Zu Beginn des Berufungsprozesses saß der Angeklagte sehr ruhig auf der Anklagebank. Er wirkte weder nervös noch aufgeregt. Am 12. September 2010 wurde in einer Wohnung in der rue Victor Tesch in Düdelingen ein 46-Jähriger tot aufgefunden. Ermittler gehen davon aus, dass der Mann bereits einige Zeit davor umgebracht wurde. Tatverdächtige ist der Mitbewohner und heutige Angeklagte. Beide Männer sollen sich immer wieder gestritten haben. Das Opfer soll Anfang 2010 eine größere Erbschaft bekommen haben. Immer wieder soll es bei den Streitereien um Geld gegangen sein.
Der Angeklagte habe über eine geraume Zeitspanne von seinem Mitbewohner profitiert. Er soll mehrere Male mit gefälschter Unterschrift Geld von dessen Konto abgehoben haben. Insgesamt habe er so 3.000 Euro ergattern können. Auch soll der Angeklagte mit der Kreditkarte seines Mitbewohners rund 5.000 Euro abgehoben haben. Dem Beschuldigten wird zudem vorgeworfen, den 46-Jährigen kaltblütig erstochen zu haben.
«Overkill»
Der Gerichtsmediziner erklärte in erster Instanz, dass das Opfer an einer Vielzahl an Stich- und Schnittverletzungen gestorben sei. Insgesamt wurde 37 Mal auf den Mann eingestochen. Experten gingen davon aus, dass der Mann zwischen dem 9. und 12. September umgebracht wurde. Immer wieder ging vom Phänomen „Overkill“ die Rede. Am Tatort selbst fanden die Ermittler Blutspuren vom Beschuldigten. Psychiatrische Störungen wurden beim Angeklagten nicht festgestellt.
Der Beschuldigte erklärte vor dem Präsidenten auf eine ruhige Art und Weise, dass er und das Opfer sich am 9. September 2010 gestritten hatten. Er habe seinen Mitbewohner mit einem Stiel geschlagen und anschließend die Wohnung verlassen. Er gab immer wieder an, dass sie zu dritt in der Wohnung waren und nicht, wie mehrere Ermittler unter Eid aussagten, zu zweit. Der dritte Mann soll ein Drogendealer gewesen sein, der sie immer wieder mit Rauschgift belieferte.
«Drogendealer»
„Mit dem Mord habe ich nichts zu tun. Es muss der Drogendealer gewesen sein“, so der Beschuldigte. Der Angeklagte gestand hingegen, mit der Kreditkarte des Opfers Geld von dessen Konto abgehoben zu haben und sich mit gefälschter Unterschrift auf illegale Art und Weise Zugriff auf das Konto des Opfers verschafft zu haben.
Der Verteidiger erklärte in seinem Plädoyer, dass die Ermittlungen nur in eine Richtung, nämlich gegen seinen Mandant gemacht wurden. „Es gibt keine deutlichen Beweise, sondern nur Indizien, dass mein Mandant das Opfer umgebracht hat“, so der Rechtsanwalt. Er beantragte den Freispruch was den Vorwurf des Totschlags oder des Mordes angeht. Der Vertreter der Generalstaatsanwaltschaft seinerseits sah dies anders. Er ging darauf ein, dass sich nur zwei Personen in der Wohnung befunden haben. Es kann also nur der Angeklagte gewesen sein.
Gefordert wurde die Bestätigung des Urteils aus erster Instanz, also lebenslange Haft. Das Urteil wird am 29. April ergehen.
(Philippe Hammelmann / Tageblatt.lu)
Zu Demaart
Sie müssen angemeldet sein um kommentieren zu können