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Tauziehen um 13,5 Milliarden

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Breite Front gegen das Haushaltsprojekt

Das gerne als „wichtigstes Gesetz des Jahres“ bezeichnete Projekt 6900, jenes zum Staatshaushalt also, liegt seit nunmehr sechs Wochen in seiner vorläufigen Fassung vor. Die bei der Vorstellung gewählte symbolische Form eines aus zertifiziertem Holz gefertigten USB-Sticks mag dem Berichterstatter, dem grünen Abgeordneten Henri Kox, gefallen, inhaltlich lehnt das Werk sich allerdings an seine Vorgänger an. Finanzminister Pierre Gramegna hat im Namen der Regierung weiter auf Schuldenabbau gesetzt; Staatsminister Xavier Bettel hatte kurz nach der Präsentation außerdem erklärt, „diese Regierung werde kein Geld verteilen, das noch nicht verdient ist“.

Robert Schneider rschneider@tageblatt.lu

Obwohl die nationale Staatsschuld im Vergleich zu den europäischen Partnern konkurrenzlos niedrig ist, soll also weiter gespart werden. Dass diese Anstrengungen zum großen Teil von den ganz normalen Beschäftigten verlangt werden, während Betriebe und Kapital weitgehend verschont bleiben, wurde während der vergangenen Tage von gleich zwei Institutionen angeprangert. Sowohl die Arbeitnehmerkammer als auch die Staatsbeamtenkammer weisen in ihren jeweiligen Gutachten zum Budget 2016 auf diese wachsende Ungerechtigkeit hin. In ihren Studien beweist die CSL („Chambre des salariés“) seit Jahren, dass die Schere zwischen Arm und Reich sich weiter öffnet; der Haushalt ’16 wird hieran nichts ändern, im Gegenteil … Die Arbeitnehmerkammer spart denn auch nicht mit Vorwürfen an Blau-Rot-Grün. Augenwischerei sei das Werk (das Gramegna als solidarisch und sozial bezeichnete), die Belastungen für die kleinen und mittleren Einkommen würden weiter steigen, die soziale Lage würde sich weiter verschärfen. Noch vor der Steuerreform, die für 2017 geplant ist, will die Kammer einen Kurswechsel. Die 0,5-Prozent-Steuer, die ursprünglich eine kostenlose Kinderbetreuung finanzieren sollte, dann aber in Haushaltsausgleichsteuer umbenannt wurde (weil die kostenlosen „Crèches“ für alle noch nicht in Sicht sind), soll zum Ende des Jahres abgeschafft, der Mindestlohn soll erhöht, das Mindesteinkommen an die Kostenentwicklung angepasst werden. Erstere Forderung ist auch für die Staatsbediensteten eine schnell umsetzbare Möglichkeit, die Arbeit weniger zu besteuern und sie so im Verhältnis zu Kapitaleinkünften zu entlasten. Für beide Kammern und somit für den überwältigenden Teil der Arbeitnehmer im Großherzogtum ist weiter klar, dass die Steuerreform keine weitere Entlastung der Unternehmen bedeuten darf. Mehr Steuerstufen, die breiter greifen, sollen laut Beschäftigten den Mittelstand entlasten, Steuerfreibeträge sollen erhöht werden und (eine für die Staatsdiener wichtige Forderung) das Kilometergeld, das im Rahmen des Sparprogramms reduziert wurde, solle wieder angehoben werden, und zwar über den ursprünglichen Wert hinaus.

Die Regierung sieht demnach eine breite Front gegen das Haushaltsprojekt protestieren. Das Credo des vermeintlich sozialen Charakters, den es laut Gramegna hat, wird angesichts dieser Opposition schwer aufrechtzuhalten sein. Dies besonders angesichts der anstehenden Aktionen im Rahmen des Sozialpakets des OGBL. Die erste Protestaktion gegen weiteren Sozialabbau wird in einem Dommeldinger Hotel stattfinden, wo bereits gemeinsame Saaldemonstrationen aller großen Gewerkschaften gegen die vorherige schwarz-rote Regierung – mit dem bekannten Resultat – stattfanden.

Diese Symbolik ist etwas beeindruckender als die des zertifizierten Holz-Sticks. Noch ist Zeit, am Haushaltsprojekt zu drehen, und zwar in die richtige Richtung …