Von unserem Korrespondenten Jens Mattern
Durch ein neues Gesetz sollen zum Mittwoch in Polen 27 von 72 Richtern des Obersten Gerichtes entlassen werden, darunter auch die Vorsitzende Richterin Gersdorf. Die EU hat ein Verfahren eingeleitet.
In Polen läuft die Frist ab, in mehrfacher Hinsicht. Ab Mittwoch wird dort ein weiteres umstrittenes Gesetz greifen, das der Regierung einen größeren Einfluss auf die Gerichtsbarkeit des Landes einräumt. Gleichzeitig muss die EU-Kommission darauf reagieren. Ein weiterer Schritt im seit Dezember laufenden Rechtsstaatlichkeitsverfahren stünde an, wären da nicht die vielen anderen Baustellen, die die Gemeinschaft der europäischen Staaten auf die Probe stellen. Aufgrund der erwarteten Entlassungen von Richtern hat die EU-Kommission am Montag jedoch ein sogenanntes Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet.
Der polnische Europaminister Konrad Szymanski verteidigt hingegen die Rechtmäßigkeit der polnischen Regelungen. Sie würden «erfolgreich die Gerichte und die Gerichtsbarkeit schützen». Der Gerichtshof in Luxemburg stehe darum vor einer «schweren Aufgabe». Polen hat einen Monat Zeit, um zu reagieren.
Nach einer polnischen Gesetzesnovelle müssen nach Dienstagnacht alle Richter des Obersten Gerichts, die 65 Jahre alt oder älter sind, ihr Amt aufgeben. Dies wären 27 der rund 72 Richter, darunter die Vorsitzende Malgorzata Gersdorf, eine Kritikerin der nationalkonservativen Regierung. Sie hält es noch offen, ob sie gewillt ist, ihren Posten zu räumen: «Ich möchte nicht gegen meinen eigenen Staat auftreten», sagt die Richterin in einem Interview. Laut Verfassung stünden ihr noch zwei Jahre Amtszeit zu.
«Schwerwiegende Verletzung des Rechtsstaates»
Das Oberste Gericht in Warschau gilt als die letzte Kontrollinstanz des polnischen Justizwesens, nachdem das Verfassungsgericht und der Landesgerichtsrat bereits von Richtern dominiert werden, die der Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) nahestehen. Im Vorfeld hat es massive Bemühungen vonseiten der EU-Kommission gegeben, Polen noch umzustimmen. Der stellvertretende Vorsitzende und Rechtsexperte der Institution, Frans Timmermans, war mehrfach in Warschau zu Besuch. Nun kann eine Abstimmung innerhalb des Europäischen Rates darüber erfolgen, dass in Polen eine «schwerwiegende Verletzung des Rechtsstaates vorliegt».
Als Architekt der Justizreform wirkt PiS-Parteichef Jaroslaw Kaczynski, ein promovierter Jurist. An der Verhandlungsfront steht jedoch der ehemalige Banker und amtierende Premier Mateusz Morawiecki. Dieser argumentiert, dass die aktuellen Richter postkommunistische Kader seien, die ersetzt werden müssen. «Wie kann ein Holländer die postkommunistische Transformation verstehen, wenn er keine Ahnung davon hat, was der Kommunismus war», so der Premier am Montag in dem regierungsnahen Radio Maryja als Anspielung auf den Niederländer Timmermans.
«Bitte beobachtet, was in Polen geschieht»
Timmermans gilt als entschlossener als der Vorsitzende Jean-Claude Juncker, der noch am Freitag den Journalisten in Brüssel erklärte, ein weiterer Schritt gegen Polen sei noch nicht entschieden. Der Luxemburger soll angesichts des Handelsstreits mit den USA, der Flüchtlingsfrage, des Brexit sowie der populistischen Regierung in Italien einen weiteren scharfen Konflikt eher vermeiden wollen.
Am Dienstag wird Staatspräsident Andrzej Duda die Amtsenthebung der entsprechenden Richter nach Medienberichten vermutlich unterschreiben. Diese hätten dann ab morgen keinen Zugang mehr zu ihrem Arbeitsplatz. «Wir werden am Dienstag in 80 Städten protestieren und am Mittwochmorgen sorgen wir dafür, dass Malgorzata Gersdorf wieder ins Gericht kommt», so Jaroslaw Marciniak, einer der Vorsitzenden der Protestaktion KOD (Komitee zur Verteidigung der Demokratie). Er selbst habe noch die abhängigen Gerichte im sozialistischen Polen erlebt und bittet die anderen europäischen Länder, genau zu beobachten, was in Polen geschieht.
65 Joer. Dat ass europaweit ongeféier den Alter an dem en an d‘Pensioun gescheckt gött! Wou ass do den Problem? Bei villen Leit fängt do d‘Leeschtungsfähegkeet vun dem Intellekt un of ze huelen. Vill Entscheedungszräger sin un hierem Stull ungescotscht, dat muss nöt sin! Macht Platz fir Jonker, dynamesch Mönschen. Wat sollen esou Greisen op denen Platzen wou sou wichteg Entscheedungen getraff gin?