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Verfügten Täter über Insiderwissen?

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Am Montag wurde vor der Kriminalkammer am Bezirksgericht Luxemburg der Prozess gegen einen 43-jährigen Franzosen fortgesetzt. Anhand von DNA-Spuren waren ihm zwei bewaffnete Überfälle nachgewiesen worden.

Seine DNA wurde dem Angeklagten zum Verhängnis. Sie entlarvte ihn als Täter von Überfällen im Februar und Dezember 1999 auf die Sparkasse in Rodange mit einer Beute von insgesamt rund 15 Millionen Luxemburger Franken. Der wegen eines weiteren bewaffneten Überfalls auf einen Geldtransporter im Juli 2001 in Untersuchungshaft gesessene Angeklagte, flüchtete im März 2003 und wurde von den französischen Behörden aufgegriffen und vor dem Assisenhof in Nancy zu 15 Jahren Haft verurteilt.

Der nach Luxemburg ausgelieferte und am Montag wieder in Schrassig einsitzende Beschuldigte riskiert eine maximale Haftstrafe von weiteren 25 Jahren. Kein Wunder also, dass die bewaffnete Macht im Gerichtssaal die höchste Sicherheitsstufe ausgerufen hat, um einer potenziellen Fluchtgefahr zu begegnen.

Am Montag wurden einige Zeugen zu dem zweiten, dem Beschuldigten vorgeworfenen Raubüberfall gehört. Bei seiner Tat 1999 in Rodange hatte er einen Handschuh hinterlassen und daran fanden die Ermittler DNA des Beschuldigten.

Der damalige Kassierer der Sparkasse in Rodange trat in den Zeugenstand und berichtete, dass er im Februar 1999 kurz vor acht Uhr morgens als erster in die Bank kam und von zwei Männern, die sich bereits in den Lokalitäten befanden, mit schweren Waffen bedroht und mit Handschellen gefesselt wurde.

Der Vorsitzende Prosper Klein sprach den Zeugen auf Aussagen an, die Täter hätten über Insiderwissen verfügt und auch darüber, dass die Täter ihn, den Kassierer, mit Vornamen angesprochen und generell sehr persönlich mit ihm umgegangen seien. Doch der Zeuge konnte sich daran nicht mehr erinnern. Er wusste jedoch noch zu berichten, dass die hintere Eisentür, durch welche die Täter vermutlich in die Bank eindrangen, «lamentabel» (dixit) gesichert war. Jedenfalls haben die Täter über Insiderwissen verfügt und für ihn sei jeder, einschliesslich der Putzfrau, zu verdächtigen, so der Zeuge weiter.

Keine Angst vor Alarm

Der Überfall, der ohne Hektik und Panik ablief, habe eine halbe Stunde gedauert, was eher ungewöhnlich ist. Während dieser Zeit haben die Täter scheinbar keinen Gedanken an einen möglichen Alarm verschwendet, als ob sie ihrer Sache ganz sicher gewesen wären, sinnierte der Vorsitzende.

Die Flucht hatten die inzwischen drei Täter mit schwarzen Masken und Handschuhen an Bord eines Autos ergriffen, das einer Bankangestellten gehörte, der sie den Schlüssel mit ungenauen Angaben zum Modell abnahmen.

Eine Nacht im Keller

Auf den Überfall im Dezember angesprochen, bei dem der gleiche Sparkassenbeamter eine ganze Nacht im Keller seines Hauses festgehalten wurde, haben die zwei vermummten Männer sich als Täter des ersten Überfalls geoutet, ohne dass ihr Opfer aber einen von ihnen erkennen konnte.

Auch hier scheinen die Täter über Insiderwissen verfügt zu haben, da der Kassierer nur einen alten Code kannte, der von seinem Kollegen hätte geändert werden müssen, was aber nicht geschehen war. Es sei schon verwunderlich, dass Täter, die mit einer solchen Stringenz vorgingen, ihr Unterfangen einem solchen Zufall überlassen hätten, so ein nachdenklicher Prosper Klein.

Die damalige Sparkassenangestellte, mit deren Wagen die Täter die Flucht ergriffen, behauptete am Montag im Zeugenstand, man habe ihr kurz nach ihrem Eintreffen den Autoschlüssel abgenommen, ohne sie zu fragen, wo ihr Wagen geparkt sei. Die Täter müssen sie also im Vorfeld beobachtet haben, so der Vorsitzende gegenüber einer Zeugin, die nur die Schultern hochziehen konnte, um ihrer Sprachlosigkeit Ausdruck zu geben.

Es war dann die Frau des Kassierers, die mit ihren Kindern im Obergeschoss ihres Hauses festgehalten wurde, die im Zeugenstand ihr Martyrium in dieser Nacht erzählte. Die Familie stellte den Antrag auf moralischen Schadenersatz von insgesamt 100.000 Euro an den Angeklagten.

Der bis Donnerstag anberaumte Prozess wird am Dienstag mit der Anhörung weiterer Zeugen und der Experten fortgesetzt.