Vor der Kriminalkammer mussten sich Jérémy L. und Souleyan S. verantworten. Ihnen wird vorgeworfen, am 17. Oktober 2013 bei einer Kontrolle an der „Aire de Capellen“ einen jungen Zöllner angefahren und lebensgefährlich verletzt zu haben.
In erster Instanz hatte die Staatsanwaltschaft 20 Jahre Haft und 5 Jahre Fahrverbot für den führerscheinlosen Fahrer sowie 3 Jahre Haft für den Beifahrer gefordert. Schließlich wurde der Hauptangeklagte zu 15 Jahren Haft und einem Fahrverbot von 2 Jahren verurteilt, während der Beifahrer freigesprochen wurde.
Die Verteidiger von Jérémy L. hatten Berufung eingelegt, die am Dienstag verhandelt wurde. Der Unglücksfahrer wiederholte seine Version, dass er den Zöllner, der dabei war, aus einer Ausbuchtung heraus eine Nagelsperre auf die Fahrbahn zu werfen, nicht absichtlich auf die Motorhaube nahm, sondern ihn umfahren wollte.
Verteidigung sieht Schuld beim Opfer
Der Hauptangeklagte hatte in erster Instanz geklagt, dass er in der Tatnacht nicht gut drauf war, da er keinen Führerschein hatte. Im dritten Gang habe er „la BM“ gebremst, dann in den zweiten zurückgeschaltet und dann „Pffff“ voll beschleunigt und beim Versuch, den Zöllner zu umfahren, ihn doch voll erwischt.
Er habe ihm danach nicht geholfen, weil er in Panik war. Die Frage der Richter, ob es pathologische Panik oder schon Angst vor der Strafe war, wusste der wegen eines Raubüberfalls vorbestrafte Hauptangeklagte nicht zu beantworten. Am Dienstag nun wollte sein Verteidiger anhand von Videos die These des Unfalls untermauern.
Es waren keine Bilder vom Tatort
Leider aber waren es keine Bilder vom Tatort, sondern von YouTube herabgeladene Filmchen aus den USA, wie man Nagelsperren („Stop Sticks“) handhabt oder auch nicht. Es war jedoch kein Film dabei, auf dem ein Polizist mitten auf der Haube eines Autos landet, über das er hinweg katapultiert wird, wie es in Capellen der Fall war.
Der Anwalt, der mit einem gewissen Pathos des Reformators Martin Luther „Hier steh ich. Ich kann nicht anders!“ zitierte, führte dann die total anders gelagerte Affäre der getöteten Polizistin bei einer Kontrolle in Dippach an, in der die Staatsanwaltschaft zu keinem Moment von vorsätzlichem Totschlag ausging.
Vorsätzlicher Totschlag aufgegeben
Ein zweiter Anwalt aus Frankreich sprach von seinem „Gefühl“ (sic), dass diese Affäre für seinen Mandanten einen fatalen Verlauf nahm. Dass er anderen nicht das gleiche Recht einräumt, bewies sein Hinweis, dass dem Zöllner beim Werfen der Nagelsperre ein Fehler unterlief. Trotzdem verneigte er sich vor dem Unglück des Opfers.
Der Vertreter der Generalstaatsanwaltschaft ließ sich nicht blenden und hielt zurück, dass der Angeklagte die Wahl hatte, nach links oder nach rechts auszuweichen. Wobei das Ausweichen nach rechts als Frontalattacke auf den diensttuenden Beamten gewertet werden muss, egal wie dieser seine Arbeit versah.
Rebellion und Fahrerflucht ohne Führerschein
Obwohl der öffentliche Ankläger sich hinter die Faktenaufnahme und die Interpretation der ersten Richter stellte und den Zöllner-Kollegen des Opfers, die mit partisanen Aussagen den Nagel definitiv einschlagen wollten, eine Rüge ausstellte, konnte er nicht zu 100 Prozent den Vorsatz zum Töten ausmachen.
Der öffentliche Ankläger behielt lediglich den Strafbestand der unfreiwilligen Körperverletzung sowie Rebellion, Fahrerflucht ohne gültigen Führerschein und unterlassener Hilfeleistung zurück. Er forderte acht Jahre feste Haft, eine Geldstrafe und ein Fahrverbot von fünf Jahren. Das Urteil ergeht am 16. Mai 2017.
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