Die Szene war so surrealistisch wie manche von Salvador Dalís Bildern. Mitten in der Nacht rückten Justizbeamte an, um im Dalí-Museum des katalanischen Ortes Figueres das Grab des 1989 dort beigesetzten Malers zu öffnen. Um 22.20 Uhr wurden die Steinplatten des Grabes gelüftet und der Zinksarg heraufgeholt. Proben wurden entnommen. 20 Minuten vor Mitternacht war der Auftritt vorbei. Um 23.40 Uhr wurde die Aktion beendet.
Es blieb surrealistisch. „Der Schnurrbart von Dalí hat seine klassische Position bewahrt, 10 Uhr 10 wie die Stundenzeiger der Uhr“, berichtete Lluis Peñuelas, der Sekretär der Dalí-Stiftung über den einbalsamierten Leichnam. Auch der Einbalsamierer Narcís Bardalet war dabei und sprach von einem „sehr emotionalen Moment“.
„Das Ende der Welt“
Der Kellner in der Bar „El Cafetó“ gegenüber dem Dalí-Museum sprach sogar vom „Ende der Welt“ für Figueres (spanisch Figueras), als um 20.12 Uhr die Streifenwagen der katalanischen Landespolizei Mossos d’Esquadra vorfuhren, um dann das Gelände rund ums Museum abzuriegeln. Viele Neugierige und zahlreiche Reporter waren gekommen. Vor allem im Sommer beherbergt die 45.000 Einwohner zählende Stadt tausende von Touristen. Bis zu 4000 Besucher zählt das Dalí-Museum an Spitzentagen.
Freundin der Mutter wusste alles
Anlass für den nächtlichen Zugriff auf das Grab des 1904 in Figueres geborenen und dort im Januar 1989 gestorbenen Malers war der Beschluss des Untersuchungsgerichts Nummer 11 in Madrid. Vor zwei Jahren hat dort die heute 51-jährige Pilar Abel Martinez eine Vaterschaftsklage eingereicht. Sie behauptet, Dalís uneheliche Tochter zu sein. Ihre Mutter, die als Zugehfrau bei den Dalís gearbeitet hatte, sei von dem Künstler geschwängert worden.
Die Mutter konnte dazu nichts sagen, sie war früh an Demenz erkrankt. Aber eine ihrer Freundinnen bestätigte Abel, dass dieses Verhältnis wohl bestanden habe. Sie gab eine eidesstattliche Erklärung darüber ab, dass Pilar Abels Mutter ihr solches erzählt habe. Der Richterin in Madrid genügte das und sie ordnete die Exhumierung zur Entnahme von DNA-Proben für einen Vaterschaftstest an.
Prozess am 18. September
„Der Justizbeschluss ist nicht gerechtfertigt und entbehrt jeder Grundlage“, sagte Joan Manuel Sevillano nach Beendigung des Trauerspiels an Dalís Grab dazu. Er ist Geschäftsführer der Fundación Gala Salvador Dalí und hatte vergeblich versucht, den Exhumierungsbeschluss juristisch zu kippen.
Die Stiftung verwaltet das Erbe Dalís, der alle seine am Sterbetag in seinem Besitz befindlichen Werke dem Königreich Spanien vermacht hatte. Sollte Pilar Abel, die früher unter dem Namen „Jasmine“ auch im katalanischen Fernsehen aufgetreten war und eine gewisse lokale Berühmtheit erreichte, die Klage gewinnen, dann wird sie reich. Ihr würde wohl ein Viertel des Dalí-Kunstschatzes zugesprochen werden. Ist der Vaterschaftstest negativ, dann muss sie die Kosten der Sarghebung mit allem Drum und Dran bezahlen. Das Gericht soll am 18. September entscheiden.
– Heinz Krieger –
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