Von unserem Korrespondenten Thomas Roser
Die unversöhnlichen Ex-Kriegsgegner Kroatien und Serbien finden zum Streit immer einen Grund. Überschattet wird der nun mit Einreiseverboten ausgefochtene Dauerzank von Zagrebs Unvermögen, sich deutlicher vom faschistischen Ustascha-Regime zu distanzieren.
Im Kindergartensandkasten geht es harmonischer zu als in der vertrackten kroatisch-serbischen Nachbarschaftsehe. „Wie du mir, so mindestens ich dir“ scheint das Motto der Problembeziehungen der unversöhnlichen Ex-Kriegsgegner.
Nachdem Kroatiens Außenministerium den serbischen Verteidigungsminister Aleksandar Vulin am vergangenen Wochenende zur unerwünschten Person im Adriastaat erklärt hatte, verkündete Serbiens Regierung am Donnerstag ein Einreiseverbot für dessen kroatischen Amtskollegen Damir Krsticevic. Kroatien habe gegen „den Geist der gutnachbarschaftlichen Zusammenarbeit und der europäischen Werte“ verstoßen, so eine Regierungserklärung.
Einen Streitgrund gibt es immer
Kroatiens Presse spekuliert derweil bereits über die nächste Eskalationsrunde der inbrünstig geführten Nachbarschaftsfehde. Dem nun zu erwartenden Abzug der Botschafter könnte das Einfrieren der diplomatischen Beziehungen folgen, so die Zeitung Vecernji List am Donnerstag. Zum Endloszank finden die beiden unversöhnlichen Streithähne immer einen tristen historischen Grund.
Und wenn sich die streitbaren Nachbarn nicht über den Kroatienkrieg (1991-95) beharken, schwelgen die Würdenträger in Belgrad und Zagreb in fruchtlosen Auseinandersetzungen über den vorletzten Krieg: Wieder einmal ist es der Streit um das von der faschistischen Ustascha im Zweiten Weltkrieg geführte Todeslager im kroatischen Jasenovac, der es im brüchigen Nachbarschaftsgebälk kräftig knirschen lässt.
Kriegsverbrecher löst neue Eiszeit aus
Mitte April hatte Serbiens ultranationalistische Giftspritze Vojislav Seselj die erneute Eiszeit zwischen Belgrad und Zagreb ausgelöst. Nach der von keinem Augenzeugen bestätigten Selbstbezichtigung des Kriegsverbrechers, in Serbiens Parlament mit wüsten Verwünschungen über eine kroatische Fahne getrampelt zu sein, brach eine Parlamentarierdelegation aus dem Nachbarland ihre Belgrad-Visite auf Weisung Zagrebs sofort ab. Zur auffällig schnellen Abreisebereitschaft der Gäste gesellte sich die ausbleibende Entschuldigung der eher pampig als zerknirscht reagierenden Gastgeber.
Statt Entspannung setzen die Zwangsnachbarn mal wieder auf frisches Öl für das von beiden Seiten meist aus innenpolitischen Gründen am steten Kokeln gehaltene Konfliktfeuer. Die Aufforderung des Zagreber Außenministeriums, dass Serbiens für seine nationalistische Rumpelrhetorik bekannter Verteidigungsminister Aleksandar Vulin besser von der geplanten Teilnahme an einer Gedenkveranstaltung für die Opfer von Jasenovac absehen solle, nutzte dieser sofort als Steilvorlage für eine neue Breitseite gegen Zagreb: Über seine Reise nach Kroatien würden keineswegs kroatische Ministerien, sondern „nur der Oberkommandant der Serbischen Streitkräfte“, Präsident Vucic, entscheiden.
Das folgende Einreiseverbot kommentierte der Rumpelpatriot hämisch als Versuch Kroatiens, die Ustascha-Untaten unter den Teppich kehren zu wollen: „Die schreckliche Wahrheit über Jasenovac ist die Tatsache, dass sich Kroatien heute weigert, die dort geschehenen Verbrechen zu bereuen.“
Vorwürfe zur Verharmlosung von Verbrechen
Zu allem Übel wird der immer wieder gezielt angefachte Dauernachbarschaftszank tatsächlich von der Unfähigkeit Zagrebs überschattet, sich klar und eindeutiger vom faschistischen Ustascha-Regime zu distanzieren. Wegen des ausbleibenden Verbots von Ustascha-Symbolen und dem Ustascha-Gruß boykottieren Kroatiens Opferverbände schon seit 2016 die offizielle Staatsgedenkfeier in Jasenovac: Sowohl Kroatiens jüdische Gemeinschaft als auch antifaschistische Organisationen und die serbische Minderheit werfen der Rechtsregierung in Zagreb vor, die Ustascha-Verbrechen zu relativieren und zu verharmlosen.
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