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Mit Prunk und Strickjacke

Mit Prunk und Strickjacke

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Kein anderes europäisches Königshaus versteht sich so sehr auf Prunk und Pracht. Zum großen Jubiläum zeigen sich die Queen und Prinz Philip aber wie die Windsors von nebenan. Für den Prinzgemahl gibt es ein Extra-Dankeschön.

Sie trägt eine Strickjacke in zartem Rosa, er ein passendes Oberhemd. Milde lächeln sie in die Kamera von Starfotografin Annie Leibovitz. Die Queen und ihr Mann Prinz Philip sehen aus wie nette Großeltern. Ein Bild, wie man es sich auf den Kamin stellen könnte. Es ist kein Zufall, dass der Buckingham-Palast das schon ein paar Wochen alte Foto am Freitag veröffentlicht. Das Königshaus will sich zu den großen Feiern zum 90. Geburtstag der Queen volksnah zeigen. Zum Auftakt gibt es noch einen Anlass – es ist der 95. Geburtstag von Philip.

Royaler Prunk, Fanfaren und Bach-Musik beim Dankesgottesdienst in der Londoner St.-Pauls-Kathedrale: Die Briten kennen das. Niemand ist so lange Königin gewesen wie Elizabeth II. – mit mehr als 64 Jahren hat sie ihre Ururgroßmutter Victoria überholt. Elizabeth II. und Philip sind nächstes Jahr 70 Jahre verheiratet. «Er hat mir ganz einfach in all den Jahren Kraft und Halt gegeben», zitiert der Palast die Queen am Tag des Gottesdienstes. Ein Dank an den geduldigen Prinzgemahl: Der muss seit Jahrzehnten stets hinter der Gattin gehen.

Im gelben Kostüm und Hut

Die Queen kommt im gelben Kostüm mit passendem Hut in die Kirche, die schwarze Handtasche unter dem Arm. Auch die Enkelsöhne William (33) und Harry (31) sind da. Wie es sich für Englands Upper Class gehört, sitzen viele Frauen mit Hüten in der Kirche, auch Williams Frau Kate (34). Der britische Tierfilmer David Attenborough darf eine Rede halten, weil er genauso alt ist wie die Queen.

Philip macht einen rüstigen Eindruck. Beim Gottesdienst ist einmal zu sehen, wie er diskret ein Gähnen unterdrückt. Zuletzt herrschte ein bisschen Sorge um den betagten Herrn. Er hatte bei einer Gedenkfeier auf den schottischen Orkney-Inseln gefehlt – wohl, damit er nicht im kalten Wind stehen muss.

Zwölf britische Premiers überlebt

Die Queen hat seit ihrer Krönung sieben Päpste, elf US-Präsidenten und zwölf britische Premierminister in ihren Ämtern erlebt. In den Zeitungsläden liegen gerade viele Zeitschriften zum Geburtstag in den Regalen. Die «Vanity Fair» titelt mit einem Leibovitz-Foto von Elizabeth II. und vier kurzbeinigen Hunden, ihren geliebten Corgis. Bei den Briten dreht sich gerade sonst alles um die Brexit-Debatte. Am 23. Juni wird über die Zukunft in der EU abgestimmt. Da ist die Queen eine kleine Ablenkung.

Auf deutschen Familienfeiern würde man zusammenrechnen, dass Elizabeth und Philip zusammen 185 Jahre alt sind. Ein Traumpaar seien sie immer schon gewesen, heißt es über die Royals. Die Prinzessin war 13, noch ein «Backfisch», wie man damals sagte, als sie sich Knall auf Fall in ihn verliebte. Er war 18, blond, groß gewachsen, ein fescher Kerl eben. Erst hätten sie Tennis miteinander gespielt, Briefe geschrieben, dann sei der junge Marineoffizier in den Krieg gezogen. Die Hochzeit war 1947. Philips deutsche Wurzeln waren zwei Jahre nach Kriegsende durchaus ein Politikum. Das ist heute weit weg.

Geburtstag hatte die Queen schon im April, traditionell wird aber im Juni nachgefeiert. Diesmal eine Nummer größer. Sogar die Pubs dürfen länger öffnen. Die Queen-Party geht am Samstag und Sonntag weiter, mit einer Militärparade und einem Freiluft-Picknick. Die Kinder von William und Kate, George (2) und Charlotte (1), mussten am Freitag nicht mit in die Kirche. Sie werden wohl am Wochenende auf dem Balkon des Buckingham-Palastes das Winken üben. Das werden sicher wieder schöne Bilder.