Brennende Polizeiautos, Blockaden und Wasserwerfer: Der Widerstand gegen den Castor-Transport nimmt zu, lange bevor er seinem Ziel in Gorleben nahekommt. Atomkraftgegner setzten am Freitag mit Molotowcocktails im niedersächsischen Wendland zwei Streifenwagen in Brand, teilte die Polizei mit. Wie schon am Vorabend gingen die Einsatzkräfte mit einem Wasserwerfer gegen gewaltbereite Protestler vor und kündigten eine harte Linie an. Der Zug mit hoch radioaktivem Atommüll rollte nach einer mehrstündigen Pause weiter durch Deutschland und durchquerte am frühen Freitagabend Rheinland-Pfalz.
Die Polizei sprach von einem ungewöhnlichen Ausmaß an Aggressivität. Beamte seien mit Steinen angegriffen worden, sagte ein Polizeisprecher in Lüneburg. In einem Waldgebiet an der Castor-Schienenstrecke wurden 200 bis 300 Menschen vermutet. Molotowcocktails und Böller seien geflogen. Demonstranten versuchten laut Polizei, Steine aus dem Gleisbett an der Castor-Schienenstrecke zu entfernen.
Schienen gestürmt
Proteste auch andernorts: In der Pfalz musste der Castor-Transport am Freitagabend einen außerplanmäßigen Stopp für etwa zwei Stunden einlegen. 70 bis 100 Demonstranten waren nach Angaben der Bundespolizei bei Haßloch in einem Abschnitt von etwa drei Kilometern auf die Schienen gestürmt und hatten so die Weiterfahrt zunächst blockiert. Nachdem die Polizei die Schienen «weitgehend friedlich» geräumt hatte, fuhr der Zug in Richtung Hessen weiter. Die Polizei nahm etliche Protestler in Gewahrsam und sprach eine große Zahl von Platzverweisen aus, wie ein Polizeisprecher berichtete.
In Neunkirchen im Saarland hatte die Polizei zuvor sieben Jugendliche gestoppt, die auf die Gleise stürmten. Gegen eine 41-Jährige werde wegen Widerstands gegen die Polizei ermittelt. Vorher war von neun Jugendlichen die Rede gewesen. In Speyer protestierten rund 150 Atomkraftgegner.
Fünfstündige Pause im Saarland
Der Castor-Transport ist der letzte mit hoch radioaktiven Abfällen aus der Wiederaufarbeitung deutscher Brennelemente in La Hague in Frankreich nach Gorleben in Niedersachsen. Der Transport des Atommülls dorthin ist seit vielen Jahren umstritten. Umweltschützer halten den Salzstock an der früheren DDR-Grenze für zu unsicher, um hier den Müll für immer in rund 800 Metern Tiefe zu lagern. Das Zwischenlager, wo der Müll bis zur Endlagerung abkühlen soll, liegt in der Nähe des Salzstocks.
Am Freitagmorgen hatte der Castor-Transport die französisch-deutsche Grenze bei Saarbrücken passiert. In Neunkirchen im Saarland legte er mehr als fünf Stunden Pause ein. Dann wurden Polizisten ausgetauscht, die Lok gewechselt und Strahlen gemessen. Die Gesellschaft für Nuklear-Service in Essen und Gorleben teilte mit, es gebe nachweislich keine Grenzwertüberschreitungen beim Castor-Transport.
«Machtdemo der Polizei»
Zum Auftakt der Proteste im Wendland hatte die Polizei am Donnerstagabend Wasserwerfer und Pfefferspray gegen Atomkraftgegner eingesetzt. Etwa 800 bis 1000 Protestteilnehmer hatten nach Polizeiangaben eine Bundesstraße im Örtchen Metzingen blockiert. Vermummte hätten die Beamten mit Pyrotechnik, Flaschen, Steinen, Farbbeuteln und Eiern beworfen. Elf Polizisten und mehrere Demonstranten seien verletzt, fünf Protestierer festgenommen worden.
Die Polizei verteidigte den Einsatz. «Straßenblockaden werden nicht mehr hingenommen», sagte der Sprecher der Bundespolizei, Fabian Hüppe. Der Chef der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Bernhard Witthaut, forderte ein Ende der Gewalt. Anti-Atom-Organisationen sprachen von einer Machtdemonstration der Polizei.
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