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Der Strom kommt aus der Fensterscheibe

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Von unserer Korrespondentin Elke Bunge

Fensterscheiben lassen sich bereits heute per Knopfdruck verdunkeln. Durch den Einbau hauchdünner Kristallschichten verwandelt sich das abgedunkelte Glas in eine Solarzelle. Dieser Durchbruch ist jetzt Wissenschaftlern der Universität Kalifornien in Berkeley gelungen.

Vorhänge oder Jalousien werden bei Fenstern, die sich auf Knopfdruck verdunkeln, überflüssig. Arbeits- oder Wohnräume bleiben insbesondere in heißen Ländern oder in den Sommermonaten angenehm kühl. Allein dieser Mechanismus spart Energiekosten für eine Klimaanlage. Jetzt ist es Wissenschaftlern jedoch gelungen, diese schaltbaren Fensterscheiben zusätzlich mit einer Solarzelle zu kombinieren, die im abgedunkelten Zustand aktiv wird.

Bei intensiver Sonneneinstrahlung dunkelt sich die Fensterscheibe ab, die Innenräume bleiben kühl, und gerade das intensive Sonnenlicht kann gleichzeitig zur Stromerzeugung genutzt werden. «Dieses intelligente Solarfenster kann zwischen einem durchsichtigen und einem eingefärbten, fotovoltaisch aktiven Zustand hin- und hergeschaltet werden», berichtet Jia Lin vom Fachbereich Chemie der Universität Kalifornien in Berkeley.

Fensterglas wird mit Perowskit beschichtet

Für den Prototypen deponierten Lin und Kollegen eine rund 200 Nanometer dünne Schicht eines Minerals mit dem Namen Perowskit auf einem durchsichtigen Glasträger. Perowskit ist ein in der Natur häufig vorkommendes Mineral, das in der Solarzellenforschung als vielversprechendes Basismaterial noch in der Erforschungsphase steckt. Die positiven Eigenschaften von Perowskit sind in seinem Kristallgitter begründet: Trifft ein Lichtteilchen darauf, regt es mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Elektron an. Fällt das Elektron dann in seinen Grundzustand zurück, wird Energie frei, die zur Stromerzeugung genutzt werden kann. Das Sonnenlicht lässt sich «ernten».

Und diese «Ernte» scheint hoch effektiv zu sein: Das Solarfenster aus Glas mit der hauchdünnen Perowskit-Oberfläche lässt bei Raumtemperatur mehr als 80 Prozent des sichtbaren Lichts hindurch. Dies entspricht der Durchlässigkeit einer herkömmlichen Fensterscheibe. Wird die Oberfläche allerdings Temperaturen von über 100 Grad Celsius ausgesetzt, ändert das Perowskit seine Farbe und wird orangerot. Ursache ist eine Änderung der Kristallstruktur des Minerals. In diesem Moment absorbiert das Perowskit zwei Drittel des Tageslichtes und wird fotovoltaisch aktiv. Das auftreffende Licht kann jetzt zur Stromerzeugung genutzt werden. Dabei erreicht diese neuartige Fensterscheibe mit eingebauter Solarzelle einen Wirkungsgrad von gut sieben Prozent. Dieser Wert gibt an, wie viel Prozent der einfallenden Sonnenenergie die Solarzelle in Strom umzuwandeln vermag. Derzeit liegt dieser bei einer im Labor hergestellten Solarzelle aus Perowskit bei 22 Prozent.

Wolkenkratzer versorgen sich selbst

Dieser Wirkungsgrad von sieben Prozent kann noch verbessert werden. Wesentlich ist jedoch, dass mit dieser Forschungsarbeit eine Kombination aus Fensterscheibe und Solarzelle entwickelt wurde. Der große Vorteil in dieser Entwicklung liegt in den Einsatzorten: Künftig könnten sich urbane Ballungsräume problemlos mit erneuerbarer Energie versorgen. Für die Metropolen der Welt wie Tokio, Seoul, Mexiko-Stadt oder New York, die mit ihren Einwohnerzahlen oberhalb von 20 Millionen liegen, aber auch für all die anderen Großstädte, die aus einem Meer von Wolkenkratzern bestehen, könnte diese Technologie neue Möglichkeiten eröffnen. Großstädte können dann ihren Strom aus der Kraft des Sonnenlichts gewinnen.