Eineinhalb Wochen nach Beginn der alliierten Luftangriffe berät eine internationale Konferenz in London über Konfliktlösungen für Libyen. US-Präsident Barack Obama sieht den libyschen Machthaber Muammar al-Gaddafi erheblich geschwächt. Der internationale Militäreinsatz unter UN-Mandat habe «Gaddafis tödlichen Vormarsch (gegen die Rebellen) gestoppt», sagte Obama in Washington. Darin verteidigte er sich gegen anhaltende Kritik, dass seine Libyen-Strategie schwammig sei. Die in Richtung Tripolis vorrückenden Rebellen treffen auf heftigen Widerstand.
Zur Libyen-Konferenz kommen am Dienstag Vertreter aus mehr als 40 Ländern in London zusammen. Großbritanniens Außenminister William Hague hat unter anderem US-Außenministerin Hillary Clinton, Bundesaußenminister Guido Westerwelle, UN-Generalsekretär Ban Ki Moon und Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen sowie Vertreter von Arabischer Liga und Afrikanischer Union eingeladen.
Libyen präsent?
Zum Abschluss des Treffens soll es ein gemeinsames Kommuniqué geben. Unklar war bis zuletzt, ob auch Vertreter der libyschen Opposition an dem Treffen teilnehmen werden.
Vor dem Treffen hatten Großbritanniens Premierminister David Cameron und Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy in einem gemeinsamen Papier einen «Neuanfang» in Libyen propagiert.
Vergleich mit Hitler
Gaddafi verglich den internationalen Militäreinsatz zum Schutz von Zivilisten mit den Kriegszügen der Deutschen unter Adolf Hitler. «Stoppt diese barbarische Aggression gegen Libyen! Lasst die Libyer in Ruhe!», schrieb Gaddafi in einer Botschaft an europäische und amerikanische Parlamentarier.
Präsident Obama kündigte an, dass die USA die Führung der Militärmission am Mittwoch an die Nato übertragen werden. In Brüssel gab es für diesen Termin zunächst keine Bestätigung. Obama versicherte, sein Land werde auch darüber hinaus Druck auf Gaddafi ausüben, nach 42 Jahren an der Macht zurückzutreten. Obama machte aber zugleich erneut klar, dass die USA keine Militärgewalt einsetzen würden, um dieses Ziel zu erreichen.
Kriegsgräuel nicht ignorieren
Obama sagte: «Einige Nationen können vielleicht die Kriegsgräuel in anderen Ländern ignorieren. Die USA sind da anders. Als Präsident konnte ich nicht so lange warten, bis es Bilder von Gemetzel und Massengräbern gibt.» Deutschland hatte sich im UN-Sicherheitsrat bei der Entscheidung über die Einrichtung einer Flugverbotszone über Libyen enthalten.
Die westliche Militärallianz setzte ihre Angriffe gegen Stellungen in Libyen fort. In Tadschura nahe Tripolis waren Dienstagfrüh neun laute Explosionen zu hören, berichteten Bewohner im Internet. Der durch die Luftangriffe begünstigte Vormarsch der Milizen der Regimegegner auf die zentrallibysche Stadt Sirte wurde indes von den Truppen des Machthabers Gaddafi gestoppt. Die Geburtsstadt Gaddafis liegt auf halbem Weg zwischen der Rebellenhochburg Bengasi und der Hauptstadt Tripolis.
Luftangriffe notwendig
Ohne Luftangriffe der internationalen Allianz dürfte Sirte nach Einschätzung von Experten nur schwer zu erobern sein. Das Gaddafi-Regime verstärkt nach Angaben des US-Militärs dort seine Stellungen. Es würden Kontrollpunkte errichtet und Panzer in allen Teilen der Stadt stationiert, schilderte US-Vizeadmiral William Gortney. «Wir glauben, dass sich das Regime in Sirte eingraben will», sagte der Amerikaner. Ähnliche Maßnahmen seien auch in anderen Gebieten ergriffen worden. Es gebe weiter schwere Kämpfe in der strategisch wichtigen Stadt Misurata zwischen Tripolis und Sirte.
Gortney äußerte sich zugleich vorsichtig über die von den Rebellen erzielten Fortschritte und Fähigkeiten im Kampf gegen die Gaddafi-Truppen: «Ganz klar ist die Opposition nicht gut organisiert, sie ist keine sehr robuste Organisation.»
Gaddafi-Sohn tot?
Das libysche Fernsehen zeigte in der Nacht zum Dienstag Aufnahmen, auf denen der totgesagte Gaddafi-Sohn Chamies zu sehen ist. Chamies al-Gaddafi wird dabei von Anhängern des Regimes auf dem Militärstützpunkt Bab al-Asisija in Tripolis umjubelt. Allerdings ließ sich nicht zweifelsfrei feststellen, ob es sich wirklich um neue Aufnahmen handelt.
Nach der italienischen Mittelmeerinsel Lampedusa hat nun auch Malta die erste Ankunft von Bootsflüchtlingen aus Libyen seit Beginn des Aufstands gegen Gaddafi gemeldet. Die Regierung Maltas befürchtet, dass das der Beginn eines Flüchtlingsansturms auf den EU-Staat sein könnte.
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