Am Montag musste sich ein 59-jähriger Gefängnisarzt wegen fahrlässiger Tötung vor Gericht verantworten. Die Fakten gehen auf den 4. September 2005 zurück, als ein 22 Jahre junger Häftling an einer Überdosis Methadon gestorben war.
Dem Arzt wird vorgeworfen, es an Sorgfalt fehlen gelassen zu haben, da er im Vorfeld nicht festgestellt hatte, ob der Patient überhaupt heroinsüchtig war. Ein anderer Arzt, der ebenfalls angeklagt war, weil er dem Opfer weiter Methadon verschrieben hatte, ging in Berufung und wurde von der Chambre de Conseil aus der Prozedur genommen.
«Arzt könnte sich als Zeuge selbst belasten»
Eingangs der öffentlichen Verhandlung ging es denn auch zwischen dem Staatsanwalt, der Präsidentin und dem Anwalt darum, ob dieser Arzt als Zeuge gehört werden konnte, da er sich dabei selbst belasten könnte. Nach einer kurzen Rücksprache mit seinem Mandanten, zeigte sich der Verteidiger dann bereit, dass dieser aussagte.
Der toxikologische Experte konnte keine klare Todesursache feststellen. Es konnte sich sowohl um eine Überdosis aber auch um eine Infektion gehandelt haben. Trotzdem stellt sich die Frage, warum der Häftling Methadon bekam, obwohl er nicht opiatabhängig war.
Weil er weit höhere Werte feststellte, als es die verschriebene Dosis auswies, stellte sich dem Experten eine weitere Frage, nämlich die, ob der Patient vielleicht andere Psychotropen gebunkert hatte, die er zusätzlich zu sich nahm.
«Verschriebene Dosis führte nicht zum Tod»
Auch wenn es kein Buch gibt, in dem man anhand eines MBI (Mass Body Index) eine tödliche Menge an Opiaten in einem bestimmten Fall herauslesen kann, hätte die vom Beschuldigten verschriebene Dosis jedenfalls nicht zum Tode geführt.
Es war dann der Ermittler, der im Zeugenstand bestätigte, dass das Opfer bei der Polizei nicht als heroinsüchtig bekannt war. Wie ein Mithäftling den Ermittlern berichtete, habe der Häftling aber trotzdem den an ihn abgegebenen Drogenersatz teilweise gebunkert, um sich gelegentlich in Trance dem Haftalltag zu entziehen.
Viele Ärzte verderben die Dosis
Bei der Befragung des Ermittlers stellte sich heraus, dass viele medizinische Behandlungen im Gefängnis parallel liefen und die rechte Hand nicht immer wusste, was die linke tat. Auch die Tatsache, dass viele gebrauchte Medikamentpackungen sich im Gefängnishof wiederfinden, zeugt vom Chaos beim Drogenverkehr hinter Gittern.
Der anfangs ebenfalls angeklagte psychiatrische Arzt sagte im Zeugenstand, dass sich das spätere Opfer bei ihm als heroinsüchtig bekannt hatte. Eine Autoanalyse, die er wegen des schweissgebadeten und aggressiven Häftlings, der auch noch über Bauchschmerzen klagte, als gegeben annahm.
Kein anderer Arzt anwesend
Vom Staatsanwalt auf eine mögliche Kompetenzüberschreitung angesprochen, meinte der Zeuge, dass es wohl an der Psychiatrie war, ein Methadon-Programm einzuleiten. Dass beim Opfer der angeklagte Generalist tätig wurde, war darauf zurückzuführen, dass damals kein anderer Arzt anwesend war, so seine Verteidigerin.
Der Mithäftling des Opfers sagte am Montag im Zeugenstand, dass sein Zellengenosse sich laut eigenen Aussagen das Methadon bei den Ärzten erschwindelt hatte. Als Untersuchungshäftling in einer Drogenaffäre, bestätigte der Zeuge den regen Tausch und Handel von Opiaten im Gefängnis.
Der Prozess wird am Dienstag mit dem Plädoyer der Verteidigung und dem Strafantrag der Staatsanwaltschaft abgeschlossen.
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