Auf der Anklagebank vor Gericht saß Mittwoch ein 41-Jähriger, der sich wegen der Nötigung und Vergewaltigung seiner eighenen Tochter verantworten muss. Am Mittwoch wurde die Mutter von der Vorsitzenden in den Zeugenstand gerufen, die Details über die Unterredung des Kindes mit dem psychologischen Gutachter hören wollte, der eine der Glaubwürdigkeitsdiagnosen stellte.
Es stellte sich heraus, dass die Mutter bei diesem Gespräch dabei war, was einen gewissen Einfluss auf das Kind gehabt haben dürfte. Auf die Frage, wie oft die Mutter ihre Tochter wusch, sprach diese von ein- bis zweimal die Woche.
Der dann in den Zeugenstand bestellter Beschuldigte wies die Vorwürfe an seine Adresse zurück. Er habe seine Tochter nie mit einem sexuellen Hintergedanken angefasst. Bedenklich dann aber, dass er die Mutter und deren Familie mit Vorwürfen belasten wollte.
„Ich wollte nur das Beste!“
Er sprach dann von der heftigen Scheidung, unter der seine Tochter litt. Sie entwickelte Hautausschlag, und als er sich darum kümmern wollte, wurde er von ihr isoliert und man warf ihm vor, sie unsittlich behandelt zu haben; er müsse einen Psychiater aufsuchen. Seine Tochter habe nie geheult, auch nicht, wenn er sie wusch. Sie liebte ihren Vater, so der Beschuldigte. Dass er ihre intimen Körperteile berührte, sei nur der Hygiene geschuldet gewesen: „Ich wollte nur das Beste für meine Tochter – und für mich selbst!“
Die Frage der Vorsitzenden, warum das Kind konkrete Aussagen in Richtung einer unsittlichen Berührung gemacht habe, konterte der Beschuldigte mit dem Vorwurf, das Kind sei von der Mutter und ihrer Familie manipuliert und gegen ihn aufgebracht worden.
Die Anhörung des Vaters entwickelte sich dann in eine Richtung, bei der man sich als Prozessbeobachter die Frage stellen konnte, ob solche Verhandlungen im Interesse des minderjährigen Kindes nicht besser unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden sollten. Auf diesen Weg hätte übrigens auch die Anwältin der Mutter gehen können, statt uns, die zu keinem Moment den Namen des Kindes nannten, bei der Sitzung am Mittwoch den Prozess machen zu wollen. Ihr Plädoyer war denn auch der definitive Auslöser unseres Verzichts.
In der Hoffnung auf das Verständnis unserer Leser – und auch wenn wir damit unseren Informationsauftrag vernachlässigen – wollen wir den Prozess also mit dem Frust verlassen, dass kein noch so gerechtes Urteil dem Kind die ihm aufgebürdete Last abnehmen kann.
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