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Von Jägern und Farmern

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Die Wirtschaftsmissionen nach Mexiko und Brasilien sind zwei gute Beispiele dafür, wie Luxembourg for Finance (LFF) vorgeht, um die Entwicklung des Finanzsektors in Luxemburg voranzutreiben.

LFF-CEO Fernand Grulms sprach mit dem Tageblatt in São Paulo über die Schwierigkeiten und die strategischen Überlegungen in Bezug aufdie Promotion des Finanzplatzes.

Wie kann man den Sprung von einem europäischen zu einem internationalen Finanzplatz schaffen?

Bessere Auswahl der Auftritte im Ausland

Dies ist die Frage, die sich nicht nur die Politik und die Finanzakteure in Luxemburg stellen, sondern auch Luxembourg for Finance. Die Agentur zur Entwicklung des Finanzsektors befindet sich dabei in einem ständigen „Prozess des Sich-Infrage-Stellen“, wie LFF-Geschäftsführer Fernand Grulms während der Wirtschaftsreise nach Mexiko und Brasilien dem Tageblatt gegenüber meinte.

„Wir werten natürlich jeden unserer Auftritte im Ausland sorgfältig aus“, erklärte Grulms. Dass dies nicht so einfach vonstatten geht wie etwa bei einer klassischen Wirtschaftsmission, bei der neue Unternehmen an Land gezogen werden, liegt auf der Hand. Dabei hat sich die Werbungskultur für Luxemburg in den letzten fünf Jahren von Grund auf gewandelt. „Seit der Krise wird uns immer mehr bewusst, dass wir uns aktiv auf die Suche nach Kunden und Investoren machen müssen.“ Dies liegt zu einem großen Teil daran, dass man eben über die Großregion hinauswachsen will, dort allerdings nicht unbedingt bekannt war. „Wir werden in Zukunft weiterhin größere Anstrengungen in Richtung aufstrebende Märkte und weniger nach Europa unternehmen.“

Zwei Herangehensweisen

Die Strategie der Finanzplatzpromotion teilt sich in zwei Herangehensweisen auf, je nachdem wie die Zusammenarbeit zwischen dem Zielland und Luxemburg gelagert ist. Besteht fast kein Austausch, werden fast keine Geschäfte getätigt, dann geht es in erster Linie darum, den Finanzplatz als solches erst bekannt zu machen. Neue potenzielle Kunden sollen auf einen aufmerksam gemacht werden. Fernand Grulms nennt dies „Hunting“, was vor allem in Mexiko der Fall war.

Bestehen hingegen längst geschäftliche Verbindungen und ist der Finanzplatz in all seinen Aspekten im Zielland unter den dortigen Akteuren bekannt, dann soll dieser Kundenstamm gepflegt und möglichst ausgebaut werden. Grulms spricht hier von „Farming“. Diese Herangehensweise trifft zum Beispiel auf den Auftritt der Finanzakteure in Brasilien zu. Der Bankenplatz verfolgt in dieser Hinsicht den strategischen Ausbau von fünf Bereichen: die Vermögensverwaltung, die Fondsindustrie, Versicherungen, internationale Kreditvergabe und die Strukturierung von Investitionen.

„Wir operieren zum Teil mit denselben Argumenten wie unsere Konkurrenten“, also Stabilität und Voraussehbarkeit.

Neue Aufgabe: „investor promotion“

Dabei steht Luxemburg vermehrt in Konkurrenz zu anderen Finanzplätzen außerhalb Europas, etwa Singapur oder Hongkong. Wir wollten wissen, ob diese Plätze wegen ihrer völlig anderen politischen Kultur Vorteile gegenüber Luxemburg haben. „Autoritäre Regime haben natürlich einen Vorteil, wenn es um die Umsetzung von Entscheidungen geht“, meinte Grulms. „Ob dies allerdings auf lange Sicht immer erfolgversprechend ist, darf bezweifelt werden.“ Die Krise in Europa hat natürlich auch einen Einfluss auf das Prestige des Kontinents. Dies erleichtert nicht unbedingt die Visibilität Luxemburgs. „Es hat uns in der Promotion des Finanzplatzes und der hiesigen Wirtschaft in letzter Zeit sicherlich nicht geholfen, dass wir ein Teil Europas sind und mit der Governance der Staatengemeinschaft gleichgesetzt werden.“

LFF will sich in Zukunft mehr einer neuen Tätigkeit widmen, der „investor promotion“. Fernand Grulms erklärte, dass es vor allem darum gehe, neue Akteure, also Banken, Versicherungen und Vermögensverwalter anzuziehen.

Dies wiederum setzt allerdings eine andere Vorangehensweise voraus wie die, welche bis jetzt, etwa durch „road shows“, durchgezogen wurde. „Eine Bank lässt sich nicht durch einen Vortrag in einem Seminar davon überzeugen, eine Filiale in Luxemburg zu gründen“, sagte Grulms. Ob dies allerdings den hiesigen Akteuren – übrigens zur Hälfte Anteilseigner an der LFF – zupasskommt, bleibt abzuwarten.