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Probleme bekannt?

Probleme bekannt?
(Tageblatt-Archiv/Isabella Finzi)

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Verstopfte Düsen, Überhitzung, hoher Druck. Wie kam ein ArcelorMittal-Arbeiter 2008 im Werk Esch/Belval ums Leben? Die Justiz sucht nach Antworten.

Am 13. August 2008 kam es im Stahlwerk von ArcelorMittal in Esch-Belval zu einem Arbeitsunfall mit tragischen Folgen. Gegen 2.30 Uhr explodierte ein leerer Kessel, mit dem in der Regel flüssiger Stahl transportiert wurde. Bei der Überhitzung dieses Kessels, durch verstopfte Wasserdüsen, die zur Kühlung dienten, entstand ein enormer Druck, der schließlich zur Explosion führte. Durch die herumfliegenden Metallteile wurde ein Arbeiter tödlich und ein anderer lebensgefährlich verletzt. Letzterer konnte sich allerdings schnell von seinen Verletzungen erholen.

Der Grund für die Überhitzung war laut Anklageschrift eine defekte Wasserdüse, die zur Kühlung des Kessels dienen sollte. Zudem wurden einige Risse am Kessel festgestellt, so dass dieser dem Druck nicht standhalten konnte. Die Arbeiter sollten die Kessel reinigen und sie von Restbeständen von Stahl oder Schlacke befreien. An beiden ersten Prozesstagen kam immer wieder die Frage auf, welche Methode verwendet wurde, um diese Kessel zu säubern. Hierbei konnten ein Presslufthammer oder eine Sauerstoff-Lanze eingesetzt werden.

300 Grad heißer Kessel

Anfangs der Sitzung sagte einer der Vorgesetzten der beiden Arbeiter aus, die zu Schaden gekommen sind. «Als die Kessel angekommen sind, hatten sie noch eine Temperatur von rund 300 Grad Celsius. Die Arbeiter sollten die Kessel reinigen, so dass alle Restbestände entfernt würden. Ein Vorgang, der nicht immer einfach war. Es kam des Öfteren zu Verstopfungen und Ermüdung des Materials. Allerdings mussten alle Arbeiter das geringste Problem bei einem der Vorgesetzten melden, was nicht immer geschah», so der Zeuge.

Außerdem unterstrich er, wie bereits einzelne Zeugen am Dienstag, dass das Material nicht auf dem letzten Stand der Technik war. Immer wieder wurde die Frage der Vorgehensweise der Arbeiter im Stahlwerk aufgeworfen.
Anschließend trat der Bruder des Opfers vor die Richter der Strafkammer. Er schilderte den Ablauf, wie die Polizei sich bei ihm meldete, um ihm den Tod seines Bruders mitzuteilen. Eine sehr emotionale Stimmung herrschte im Sitzungssaal. «Immer wieder hat mein Bruder mich darauf aufmerksam gemacht, welche Gefahren hinter der Arbeit im Stahlwerk stecken. Zudem sagte er mir, dass er nicht ausreichend ausgebildet worden sei, um auf diesem Posten zu arbeiten», so der Bruder des Opfers. Auch soll der zu Tode gekommene Mann gesagt haben, dass er teilweise bis zu 14 Tage am Stück arbeiten musste und somit einem gewissenen Druck ausgesetzt war. «Ich wusste auch, dass die Vorgesetzten meinen Bruder nicht akzeptierten und respektierten», so der Zeuge abschließend.

Sicherheit an erster Stelle

Ein weiterer Zeuge war der Sicherheitsbeauftragte des Bereiches, wo sich der Unfall abspielte. «Die Sicherheit stand an erster Stelle. Immer wieder wurden Weiterbildungen und theoretische sowie praktische Übungen veranstaltet, wie die Arbeiter sich im Falle eines Unfalls verhalten sollten», erklärte der Mann.
Anschließend musste einer der beiden Angeklagten, der ehemalige Direktor des Stahlwerks in Esch-Belval, in den Zeugenstand treten. Er unterstrich, dass meistens alles einwandfrei funktionierte und dass ihm keine Probleme bekannt waren. «Falls es trotzdem immer wieder zu Verstopfungen kam, wurde uns nicht Bescheid gegeben», so der Beschuldigte.

Der Prozess wird erst am 4. März mit den Aussagen des zweiten Beschuldigten, den Plädoyers der Rechtsanwälte und dem Strafantrag der Staatsanwaltschaft fortgesetzt.