Als Karen Gebauer vor dreieinhalb Jahren einen Hund suchte, hatte sie ziemlich genaue Vorstellungen: «Es sollte ein Welpe sein und ein Labrador-Mischling, der nicht zu schwer ist und der keinen ausgeprägten Jagdtrieb hat, damit er mich beim Reiten begleiten kann.» Kurze Zeit später stand die Marketing-Beraterin (52) aus Saarbrücken in einem Tierheim in der Eifel «Roxy» gegenüber: einer sechs Monate alten, schwarzen Hündin, die – mit dem Hinweis «Labrador-Mischling» im EU-Impfpass – aus Spanien nach Deutschland gekommen war. «Es hat sofort gefunkt. Wie das bei der Liebe halt ist», erinnert sich Gebauer lachend.
Und an diesem Gefühl hat sich bis heute nichts geändert. Auch wenn sich «Roxy» – bei der es sich nach Ansicht der Besitzerin um eine Kreuzung aus Labrador und spanischem Podenco handelte – nicht ganz so verhielt wie erwartet. «Mich machte vor allem stutzig, dass sie nicht ins Wasser geht, noch nicht mal in Pfützen oder Bäche. Das ist völlig untypisch für Labradore!», sagt die Saarbrückerin. Stattdessen entwickelte ihre Hündin eine Leidenschaft fürs Stöbern und Jagen, so dass sie sie nicht ohne weiteres frei laufen lassen kann. Die 52-Jährige wollte der Sache auf den Grund gehen. «Mich interessierte vor allem, wie hoch wohl der Anteil des Podencos ist, weil diese Hunde eben als Jagdhunde gelten und schlechter zu erziehen sind.»
«Haben die vielleicht die Proben vertauscht?»
Im Internet, wo diverse Anbieter ihre Dienste in diesem Bereich anpreisen, entdeckte sie den Hinweis eines Labors, das sich auf dem Campus der Uni Mainz auch auf genetische Tests von Hunden spezialisiert hat. Karen Gebauer forderte für 119 Euro ein Testpaket an, entnahm mit Hilfe der Wattestäbchen Speichel aus dem Hundemaul und schickte die Probe zurück.
Doch als per E-Mail das Ergebnis kam, musste die Hundebesitzerin stutzen: Denn die Mischlingsanalyse hatte ergeben, dass die meisten Anteile in Roxys Genen von Deutschem Boxer und English Cocker Spaniel stammten. Weitere Übereinstimmung gab es mit American Cocker Spaniel, Weißem Schweizer Schäferhund und schließlich American Foxhound, Chinook, Deutschem Schäferhund, Greyhound und Pudel. «Und wo ist der Labrador? Wo ist der Podenco?», fragte sich Karen Gebauer. Und natürlich auch: «Haben die vielleicht die Proben vertauscht?»
So etwas hält der Geschäftsführer von Galantos Genetics, Martin Schatzl, jedoch für ausgeschlossen. «Wie im Humanbereich nehmen wir zwei Proben von jedem Tier. Sie werden niemals parallel, sondern nacheinander untersucht. Und nur, wenn das Ergebnis identisch ist, geht das Ergebnis auch raus.»
Seit etwa zehn Jahren bietet das Labor neben den klassischen Human-Gentests auch die Analyse von Hunde-DNA an. Und obwohl das Unternehmen keinerlei Werbung dafür macht, hat sich das Geschäft mit Vaterschafts- und Mischlingstests rasant entwickelt. «Während es vor fünf Jahren noch etwa eine Hunde-DNA-Probe pro Woche gab, sind es heute bis zu 40 am Tag», sagt Schatzl. Er rechnet damit, dass in seinem Labor der Anteil von Hunde-Gentests bald genauso hoch sein könnte wie im Humanbereich. «Die Leute werden halt immer närrischer mit ihren Tieren», sagt er lachend.
«Eher ein Blick in die Kristallkugel»
Der Verband für das Deutsche Hundewesen (VDH) in Dortmund steht den Mischlingstests skeptisch gegenüber. «Eigentlich müssten alle entsprechenden Rassehund-Populationen in Gänze getestet worden sein, bevor der Test zur Zuordnung angeboten wird. Daher ist die Aussageunsicherheit groß», meint VDH-Sprecher Udo Kopernik.
Anders sehe es bei ernsthaften wissenschaftlichen Untersuchungen aus – etwa, wenn bei einem Zuchthund vor einem geplanten Wurf getestet werde, ob er Anlageträger für die Augenerkrankung PRA ist. «Solche DNA-Analysen haben eine enorm hohe Aussagekraft. Ebenso wenn es darum geht, die Abstammung eines Hundes zu überprüfen und ob die Angaben in den Ahnennachweisen korrekt sind», sagt Kopernik. Für Mischlingstests jedoch liege nach Ansicht des VDH zu wenig Vergleichsmaterial vor. «Was diese Analysen angeht, ist das in meinen Augen eher ein Blick in die Kristallkugel», sagt der Sprecher.
«Gemäß seiner Rasseveranlagung fördern»
Karen Gebauer hat den Gentest – auch wenn er längst nicht das erwartete Ergebnis erbracht hat – allerdings nicht bereut. Im Gegenteil. «Das war auf jeden Fall gut. Je mehr man weiß, umso besser kann man mit seinem Hund zusammenleben und zusammenarbeiten. Und ihn gemäß seiner Rasseveranlagung fördern.» Inzwischen sieht sie das Verhalten und auch das Aussehen ihres Hundes jedenfalls mit völlig anderen Augen: «Bestimmte Dinge werden auf einmal erklärbar», sagt die Saarbrückerin. «Manchmal denke ich: Jetzt lässt sie die Lefzen hängen wie ein Boxer. Und wenn sie jagen möchte, weiß ich: Jetzt kommt der Foxhound oder der Greyhound in ihr durch.» Welche Rassen auch immer bei «Roxy» vertreten sind, ist ihr inzwischen eh gleich: «Sie ist der perfekte Hund – und ich liebe sie heiß und innig!»
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