Mit dem Amtsantritt der rechtskonservativen Regierung in Österreich machte Israel seine Haltung klar: Es werde keine Zusammenarbeit mit den Ministern der rechten Partei FPÖ geben, vorläufig lediglich einen Austausch auf Arbeitsebene. Kanzler Sebastian Kurz von der konservativen ÖVP hatte Ende 2017 die Koalition mit der rechten FPÖ verkündet. Nun versucht der Regierungschef bei einem zweieinhalbtägigen Besuch in Israel, die Beziehungen zwischen beiden Ländern wieder zu entspannen – ein heikles Unterfangen.
«Die israelisch-österreichischen Beziehungen sind in einer sehr unbequemen Ecke gelandet», sagt Adi Kantor vom Institut für nationale Sicherheitsstudien in Tel Aviv. «Auf der einen Seite will Israel gute Beziehungen mit Österreich beibehalten. Auf der anderen Seite kann Israel nicht über die rechtsextreme, anti-Migranten-, anti-Establishment- und Europa-skeptische Partei in der Regierung mit klaren antisemitischen Wurzeln hinwegsehen.»
«FPÖ – begründet von Ex-SS-Mann»
Die FPÖ habe sich nicht vollständig von ihren judenfeindlichen Ursprüngen gelöst. «Die FPÖ ist eine Partei mit einer sehr problematischen Vergangenheit, die von einem ehemaligen SS-Mann gegründet wurde», sagt Politikwissenschaftlerin Kantor.
Die Regierungschefs beider Länder verstehen sich dagegen gut. Kurz und Netanjahu stehen schon seit Jahren in engem Kontakt und telefonieren häufig miteinander. Ihr sehr freundschaftlicher Umgang hat sich in den Außenminister-Jahren von Kurz entwickelt. «Sie schätzen aneinander die jeweils realistische Sicht auf die Dinge und die Handschlagqualität», heißt es in Wiener Regierungskreisen.
Kurz trifft Netanjahu am Montag und Präsident Reuven Rivlin am Dienstag. Er besucht zudem die Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem und hält eine Rede beim Weltforum des Amerikanisch-Jüdischen Komitees in Jerusalem.
Österreichischer Diplomat in neuer US-Botschaft in Jerusalem
Angesichts des guten Verhältnisses zwischen Netanjahu und Kurz erscheint es naheliegend, dass Österreichs Botschafter Martin Weiss einen Vorabend-Empfang zur Eröffnung der US-Botschaft in Jerusalem besuchte – als einziger Vertreter eines EU-Landes neben Rumänien, Ungarn und Tschechien. «Es gibt Dinge in der Außenpolitik, wo man Spielräume hat», sagt Weiss. «Da muss man nicht päpstlicher als der Papst sein.» Die Europäische Union hatte sich äußerst besorgt über die Verlegung der Botschaft gezeigt.
Es gebe eine europäische Position dazu, wo sich die Botschaften der EU-Länder derzeit befänden, sagt Weiss. Aber: «Wir verstehen die Freude in Israel, die quer über alle politischen Grenzen hinweg geht, darüber, dass nicht so getan wird, als ob die Frage nach Jerusalem als Hauptstadt Israels noch ungelöst ist.» Die eigentlich ungelöste Frage sei doch: «Gibt es in Jerusalem auch noch Platz für die Hauptstadt eines künftigen palästinensischen Staates?»
Nach wie vor sprechen die Israelis lediglich mit den Fachleuten der FPÖ-Ministerien. Allerdings ist die Reaktion Israels nach dieser Wahl deutlich milder ausgefallen als in der Vergangenheit. Als es im Jahr 2000 zur Bildung einer ÖVP-FPÖ-Koalition kam, zog Israel aus Protest noch seinen Botschafter aus Wien ab – für Jahre.
Freund oder nur «Feind des Feindes»?
Die FPÖ ist im In- und Ausland weiter unter Beobachtung, wie sie mit Österreichs Nazi-Vergangenheit umgeht. FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache hat Israel mehrfach besucht und betont immer wieder, dass Antisemitismus und Rassismus keinen Platz in der Partei hätten. Einzelfälle gebe es zwar, aber dann würden Konsequenzen gezogen. «Ich lasse nicht im Raum stehen, dass die FPÖ pauschal in ein Licht gerückt wird, wo sie nicht hingehört.»
Im Januar hatte die «Liederbuch-Affäre» für internationale Schlagzeilen und Empörung gesorgt. Der FPÖ-Spitzenkandidat bei der Landtagswahl in Niederösterreich, Udo Landbauer, war im Vorstand einer Burschenschaft, in der ein Liederbuch mit antisemitischen Texten kursierte. Er verzichtete nach der Wahl, bei der die FPÖ auf 14,8 Prozent kam, auf alle Ämter.
Wie andere rechte Parteien in Europa präsentiere sich die FPÖ islamfeindlich und israelfreundlich, sagt Kantor. «Teile des israelischen Parlaments glauben: Der Feind meines Feindes ist mein Freund». Dies sei jedoch falsch. «Das sind nicht unsere echten Freunde.» Wer heute gegen Muslime sei, sei morgen gegen Juden, befürchtet Kantor. Sie warnt vor einer verfrühten Normalisierung der Beziehungen. «Israel muss sehr, sehr vorsichtig sein.»
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