Der Wirbelsturm «Sandy» ist mit voller Wucht auf die Ostküste der USA geprallt. Mindestens 13 Menschen – darunter zwei Kinder – kamen ersten Medienberichten zufolge ums Leben, weil sie von herabstürzenden Ästen getroffen wurden. In Toronto wurde eine Frau von einem herabstürzenden Schild erschlagen. In vielen Küstenabschnitten kam es zu katastrophenartigen Zuständen mit sintflutartigen Regenfällen und Überflutungen. Rund drei Millionen Menschen waren von der Stromversorgung abgeschnitten.
In der Nähe von New York wurden zwei Kinder in einem Haus von einem herabstürzenden Ast erschlagen. Nach Angaben der Behörden spielten die beiden im ersten Stock des Hauses im Landkreis Westchester, als der große Ast das Dach durchschlug und die Kinder unter sich begrub. Ihr Alter wird mit «unter 14» Jahren angegeben. Auch im New Yorker Stadtteil Queens durchschlug ein Ast das Dach eines Holzhauses und tötete einen 29-jährigen Mann.
Zerstörung
Das öffentliche Leben in Millionenmetropolen wie New York, Washington und Philadelphia kam zum Erliegen. Die Nahverkehrssysteme sowie Schulen, Behörden, Theater, Büchereien, Parks und zahlreiche Restaurants und Geschäfte blieben vielerorts geschlossen. Auch die Vereinten Nationen und die Wall Street waren zu.
Nach Angaben des US-Hurricane Centers erreichte das Auge von Zyklon «Sandy» am Montagabend (Ortszeit) im Bundesstaat New Jersey in nahe der Spielermetropole Atlantic City die Küste. Teile der Strandpromenade wurden beschädigt. Dann wirbelte der Sturm mit Windgeschwindigkeiten von bis zu 140 Kilometern pro Stunde an der US-Ostküste entlang. Wetterexperten befürchteten, dass er im Nordosten auf einen Wintersturm treffen könnte. Diese Kombination könnte zum schwersten Unwetter seit Jahrzehnten führen.
Stillstand
In New York knickte der Ausleger eines Baukrans ein und die Fassade eines mehrstöckigen Hauses krachte zusammen. Feuerwehr und Polizei mussten immer wieder zu Notfällen ausrücken. Die meisten Brücken und Tunnel waren geschlossen. In das U-Bahnsystem der Stadt drang Wasser ein. Fast 400 000 Menschen in tiefer gelegenen Gebieten der Metropole hatten zuvor ihre Häuser und Wohnungen verlassen müssen. Tausende Flüge an die US-Ostküste wurden gestrichen.
Brände in Queens
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Der Sturm wirkte sich auch bereits auf den Endspurt zur US-Wahl am 6. November aus. Sowohl Präsident Barack Obama als auch sein Herausforderer Mitt Romney sagten mehrere Termine ab. Obama kehrte von einer Wahlkampftour in Florida nach Washington zurück und rief die Bevölkerung eindringlich dazu auf, den Anweisungen der Behörden zu folgen. «Dies wird ein großer und mächtiger Sturm», warnte er im Weißen Haus. Er machte aber auch Mut: «Wir werden das zusammen überstehen.» Obama rief für Washington und New York sowie für die Bundesstaaten Maryland, Massachusetts und Delaware den Notstand aus.
Atomkraftwerke lahmgelegt
«Sandy» hat mehreren Atomkraftwerken im Osten der USA Probleme bereitet: In der ältesten Anlage des Landes wurde wegen Hochwassers in Folge des Exhurrikans ein Alarm ausgerufen, in einem weiteren Kraftwerk wurde ein Reaktor abgeschaltet.
Das Kraftwerk Oyster Creek im Staat New Jersey war bereits vor der Ankunft von «Sandy» zu Wartungsarbeiten vom Netz genommen worden. Nach Angaben der Atomregulierungsbehörde (NRC) wurde gegen 19.00 Uhr Ortszeit ein «ungewöhnliches Ereignis» ausgerufen, als das Wasser eine bestimmte Höhe erreichte. Knapp zwei Stunden später wurde die Lage zum «Alarmzustand» hochgestuft, die zweitniedrigste von vier Stufen.
Keine Gefahr
Im Kernkraftwerk Indian Point, rund 70 Kilometer nördlich von New York, wurde ein Reaktor wegen externer Probleme des Stromnetzes abgeschaltet, wie die Betreiberfirma Entergy mitteilte. Für Beschäftigte oder die Öffentlichkeit bestehe keine Gefahr. Ein weiterer Reaktor des Kraftwerks arbeite mit voller Leistung.
Nach offiziellen Angaben sind alle US-Atomkraftwerke weiterhin in einem sicheren Zustand. Die Wassermassen bei Oyster Creek in der Nähe des Atlantiks sollten innerhalb der kommenden Stunden zurückgehen. Oyster Creek ging 1969 ans Netz und liefert neun Prozent des in New Jersey verbrauchten Stroms. 2019 soll die Anlage geschlossen werden. Sie ist nach Angaben der NRC wasserdicht und in der Lage, Hurrikanen standzuhalten.
«Bounty» in Not
Bei einer dramatischen Rettungsaktion brachten zwei Hubschrauber der US-Küstenwache 14 Besatzungsmitglieder des Filmschiffs «Bounty» in Sicherheit. Eine Stunden später geborgene Frau starb. Der Kapitän des Schiffes wurde zunächst weiter vermisst. Der aus dem Hollywood-Klassiker «Die Meuterei auf der Bounty» von 1962 bekannte Großsegler war etwa 150 Kilometer südöstlich von North Carolina in Seenot geraten und aufgegeben worden.
Die Sturmschäden könnten sich nach Ansicht von Fachleuten auf etwa drei Milliarden Dollar (2,3 Milliarden Euro) belaufen. Insgesamt könnten rund 60 Millionen Menschen die Auswirkungen «Sandys» zu spüren bekommen, schätzte der Energieversorger National Grid.
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