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Wenn der Steuerfahnder klingelt

Wenn der Steuerfahnder klingelt
(dpa)

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Die offensichtlich durch eine Indiskretion verratene Razzia gegen deutsche Steuersünder hat begonnen. Erste Durchsuchungen in mehreren Bundesländern trafen eine Vermögensberatung.

Die Großrazzia bei möglichen deutschen Steuerhinterziehern mit Schwarzgeld-Konten in Luxemburg hat begonnen. Es habe erste Durchsuchungen gegeben, bestätigte Oberstaatsanwalt Bernd Bienioßek am Sonntag in Bochum auf Anfrage Medienberichte. So seien Büros einer Vermögensberatungsgesellschaft in Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg und Bayern aufgesucht worden. Das hatte die «Bild am Sonntag» berichtet. Das Unternehmen, das zum Konzern einer deutschen Milliardärsfamilie gehören soll, war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.

Nach Angaben des Magazins «Spiegel» kam es bei der Planung der Razzia gegen rund 3000 mutmaßliche Steuersünder zu einer Panne. Die Durchsuchungsaktion hätte eigentlich an diesem Montag laufen sollen. Wegen Abstimmungsproblemen sei der Termin dann aber kurzfristig in den November verschoben worden. Da aber zahlreiche Behörden und sogar Anwälte bereits eingeweiht gewesen seien, seien Mitte vergangener Woche Informationen über die Razzia durchgesickert. In einer Notaktion seien Steuerfahnder seit vergangenem Freitag kurzfristig ausgerückt, um zu retten, was noch zu retten ist.

Einkaufspreis: Vier Millionen Euro

Grundlage für die Aktion ist eine CD mit Bankdaten, die Nordrhein-Westfalen im vergangenen Jahr für angeblich rund vier Millionen Euro gekauft hat. Die Behörden sprechen von einer «hohen Qualität» der Daten. Ermittler seien inzwischen aber auch auf mehrere Fälle gestoßen, bei denen die vermeintlichen Steuersünder ihre Gelder korrekt versteuert haben, schreibt der «Spiegel».

Die Steuer-CD wird dem deutschen Fiskus nach Einschätzung der Steuergewerkschaft 800 bis 900 Millionen Euro in die Kassen spülen. Der Ankauf werde eine Flut von Selbstanzeigen auslösen, sagte der Vorsitzende der Berufsvertretung der Finanzbeamten, Thomas Eigenthaler, dem Magazin «Focus».

Gut für den deutschen Fiskus

Der «Ankauf» von Bankdaten aus Liechtenstein und der Schweiz, für die jeweils niedrige einstellige Millionenbeträge geflossen waren, hat sich für den Fiskus als ausgesprochen einträglich erwiesen. Allein in Nordrhein-Westfalen gab es nach Angaben des Düsseldorfer Finanzministeriums bislang rund 6000 Selbstanzeigen. Dadurch flossen dem Staat etwa 300 Millionen Euro an nachgezahlten Steuern zu. Viele Verfahren sind aber noch gar nicht abgeschlossen.

Hinzu kommen Strafzahlungen Schweizer Banken. So will die Credit Suisse 150 Millionen Euro an die Gerichtskasse Nordrhein-Westfalen zahlen, damit Ermittlungen gegen neun ihrer Mitarbeiter eingestellt werden. Das Bankhaus Julius Bär hat 50 Millionen Euro gezahlt.

Schweiz-Abkommen in der Kritik

Auch aus diesem Grund ist der nordrhein-westfälische Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) ein scharfer Kritiker des Steuerabkommens mit der Schweiz. «Die Gefahr des Entdecktwerdens durch den Ankauf von CDs soll mit diesem Abkommen unterbunden werden», hatte er im Landtag gesagt. Nordrhein-Westfalen und andere Bundesländer wollen das Abkommen über den Bundesrat kippen.

Unterstützung bekam Walter-Borjans von der Steuergewerkschaft. «Der Ankauf von Daten-CDs ist die effektivste Möglichkeit, Steuerhinterzieher zu entlarven», sagte Eigenthaler der «Rheinischen Post».

Der Ankauf der CD mit Daten aus Luxemburg hat Ermittlungen in mehreren Bundesländern ausgelöst. Am Freitag hatten neben Nordrhein-Westfalen auch Hessen, Thüringen, Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein und Baden-Württemberg das Vorliegen entsprechender Informationen bestätigt. Die federführende Staatsanwaltschaft in Bochum hatte die Daten an die anderen Länder weitergegeben.