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Macrons Sprint zur Mehrheit

Macrons Sprint zur Mehrheit
(AFP)

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Frankreichs Präsident überlässt bei Parlamentswahl nichts dem Zufall

Wie macht der Mann das bloß? Erst ist Emmanuel Macron mit seiner Bewegung «En Marche!» zum Sieg bei der französischen Präsidentschaftswahl marschiert, nun sprintet er Richtung Parlamentsmehrheit. Bei den zwei Wahlrunden am 11. und 18. Juni sagen ihm Meinungsforscher eine absolute Mehrheit voraus. Zwar nutzt Macron die Gunst der Stunde. Vor allem aber profitiert der 39-Jährige von einer generalstabsmäßigen Planung.

«Ihr steht für etwas, das es in unserem Land noch nie gab», rief der Präsident kürzlich seinen Kandidaten für die Parlamentswahl zu. Macron und seine Bewegung, die inzwischen «La République en Marche» (Die Republik in Bewegung) heißt, versprechen nichts weniger als einen Bruch mit dem «System» und einen radikalen Neuanfang. Dabei überlässt Macron nichts dem Zufall. Das ist schon bei der Auswahl der Kandidaten für die Parlamentssitze deutlich geworden. Die erst vor gut einem Jahr gegründete Präsidenten-Bewegung tritt erstmals zur Wahl der Pariser Nationalversammlung an. Dafür hatten Macron und seine Mitstreiter die so einfache wie geniale Idee, die Kandidaten zu casten – wie bei einem Gesangswettbewerb im Fernsehen.

34 Kandidaten pro Wahlkreis

Mit großem Erfolg: Rund 19.000 Männer und Frauen aus ganz Frankreich bewarben sich, das entspricht im Schnitt 34 Kandidaten pro Wahlkreis. Eine parteiinterne Jury führte 1700 Gespräche und wählte daraus mehr als 520 Kandidaten aus. Nach dem Motto: Wer die Jury überzeugt, kann auch Wähler für sich gewinnen. Rund die Hälfte der Gecasteten sind Polit-Neulinge, 50 Prozent Frauen. Mit einem Promi-Faktor kann Macron nicht punkten. Zwar treten einige bekannte Gesichter für den Präsidenten an – darunter ein Star-Mathematiker und eine Stierkämpferin. Doch die meisten der Abgeordneten in spe sind unbeschriebene Blätter. Für sie spricht, dass sie in ihren Wahlkreisen in der Regel tief verwurzelt sind und mitten im Arbeitsleben stehen.

Die Neulinge haben deshalb gute Chancen, die etablierten Berufspolitiker zu schlagen, die vielen Franzosen verhasst sind. «Sogar eine Ziege hätte heute gute Chancen, für Macron gewählt zu werden», spottet der bekannte französische Politikjournalist Christophe Barbier – und verweist auf die Tradition, dem Präsidenten eine eigene Parlamentsmehrheit zu geben. Allerdings hätte auch die Ziege vermutlich keine Chance, wäre «La République en Marche» nicht so gut organisiert. Die meisten Kandidaten haben Mitte Mai in Paris einen Crashkurs in Wahlkampftaktik absolviert.

Dort haben sie gelernt, wie sie am besten die Wähler ansprechen, ihre Kampagne organisieren und mit Lokaljournalisten umgehen. Jeden Morgen fänden die Parlaments-Anwärter in ihrem Mailpostfach «eine kleine Erinnerung», sagt die amtierende Vorsitzende von Macrons Bewegung, Catherine Barbaroux. Mit Anregungen für Themen, die Wähler interessieren, oder Hinweisen auf Termine, die eingehalten werden müssen. Einige Ideen für den Wahlkampf hat sich Macron auch bei dem früheren US-Präsidenten Barack Obama abgeschaut, der ihn vor der Präsidentschaftswahl mit einer Videobotschaft unterstützt hat.

Internet Präsenz

So hat Macrons Bewegung eine eigene Internet-Platform, in die sich alle Mitglieder einloggen können. Sie nutzt wie das Obama-Team die Software «NationBuilder», mit der jeder Kandidat seine Kampagne im Netz gestalten kann – inklusive Kontakt-Datenbank und Online-Spendenfunktion. Zudem können die Parlamentsanwärter mit Image-Videos auf Facebook und Twitter für sich werben. Diese Rund-um-die-Uhr-Betreuung habe einen entscheidenden Vorteil für Macron, sagt der Politikwissenschaftler Jérôme Sainte-Marie: Er schaffe sich ein weitgehend gefügiges Parlament. «Denn die Newcomer verdanken ihm nicht nur ihren Wahlsieg, sondern ihre gesamte politische Existenz.»