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Trotz Defizit kein Hilfsantrag vor Neuwahlen

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Der Kampf gegen die europäische Schuldenkrise hat sich an der "Front" in Portugal weiter verschärft. Das Land will aber immer noch nicht unter den europäischen Schutzschirm.

Am Donnerstag wurde bekannt, dass das hoch verschuldete Euro-Land sein Sparziel für 2010 entgegen der bisherigen Regierungsankündigung doch deutlich verpasst hat. Trotz des jüngsten Defizit-Schocks schloss Lissabon aber einen Hilfsantrag vor den Neuwahlen in rund zwei Monaten aus.

Nach dem Rücktritt von Ministerpräsident José Sócrates habe die Übergangsregierung keine Legitimität, ein Hilfsersuchen an den Euro-Rettungsfonds (EFSF) zu stellen «oder sonst etwas auszuhandeln», erklärte Finanzminister Fernando Teixeira dos Santos am Donnerstag in Lissabon. Die Regierung werde aber «alles versuchen, um die Finanzierung des Landes zu garantieren».

Verpflichtung

Die scheidende Regierung hatte sich gegenüber der EU zu einem Defizit von 7,3 Prozent verpflichtet und bis zuletzt versichert, man habe das Ziel auch erreicht. Der Fehlbetrag lag aber tatsächlich bei 8,6 Prozent der Wirtschaftsleistung. Die Statistikbehörde INE teilte mit, damit seien die Gesamtschulden Portugals auf 92,4 Prozent des Bruttoinlandsprodukts gestiegen.

Im INE-Bericht wird betont, der höhere Fehlbetrag sei auf die nun strengeren Berechnungsregeln der Europäischen Union (EU) zurückzuführen. Daher müssten einige bisher nicht berücksichtigte Verbindlichkeiten von öffentlichen Unternehmen bei der mitgerechnet werden. Ohne diese hätte das Defizit 6,8 Prozent betragen, hieß es.

Defizit von 4,6 Prozent

Für das laufende Jahr sagen die Statistiker in Portugal derweil ein Defizit von 4,6 Prozent voraus. Diese Zahl entspricht Lissabons Ziel. Damit werde die Schuldenquote auf 97,3 Prozent steigen, hieß es. Erlaubt sind höchstens 60 Prozent.

Portugal gilt als zur Zeit größter «Wackelkandidat» der EU. Viele Finanzexperten gehen davon aus, dass das Land früher oder später unter den Euro-Rettungsschirm flüchten muss. Teixeira dos Santos räumte jetzt ein, die Lage des ärmsten Landes Westeuropas sei heute «viel schlechter als vor einer Woche». Am vergangenen Mittwoch war Sócrates zurückgetreten, nachdem seine Minderheitsregierung im Parlament keine Mehrheit für das jüngste Sparpaket gefunden hatte.

Die Renditen von portugiesischen Staatsanleihen klettern seit dem Rücktritt täglich auf neue Rekordhöhen. Nach Marktangaben waren die Zinsen für zweijährige Papiere am Donnerstagmittag mit 8,395 Prozent erstmals seit 2006 wieder höher als jene für zehnjährige Anleihen (8,241). Am höchsten war aber die Rendite für fünfjährige Anleihen, die auf 9,268 Prozent in die Höhe schoss.