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Wenn das Gestern langsam verschwindet

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Schätzungen zufolge soll es in Luxemburg um die 5.800 Demenzkranke geben. Das Spezialpflegeheim in Erpeldingen ist ausgelastet; die Warteliste ist lang.

Paul* war sein Leben lang ein begeisterter Kartenspieler. Sein Erfolg im Spiel hatte vielleicht ein wenig mit Glück zu tun; vor allem aber siegte er dank der Fähigkeit, sich alle Karten zu merken, die von seinen Gegnern weggeworfen oder aufgenommen wurden. Kurz: Er besaß ein phänomenales Gedächtnis.

Stichwort: Demenz

Eine Demenz (lat. Dementia = „ohne Geist“ bzw. Mens = Verstand, de = abnehmend) ist ein Defizit in kognitiven, emotionalen und sozialen Fähigkeiten, das zu einer Beeinträchtigung sozialer und beruflicher Funktionen führt und meist mit einer Erkrankung des Gehirns einhergeht.

Vor allem ist das Kurzzeitgedächtnis, ferner das Denkvermögen, die Sprache und die Motorik, bei einigen Formen auch die Persönlichkeitsstruktur betroffen.

Heute sind verschiedene Ursachen von Demenzen geklärt; einige Formen können in gewissem Umfang behandelt werden, d. h. die Symptome können im Anfangsstadium verzögert werden. Die am häufigsten auftretende Form der Demenz ist die Alzheimer-Krankheit. Es handelt sich dabei um eine sehr langsame, aber ständig fortschreitende Zerstörung von Nervenzellen und Nervenzellkontakten im Gehirn.
Bei der Pick-Krankheit handelt es sich um eine frontotemporale Demenz, d.h. es sind die Stirn- und Schläfenlappen betroffen. Bei dieser Form ist die soziale Verhaltensweise gestört.

Beim Korsakow-Syndrom handelt es sich um eine Gedächtnisstörung, die durch übermäßigen Alkoholgenuss verursacht wird.

Quelle: Wikipedia & „Association Luxembourg Alzheimer“

Die Krankheit begann fast unbemerkt. Ihm vielen die Namen seiner Enkel nicht mehr ein. Nun ja: Im Alter wird man eben vergesslich, dachte sich seine Familie. Die Fälle, wo er etwas vergaß, häuften sich. Am dem Tag jedoch, wo er nicht mehr wusste, wie man die Spielkarten in der Hand hält, erkannte seine Familie, dass es sehr viel schlimmer ist, als zuerst angenommen. Die Diagnose der Ärzte: Alzheimer.

Risikofaktor Alter

Sie ist die wohl bekannteste Demenzkrankheit, und ist aus zwei Gründen besonders bösartig: Erstens ist sie unheilbar, und zweitens merken die Betroffenen oft selbst, dass mit ihnen etwas nicht stimmt. Ihre Schwierigkeiten verstecken sie jedoch oft vor ihrer Umwelt, so lange es eben geht. Obwohl der größte Risikofaktor dieser Art von Krankheit zwar das Alter ist, können durchaus auch schon Vierzigjährige dement werden. Durch die stets wachsende Lebenserwartung steigt auch die Anzahl der Demenzkranken. Internationale Studien schätzen, dass es im Jahr 2050 dreimal so viele geben wird wie heute. Exakte Zahlen darüber, wie viele es in Luxemburg gibt, existieren nicht; Schätzungen gehen von etwa 5.800 Demenzkranken aus.

In Luxemburg kümmert sich die „Association Luxembourg Alzheimer“ (ALA) um die Belange der Demenzkranken. In fünf Tagesstätten können Kranke von montags bis samstags von 8.00 bis 18.00 Uhr betreut werden. In Erpeldingen bei Ettelbrück verwaltet die ALA das einzige Pflegeheim Luxemburgs, das ausschließlich Demenzkranke aufnimmt. Es besteht seit fünf Jahren und hat 120 Betten.

Lange Warteliste

Das Heim ist voll ausgebucht; zurzeit besteht eine Warteliste von 300 Personen. In den insgesamt sechs Häusern kümmern sich rund 240 Krankenpfleger, Erzieher und Psychologen um die Kranken. „Natürlich wäre ein zweites Haus gut“, sagte uns Alain Tapp von der ALA. „Wir haben auch schon beim Familienministerium nachgefragt. Derzeit ist aber leider nichts zu machen.“ Die ALA ist eine Gesellschaft ohne Gewinnzweck, die vor allem von Spenden lebt. Die Kosten der Pflege werden von der Pflegeversicherung und der Pensionskasse übernommen.

Im Anfangsstadium der Krankheit können die Betroffenen durchaus noch zu Hause leben, doch sie brauchen ab einem gegebenen Zeitpunkt jemanden, der sie betreut. Familienangehörige, die sich um ihre Nächsten kümmern wollen, können bei der ALA eine entsprechende Grundausbildung erhalten.

Es gibt zwar mittlerweile Medikamente, welche den Krankheitsverlauf verlangsamen; geheilt werden können allerdings nur sogenannte sekundäre Demenzen.

Sekundäre Demenz

Bei einer primären Demenz ist das Gehirn direkt betroffen, wie z.B. bei Alzheimer. Bei der sekundären Demenz ist der geistige Verfall die Folge von anderen Krankheiten, z.B. Problemen mit der Schilddrüse oder Depressionen. Auch Medikamenten- oder Alkoholmissbrauch können zu einer sekundären Demenz führen. Wird das Problem am Ursprung gelöst, kann sich der geistige Zustand unter Umständen wieder normalisieren.

Früherkennung ist wichtig. Sobald eine Demenz diagnostiziert ist, kann man einen Antrag auf Pflegeversicherung stellen, so dass die Mehrkosten für eine Pflegehilfe zu Hause übernommen werden.

Es gibt zwar eine Reihe Tests zur Erkennung einer Demenz; unter welcher Krankheit die Person genau gelitten hat, lässt sich mit Sicherheit erst nach dem Tod feststellen. Wie bei Paul. Er starb fünf Jahre nach der Diagnose.

* Der Name wurde von der Redaktion geändert

Infos www.alzheimer.lu