Die Börse spinnt – oder? Monatelang schnellen die Kurse sprunghaft nach oben und plötzlich können Anleger ihre Papiere nicht schnell genug losschlagen. Am 19. Oktober 1987 erlebt die Wall Street ihren bislang schwärzesten Tag. Die Kurse in New York stürzen ab, rund um den Globus brechen die Aktienmärkte ein. Der Börsencrash vor 25 Jahren geht als «Schwarzer Montag» in die Finanzgeschichte ein.
«Die Verkaufsaufträge gingen waschkörbeweise ein», erinnert sich Fidel Helmer von der Privatbank Hauck & Aufhäuser, der seit mehr als 40 Jahren an der Frankfurter Börse aktiv ist. «Viele Makler waren total überfordert, manche Kollegen übernachteten sogar in der Börse, die Pizzadienste hatten Hochkonjunktur.»
Ein Viertel verpufft
508 Punkte büßte der wichtige Dow-Jones-Index damals ein, 22,6 Prozent Verlust an einem einzigen Tag. Damit verpuffte fast ein Viertel des amerikanischen Börsenkapitals. Als ausschlaggebend galten Probleme in den USA: Wegen Inflation und hohem Handelsdefizit sank das Vertrauen in den US-Dollar.
«Es machte klick. Es war, als würden die Zuschauer eines voll besetzten Theaters versuchen, durch einen einzigen Ausgang nach draußen zu gelangen», zitierte die «Frankfurter Allgemeine Zeitung» den US-Finanzprofessor Chris Lamoureux zum 20. Jahrestag das «Schwarzen Montag» vor fünf Jahren.
Euphorie ohne Grenzen
In den Jahren vor dem Crash kannte die Euphorie der Börsianer kaum Grenzen. «Seit 1982 trampelten die Bullen durch die Wall Street», bilanzierte der «Spiegel». Auch 1987 kannten Aktienkurse im Grunde nur eine Richtung: aufwärts. Oft waren die Kurssprünge deutlich größer als der Zuwachs der Unternehmensgewinne. Neue elektronische Systeme machten den Handel zudem immer schneller.
«Ich hatte in New York gemerkt, dass die Leute durchdrehen», sagte der als «Crash-Prophet» bekanntgewordene Roland Leuschel 2007 dem «Manager Magazin» und ergänzte: «Ich war als Berater bei einer Wall-Street-Firma, die einen neuen Rentenhändler einstellen wollte. Ein junger Bewerber verlangte 150.000 Dollar im Jahr. (…) An diesem Beispiel habe ich gemerkt, dass die Leute ihren Maßstab verloren hatten. Ich kam zurück und dachte, wenn die Profis alle so denken, dann muss es scheppern.»
«Gewaltiger systemischer Schock»
Es schepperte weltweit, der erste große Börsencrash seit dem Zweiten Weltkrieg. Von einem «gewaltigen systemischen Schock» spricht die US-Notenbank Fed später, «der Markt war ernsthaft gestört». In Tokio gab es in der Folge des Wall-Street-Absturzes den bis dato schwersten Kurssturz in der Geschichte der japanischen Börse, in Sydney büßten Aktien binnen 45 Minuten 20 Prozent ihres Wertes ein, in Hongkong wurde die Börse für den Rest der Woche geschlossen.
Quasi über Nacht wurde Spekulanten wie Millionen Kleinanlegern teils schmerzhaft bewusst, dass Aktienhandel keine risikolose Einbahnstraße ist. An der Wall Street warfen Anleger und Händler am «Schwarzen Montag» mehr als 600 Millionen Aktien auf den Markt – fünf Mal so viel wie üblich.
Alles vergessen
Typisch Börse: «Nach 14 Tagen war alles vergessen», erinnert sich Hauck & Aufhäuser-Fachmann Helmer an den Herbst 1987. Der Finanzwissenschaftler und Steuerberater Stefan Homburg lässt sich nach eigenem Bekunden nicht «von der Irrationalität der Finanzmärkte» an der Nase herumführen: Er habe, so verriet Homburg dem «Tagesspiegel», den Börsencrash 1987 erfolgreich zu Geld gemacht: «Ich habe alle Bundeswertpapiere verkauft und den Betrag in Aktien gesteckt. Das hat sich gelohnt, schon bald zogen die Kurse wieder an, und ich habe beim Verkauf der Papiere viel verdient.»
Und was hat die Finanzwelt aus dem «Schwarzen Montag» gelernt? Die Computerbörse wurde perfektioniert. Allerdings bewahrte auch das nicht vor Pannen: Anfang Mai 2010 sackte der Dow Jones um satte zehn Prozent ab, binnen Minuten wurden gut 800 Milliarden US-Dollar Börsenwert vernichtet. Ein einzelner Händler hatte den Kurssturz ausgelöst – mit einem im Grunde ganz alltäglichen Termingeschäft. Doch weil das Volumen groß und das Computerprogramm schnell war, kam es zu einer Kettenreaktion. Börsenprofi Helmer sieht das Auf und Ab an den Aktienmärkten nüchtern: «Es wird immer wieder Pannen geben.»
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