Schwedische Kriminologen waren sich bereits vor dem Prozessauftakt am Montag einig: Die sogenannten Sommerhausmorde von Arboga, einem idyllischen Örtchen westlich von Stockholm, werden als einer der seltsamsten Fälle überhaupt in die Kriminalgeschichte des Königreichs eingehen.
Die Geschichte ist verwickelt. Eine 42-jährige Sozialarbeiterin, die in Eigenregie eine lukrative Unterkunft für elf unbegleitete Flüchtlingskinder betrieben hat, steht im Mittelpunkt. Im August 2016 soll sie ihren Liebhaber, einen damals 18-Jährigen, zum weinroten Holzsommerhäuschen der Eltern gefahren und ihm ein Messer in die Hand gedrückt haben, damit er ihre Eltern tötet. Dem jungen Afghanen, der bei ihr wohnte, soll sie dafür eine rosige Zukunft versprochen haben.
Zunächst wird die Mutter beschuldigt
Er stach auf beide ein, während sie in ihrem Doppelbett schliefen. Der 68-jährige Vater starb, die 64-jährige Mutter überlebte schwer verletzt. Die Mutter wurde zunächst beschuldigt, ihren Mann selbst umgebracht zu haben. Später gestand der inzwischen 19-Jährige, dass er im Auftrag der Sozialarbeiterin den Mordanschlag begangen hat.
Zunächst hatte er versucht, sie zu schützen. Ab Montag muss er sich zusammen mit der Sozialarbeiterin vor Gericht verantworten. Die Staatsanwaltschaft hat beantragt, dass sein umstrittenes Alter auf 25 hochgesetzt wird, damit er eine höhere Strafe erhält. Die Sozialarbeiterin soll gehofft haben, das Erbe der wohlhabenden Eltern antreten zu können. Sie war verschuldet und ihr Vater wollte sie aus einer seiner Eigentumswohnungen verjagen.
Auch Ehemann ermordet?
Hier könnte Schluss sein, doch was die verletzte Mutter später in einem Interview mit einem «Horrorfilm» vergleicht, reicht noch viel weiter. Bei den Ermittlungen stieß die Polizei auf einen ein Jahr zurückliegenden – als tödlichen Unfall in den Akten abgelegten – Fall. Der Ehemann der Sozialarbeiterin war demnach Anfang August 2015 im unweit des elterlichen Sommerhäuschens gelegenen See in nur einem Meter Wassertiefe ertrunken. Kurz zuvor hatte die Sozialarbeiterin eine Lebensversicherung in Höhe von 2,5 Millionen Kronen (260.000 Euro) für ihn abgeschlossen. Sie forderte das Geld nach seinem Ableben ein. Die betroffene Versicherungsgesellschaft schlug zunächst vergeblich Alarm und behauptete, dass die Sozialarbeiterin bereits bei einem Urlaub mit ihrem Mann in Ägypten versucht haben soll, ihn zu vergiften.
Nach den Mordanschlägen auf die Eltern beschloss die Polizei, auch diesen Fall erneut aufzurollen. Die Leiche des Ehemanns wurde für eine Autopsie ausgegraben. Die Sozialarbeiterin wird nun auch in diesem Fall des Mordes oder der Anstiftung zum Mord verdächtigt. Es ist unklar, ob sie auch hier Helfer hatte. Auch die Tochter der 42-Jährigen und ihr Freund wurden der Komplizenschaft verdächtigt.
Umstrittenes Flüchtlingsheim
Vor allem das Verhältnis der Sozialarbeiterin zu ihren Flüchtlingskindern geriet im Prozessvorfeld in ein immer schrägeres Licht. Anscheinend regierte sie ihr Heim skrupellos. So wurde sie wegen Vergewaltigung von zwei Minderjährigen in ihrem Heim angezeigt. Sie soll ihnen damit gedroht haben, für ihre Ausweisung zu sorgen, wenn sie nicht zum Sex vor laufender Kamera einwilligten, zitiert die Lokalzeitung Eskilstuna Kurier einen der Jungen. Die Polizei stellte jedoch fest, dass die Jungen nicht ausgenutzt worden sind.
In der Untersuchungshaft machte sich die Sozialarbeiterin neuer Vergehen schuldig. So versuchte sie einen Beamten zu bestechen, auch drohte sie einem Ermittler mit Vergeltung. Zudem soll sie in sieben Fällen versucht haben, andere Personen dazu zu bringen, jemanden zu ermorden, drei dieser Fälle werden verhandelt.
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