Mit einem neuen Unterwasser-Mikroskop haben Forscher Korallenpolypen beim «Küssen» beobachtet. Sie vermuten in dem entdeckten Phänomen einen Austausch von Nährstoffen zwischen den kleinen Polypen. Das von ihnen entwickelte Unterwasser-Mikroskop präsentieren die US-Wissenschaftler im Fachmagazin «Nature Communications». Es soll vor allem bei der Erforschung der Meere helfen. Unter anderem könne damit das Korallensterben analysiert werden, schreibt das Team um Jules Jaffe und Andrew Mullen von der University of California San Diego in La Jolla.
Auflösung von bis zu 2,2 Mikrometern
«Die Gesundheit und die langfristige Dynamik küstennaher Ökosysteme wie Tangwäldern, Mangroven, Seegraswiesen und Korallenriffen sind wesentlich durch die Aktivitäten beeinflusst, die auf Größenordnungen eines Millimeters oder weniger auftreten», schreiben die Wissenschaftler. Ihr Unterwasser-Mikroskop hat eine Auflösung von bis zu 2,2 Mikrometern (Tausendstel Millimetern). «Das System ist in der Lage, unter Wasser Dinge zu zeigen, die so klein sind wie eine Zelle», erklärt Mullen.
Das Team testete seine Entwicklung zum einen im Roten Meer. Dort brachten die Forscher zwei konkurrierende Korallenarten nah zusammen. In ihren Aufnahmen sahen sie, wie Korallenpolypen der Gattung Platygyra feine Fäden aus ihrem Verdauungsorgan ausstülpten, um das Gewebe einer Koralle der Gattung Stylophora durch Verdauungsenzyme zu schädigen. Bei Nachbarn der gleichen Gattung geschah dies nicht. «Sie können Freund von Feind unterscheiden», so Mullen.
LED-Leuchten sorgen für das nötige Licht
Zum anderen konnten die Wissenschaftler an Korallenriffen der Hawaii-Inseln beobachten, wie sich eine Korallenbleiche an der Steinkoralle Porites lobata entwickelt. Dabei werden zunächst die Zooxanthellen – Einzeller, die in Symbiose mit der Koralle leben – von ihr abgestoßen. In der Folge entwickeln sich erstmals beobachtete Wabenmuster bei der Besiedlung der Korallen durch Algen. Die Forscher vermuten, dass die Algen zunächst die Räume zwischen den einzelnen Korallenpolypen bewachsen, bevor sie die durch die Bleiche geschwächten Korallen ganz überwuchern.
Zwar könnten Meereslebewesen auch im Labor untersucht werden, doch gehe dabei die Wechselwirkung mit ihrem natürlichen Lebensraum verloren, heben die Wissenschaftler hervor. Ihr Gerät bringe das Labor ins Meer. LED-Leuchten sorgen für das nötige Licht. Dank des nun möglichen größeren Abstands zum Objektiv wird der Untersuchungsgegenstand kaum oder gar nicht beeinflusst.
Das Unterwasser-Mikroskop besteht aus zwei Teilen: Die Kontrolleinheit bietet dem Taucher ein Display, um den Bildausschnitt zu bestimmen, eine Batterie für achtstündigen Betrieb und 500 Gigabyte Speicherplatz. Die optische Einheit enthält ein Linsensystem und eine hochauflösende Digitalkamera. Eine elektrisch einstellbare Linse besteht aus Kunststoff mit einer optischen Flüssigkeit darin. Sie kann extrem fein justiert werden, so dass nacheinander verschiedene Bereiche des millimetergroßen Ausschnitts scharf gestellt werden. Mit Hilfe sogenannten Focus Stackings können daraus Bilder erstellt werden, in denen alle Bereiche scharf sind.
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