.

Nachdem Japan wegen mehrerer Todesfälle durch Überarbeitung in die Schlagzeilen geraten ist, sollen künftig Drohnen Mitarbeiter durch laute Musik aus den Büros vertreiben. Experten zweifeln allerdings, dass dadurch die Arbeitskultur verändert wird.

Von unserer Korrespondentin Susanne Steffen

Im Tiefflug schwirrt eine Drohne durch die Büros über die Köpfe der Mitarbeiter hinweg. Zusätzlich zum Rotorenlärm dröhnt das schottische Volkslied «Nehmt Abschied, Brüder» aus eingebauten Lautsprechern. Eine unmissverständliche Aufforderung an alle fleißigen Firmensamurai, jetzt endlich nach Hause zu gehen, finden die Entwickler der japanischen Sicherheitsfirma Taisei, die die Anti-Überstunden-Drohne zusammen mit einem Drohnenhersteller und dem Telekomgiganten NTT East entwickelt hat. Schließlich komplimentieren auch so ziemlich alle japanischen Geschäfte, Restaurants und Einkaufszentren ihre Kunden mit dieser Melodie bei Ladenschluss hinaus.

Wirkung wird angezweifelt

Wenn die Drohne im nächsten Frühling zunächst firmenintern getestet wird, soll sie auch mit einer Kamera ausgestattet werden, damit das Wachpersonal von einem Kontrollraum aus in Echtzeit überprüfen kann, wie gut die Maßnahme wirkt. Eine Gesichtserkennungssoftware soll darüber hinaus helfen, mögliche Einbrecher zu identifizieren.

Dass die Drohnenbeschallung allerdings die tief verwurzelte Arbeitskultur verändert, in der es undenkbar ist, vor dem Chef das Büro zu verlassen, ist fraglich. «Die Drohne ist Unsinn», sagt Seijiro Takeshita, Managementprofessor an der Shinzuoka-Universität. «Das ist nur ein Versuch, nach außen zu demonstrieren, dass man etwas tut», ergänzt der Betriebswissenschaftler. An den japanischen Arbeitszeiten, die zu den längsten der Welt gehören, werde die Drohne wohl nichts ändern.

Menschen sterben an Überarbeitung

In diesem Jahr haben gleich mehrere Fälle von Karoshi, dem Tod durch Überarbeitung, internationale Schlagzeilen gemacht. Im Oktober wurde die größte Werbeagentur des Landes verurteilt, nachdem eine damals 24-jährige Mitarbeiterin an Weihnachten 2015 in den Tod gesprungen war. In den Monaten vor ihrem Selbstmord hatte die Frau kaum geschlafen, da sie jeden Monat mehr als 100 Überstunden geleistet hatte. Wenige Wochen danach wurde der öffentlich-rechtliche Sender NHK wegen des Karoshi-Tods einer jungen Reporterin beschuldigt.

Umfragen zufolge lässt ein Viertel aller japanischen Unternehmen vorwiegend junge Berufseinsteiger 80 und mehr Überstunden im Monat machen – oft sogar unbezahlt. Ab 80 monatlichen Überstunden sieht die Regierung offiziell Karoshi-Gefahr.

Der Staat sieht sich zunehmend unter Druck, die traditionelle Arbeitskultur der Unternehmen aufzubrechen. Anfang des Jahres wurde der sogenannte Premium Friday eingeführt, damit die Unternehmen ihre Mitarbeiter zumindest am letzten Freitag des Monats schon um 15 Uhr in den Feierabend entlassen. Doch heimischen Medienberichten zufolge war die Aktion ein Mega-Flop.

Verwaltung schaltet das Licht aus

Die meisten Anti-Karoshi-Maßnahmen japanischer Unternehmen klingen zumindest in westlichen Ohren befremdlich. So schalten einige Unternehmen mittlerweile die Bürobeleuchtung automatisch um eine bestimmte Uhrzeit ab. In der Verwaltung des Tokioter Stadtteils Toshima gehen um Punkt 19 Uhr die Lichter aus. «Wir wollten ein deutlich sichtbares Zeichen setzen», sagt Abteilungsleiter Hitoshi Ueno, der die Anti-Karoshi-Maßnahmen koordiniert.

«Aber wir müssen unseren Kollegen auch helfen, den Mut zu finden, tatsächlich aufzustehen und zu gehen. Und dann müssen wir ihnen auch Hilfestellung geben, was sie mit der vielen ungewohnten Freizeit anstellen sollen», so der Abteilungsleiter weiter. Deshalb schreibt Ueno nun regelmäßig kleine Newsletter für die Kollegen, die neben allgemeinen Überlegungen zur Arbeitskultur auch jede Menge konkrete Freizeittipps enthalten.