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May kündigt überraschend Neuwahlen an

May kündigt überraschend Neuwahlen an
(AFP/Daniel Leal-olivas)

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Vor Beginn der Brexit-Gespräche will Großbritanniens Premierministerin Theresa May ihre Verhandlungsposition stärken: May kündigte am Dienstag überraschend Neuwahlen an.

Die EU sieht den Fahrplan der Austrittsverhandlungen durch die Neuwahlen nicht in Gefahr. Die vorgezogene Parlamentswahl solle am 8. Juni stattfinden, erklärte May. «Wir brauchen eine Parlamentswahl, und wir brauchen sie jetzt.» Die Briten hätten damit die «einmalige Chance», noch vor Beginn der Brexit-Verhandlungen neu zu wählen. Angesichts der derzeitigen «Uneinigkeit» im Parlament sei es für die Regierung schwierig, «aus dem Brexit einen Erfolg zu machen», sagte May. Sie sei zu dem Schluss gekommen, dass dies der einzige Weg sei, «Sicherheit und Stabilität für die kommenden Jahre zu garantieren» und sich Unterstützung für ihre Entscheidungen zu sichern.

May ist seit Juli im Amt. Sie kam nicht durch eine Wahl an die Macht, sondern trat die Nachfolge von Premier David Cameron an, der nach dem Brexit-Referendum zurücktrat. Das britische Parlament soll bereits am Mittwoch über die Neuwahlen abstimmen. May benötigt dafür eine Zwei-Drittel-Mehrheit. Die nächste reguläre Parlamentswahl hätte erst 2020 angestanden. Die größte britische Oppositionspartei, die Mays Vorstoß theoretisch blockieren könnte, unterstützte die Neuwahlen. Damit erhalte das britische Volk die Chance, «eine Regierung zu wählen, die die Interessen der Mehrheit an erste Stelle setzt», erklärte Labour-Chef Jeremy Corbyn.

Knappe Mehrheit im Parlament

Mays Konservative liegen in Umfragen derzeit um bis zu 20 Prozentpunkte vor Labour. 50 Prozent der Befragten in einer der Umfragen halten überdies May für die bessere Regierungschefin, Corbyn kommt nur auf 14 Prozent. Derzeit verfügen die Konservativen im Parlament lediglich über eine knappe Mehrheit von 17 Abgeordneten; einige von ihnen ließen überdies anklingen, dass sie in wichtigen Punkten bei den Brexit-Verhandlungen gegen die Regierung stimmen könnten.

Die Briten hatten bei einem Referendum im vergangenen Juni mit knapper Mehrheit für den Brexit gestimmt. Am 29. März reichte Mays Regierung offiziell den Antrag auf den EU-Austritt ein. Damit läuft eine zweijährige Frist für die Austrittsverhandlungen. Die Neuwahlen in Großbritannien ändern aus der Sicht Brüssels nicht den Fahrplan bei den Brexit-Verhandlungen. EU-Ratspräsident Donald Tusk schrieb im Kurzmitteilungsdienst Twitter, er habe ein «gutes Telefonat» mit May geführt.

Aus EU-Kreisen verlautete überdies, die Ankündigung der Neuwahlen sei in Brüssel positiv aufgenommen worden. «Wir hoffen, dass dies zu einer starken Führung in London führt, die mit einem starken Rückhalt durch die Wähler mit uns verhandeln kann», verlautete aus verhandlungsnahen Kreisen in Brüssel. «Sie wird weniger schwach sein, um all die Zugeständnisse zu machen, die sie wird machen müssen», sagte ein EU-Diplomat mit Blick auf May. Derartige Zugeständnisse seien vor einer Wahl schwerer zu machen.

«Politische Fehlkalkulation»

Die Parlamentswahl schließt England, Wales, Schottland und Nordirland ein. Insbesondere Schottland sieht den Brexit äußerst kritisch und strebt ein neues Unabhängigkeitsreferendum von Großbritannien an. Die schottische Regierungschefin Nicola Sturgeon nannte die Neuwahlen eine «riesige politische Fehlkalkulation». Zwar halten Beobachter das politische Risiko für May für gering, dennoch könnten EU-Befürworter gegen sie mobil machen. Mays Ankündigung ließ das britische Pfund derweil auf den höchsten Stand seit zwei Monaten gegenüber dem Dollar steigen. Das Pfund war nach dem Brexit-Votum abgesackt und strauchelte auch vor Mays Einberufung der Neuwahlen.