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Lang lebe das Theater

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Erstmals eine ILL-Produktion in Recklinghausen auf dem „Fringe“-Festival

Linda Bonvinis Inszenierung von Tim Crouchs „Mein Arm“ darf sich nun auf eine Reise begeben. Der Schauspieler Thomas Halle und seine nicht lebendigen Schauspielkollegen packen also gerade ihre Koffer, um Recklinghausen einen Besuch abzustatten.

Es ist zwar nicht das erste Mal, dass eine Produktion des in Esch angesiedelten Theaterkollektivs Independent Little Lies im Ausland aufgeführt wird, jedoch war bisher noch keines seiner Stücke beim «Fringe»-Festival zu sehen. Hierbei handelt es sich um das Off-Festival zu den renommierten Ruhrfestspielen in Recklinghausen. In seiner Selbstbeschreibung bezeichnet sich das «Fringe» als «schräg, schrill, rasant und experimentierfreudig», also alles Charakteristika, die durchaus auch auf die zahlreichen Produktionen von ILL zutreffen.

Das Ziel des Festivals – allem voran innovativem Theater und ungewöhnlichen Performances, mithilfe derer neue Sehgewohnheiten entstehen können, eine Bühne zu geben – wird unter vielen anderen Theaterstücken aus Europa auch durch «Mein Arm» von Tim Crouch, inszeniert von der luxemburgischen Regisseurin Linda Bonvini, möglich.

Das erste Stück des sympathisch eigensinnigen Briten dreht sich um einen zehnjährigen Jungen, der irgendwann beschließt, seinen linken Arm hochzuhalten und ihn dann Jahre, gar Jahrzehnte lang nicht mehr herunterzunehmen. Zwischen dem Zeitpunkt dieser Entscheidung und dem Augenblick, in dem er im Fokus der (im Original) New Yorker Kunstszene steht, begleitet ein düster-abstruser Humor die Geschichte eines Heranwachsenden, in dessen Leben es um weitaus mehr Positionierungen geht als nur jene des Arms. «Es sprach mich an wegen der Form. Nicht etwa jener, die Crouch vorgab, sondern aufgrund dessen, was ich in dem Stück sah und umsetzen wollte», schildert Linda Bonvini den Moment vor mehr als drei Jahren, in dem sie nach der Lektüre mehrerer Stücke des britischen Autors bei diesem verharrte und dem Team des Theaterkollektivs die Idee unterbreitete, ein spannendes Wagnis einzugehen.

Tatsächlich bietet «Mein Arm» einen interessanten Spielraum, der nicht nur für den Regisseur, sondern auch für den einzigen (lebendigen) Darsteller zur Herausforderung wird: Denn der namenlose Hauptcharakter (in diesem Fall der deutsche Schauspieler Thomas Halle) ist auf die Zusammenarbeit mit jeder Menge Objekte, u.a. Spielfiguren und Alltagsgegenstände, angewiesen, um über alle Personen sprechen zu können, die in seinem verrückten Unterfangen namens Leben impliziert sind.

Das «Casting» ebendieser sei keineswegs einfach gewesen, erklärt Bonvini; während mehr als zwei Wochen habe man drei Tische voller Objekte inspiziert, um passende Elemente zu finden, die in der Folge durch das Zusammenspiel mit Halle vermenschlicht werden sollten. Dass gerade seine Figur im Laufe des Stücks immer stärker objektiviert wird, weist darauf hin, dass Crouch, aber eben auch Linda Bonvini das Publikum mit mehr als nur seichter abendfüllender Unterhaltung konfrontieren wollen.

Eine weitere Möglichkeit dazu entsteht nun also im Nachbarland. Dem Größenwahn verfällt die Regisseurin indes nicht, sie sieht das Festival als gute Plattform, um Kontakte zu knüpfen und gewissermaßen auch als lebenserhaltende Maßnahme: «Mir geht es vor allem darum, dass das Stück weiterleben kann.» Wie bei vielen anderen Kulturprojekten stecken auch in diesem Ein-Mann-Stück mehrere Jahre Arbeit von unterschiedlichen Akteuren. «Natürlich hat das Theater immer Züge von Vergänglichkeit, aber es ist schon prägnant, wie schnell Stücke in Luxemburg sterben. Häufig wird nur dreimal gespielt und dann ist es schon vorbei. Ich finde das nicht nur schade, sondern auch bedenklich.»

Bevor «Mein Arm» Anfang Juni in Recklinghausen zu sehen ist, wird es an folgenden Tagen aufgeführt: 1.6., 10.00 & 20.00  und 3.6., 20.00 im Théâtre national du Luxembourg