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Luxemburgs Schanghai-Pavillon kommt nicht nach Esch

Luxemburgs Schanghai-Pavillon kommt nicht nach Esch

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Im Vordergrund der ersten Sitzung des Escher Gemeinderats nach den Sommerferien standen die erste Zwischenbilanz zum Jugendkommunalplan sowie eine turbulente Diskussion über den „Sommerloch-Sketch“ (Rat Marc Baum) zum Luxemburger Pavillon auf der Weltausstellung in Schanghai, den der Schöffenrat eventuell nach Esch holen wollte.

Luc Laboulle
 
Gleich zu Beginn der Sitzung beantragte der unabhängige Rat Aly Jaerling, dass die von ihm eingereichte Motion mit dem Titel „Diskussioun iwwer eng méiglech Acquisitioun vum Lëtzebuerg Pavillon vu Shanghai an d’Noutwendegkeet an déi ökonomesch Konsequenze vun esou enger Aktioun“ von Punkt 15 auf der Tagesordnung ganz nach vorne gerückt werden sollte. Da die anschließende Abstimmung nur unentschieden ausging, beschloss Bürgermeisterin Lydia Mutsch (LSAP) die Motion unter Punkt elf zu behandeln.
Bevor wir jedoch auf diese polemisch und stellenweise sehr emotional geführte Diskussion eingehen, wollen wir uns erst dem eigentlich wichtigen Thema der Sitzung, der von Sozialschöffin Vera Spautz (LSAP) vorgetragenen Präsentation einer ersten Bilanz und der Perspektiven des im April 2008 im Gemeinderat gestimmten „Plan communal jeunesse“ zuwenden.

Zusätzliche Stelle im SJ gefordert

Alleine verantwortlich für die praktische Umsetzung dieses Fünfjahresplans ist der seit Mai 2009 im Amt weilende Leiter des „Service de la jeunesse“ (SJ), Jorsch Kass. Seine Aufgabe besteht vor allem in der Herstellung und Aufrechterhaltung von Beziehungen zu lokalen Vereinen, Diensten auf nationaler und auf Gemeindeebene sowie Vereinen und Diensten aus dem Ausland. Zudem nimmt er an den Sitzungen mehrerer Arbeitsgruppen und Gemeindekommissionen teil, betreibt die neue Internetseite des „Service de la jeunesse“ (www.jeunes.esch.lu) und kümmert sich um die Koordinierung der zahlreichen Freizeitaktivitäten, die die Stadt Esch den Jugendlichen anbietet.
Da der „Plan communal jeunesse“ erst mit der Einstellung von Jorsch Kass vor etwas mehr als einem Jahr richtig angelaufen ist, werden die Aufgaben mit zunehmender Laufzeit noch wachsen, wie Vera Spautz betonte.

Deshalb werde Jorsch Kass in Zukunft Unterstützung benötigen, was Rat Marc Baum („déi Lénk“) zum Anlass nahm, eine Motion für eine Personalaufstockung im SJ einzureichen. Die Motion wurde jedoch von Bürgermeisterin Lydia Mutsch abgeschmettert, mit der Begründung, eine Motion sei nicht die Prozedur, um Posten zu schaffen. Wie die Vertreter fast aller Fraktionen sprach sich auch Rat Dan Codello (LSAP) für eine zusätzliche Stelle im SJ aus, plädierte aber dafür, diese Personalangelegenheit an die „Commission de la réforme administrative“ weiterzuleiten, um den geregelten Aufbau der Gemeindedienste nicht zu gefährden.

Rat Marc Baum gab sich schließlich mit der „Willenserklärung, einen Posten zu schaffen“, zufrieden, verlangte aber, dass der Posten im nächsten Budget eingeschrieben sei.

Eigenes Hausfür den Jugenddienst

Bis es so weit ist, wird Jorsch Kass sich vorerst mit den zwei anderen, wichtigen Neuerungen begnügen müssen. In Kürze wird der SJ, zusammen mit Charles Gasperi vom „Point information jeunes“ (PIJ) und der Asbl 4motion, in ein neues Haus in der rue du Commerce einziehen, wie Vera Spautz verkündete.

Zum anderen wird das sich im Besitz der Stadt Esch befindliche Centre Jules Schreiner in Insenborn zurzeit renoviert. Das größere Home wird vom SJ genutzt werden können, zudem sollen sozial schwache Familien dort ihren Urlaub verbringen können. Dazu müssten jedoch auch die kleineren Chalets oder Ferienhäuschen in Insenborn erneuert werden, was aber laut Sozialschöffin „eine andere Diskussion“ ist. Neben dem „Centre Jules Schreiner“ soll auch die Escher „Waldschoul“ dem SJ künftig öfter zur Verfügung stehen.

Das Konzept des SJ beinhaltet auch, immer mehr Jugendliche als Animateure in seine Arbeit mit einzubinden. Unter dem Motto „Information et médias: La Force“ bietet das SJ, in Zusammenarbeit mit dem PIJ und 4motion, deshalb nun Schulungen an, die zehn bis 20 Jugendliche auf ihre Aufgabe als „IN-formant“ vorbereiten sollen.
Geplant ist auch ein Jugendforum, um Ideen auszutauschen und die politische Partizipation der Jugendlichen zu fördern. Eine Meckerkiste soll ihnen die Möglichkeit bieten, ihre Meinung zum Jugendplan zu äußern.

All diese Maßnahmen dienen dem vorrangigen Ziel, die vergleichsweise hohe Jugendarbeitslosigkeit und die Wohnungsnot unter Jugendlichen in Esch (auf der Warteliste für Gemeindewohnungen stehen laut Vera Spautz zurzeit über 50 Personen unter 30 Jahren) zu bekämpfen. Vor diesem Hintergrund möchte Vera Spautz die Zusammenarbeit mit der Arbeitsverwaltung verstärken, weshalb Arbeitsminister Nicolas Schmit bald der Stadt Esch einen Besuch abstatten wird.
Sozialschöffin Vera Spautz erntete für den Jugendkommunalplan und für ihr soziales Engagement viel Lob aus allen Fraktionen.

„Profilneurose und Machtbesessenheit“

Emotional und polemisch verlief dann, wie schon angedeutet, die Diskussion über den Luxemburger Pavillon auf der Weltausstellung in Schanghai. Eine Menge Fragen stellte Rat Aly Jaerling – in der Tat bereits zum zweiten Mal –, nachdem er es als „Respektlosigkeit“ empfunden hatte, dass der Schöffenrat ihm beim ersten Mal keine zufriedenstellenden Antworten hatte geben können. Insbesondere zur Finanzierung des Pavillons wollte Jaerling nähere Auskunft, und er wunderte sich, wieso der Schöffenrat nicht nach der Meinung der Gemeinderäte – immerhin die erste Instanz in der Gemeinde – gefragt habe, als er sich im Sommer beim Staatsminister um den Pavillon beworben hatte. „Profilneurose und Machtbesessenheit“ warf Jaerling dem Schöffenrat vor.

Schwer im Magen lag ihm auch die Reise des „gemeindeeigenen Ökonomen“ nach Schanghai, der ja ohnehin nur „durch parteiinterne und familiäre Beziehungen“ diesen Posten erhalten habe. Diese letzte Äußerung sorgte insbesondere bei Schöffe Félix Braz für wütende Proteste: „Schämen Sie sich, Herr Jaerling“, schrie er den Rat an. Doch auch die anderen Mitglieder des Schöffenrats und die gesamte LSAP-Fraktion zeigten sich zutiefst empört über diese „Unterstellung“, diesen „Affront“.

Pavillon wird wohl nicht repatriiert

Bürgermeisterin Lydia Mutsch schickte sich anschließend an, die Diskussion auf eine sachliche Ebene zurückzuführen. Ihre Bewunderung für den Pavillon und seinen Architekten François Valentiny verschwieg sie nicht, stellte jedoch klar, dass der Schöffenrat in seinem Brief vom 14. Juli an den Staatsminister lediglich eine Absichtserklärung geäußert habe, den Pavillon nach Esch zu holen. Nur für den Fall, dass die Regierung plane, das Bauwerk nach der Weltausstellung nach Luxemburg zu bringen.
Die Hauptprämisse von Rat Jaerling sei falsch, denn zu keinem Zeitpunkt habe der Schöffenrat geplant, den Pavillon zu kaufen. Deshalb seien auch alle anderen Fragen hinfällig. Umso mehr weil die Regierung, nach derzeitigem Stand der Dinge, nicht beabsichtige, den Pavillon zu „repatriieren“, meinte Lydia Mutsch.

Was den Ökonomen der Stadt Esch angehe, so sei dieser im Auftrag der Uni Luxemburg, stellvertretend für den Schöffenrat nach Schanghai gereist, um dort gemeinsam mit dem Rektor an einem wissenschaftlichen Kolloquium teilzunehmen. Die Kosten für diese Reise habe, mit Ausnahme der Flugtickets, die Uni integral übernommen. Der Pavillon habe bei dieser Reise nicht im Geringsten eine Rolle gespielt.

Rat Marc Baum bemängelte in diesem Zusammenhang vor allem die schlechte Informationspolitik des Schöffenrats, weil der Gemeinderat nicht über den Brief an den Staatsminister in Kenntnis gesetzt worden sei und erst durch die Presse über die Absichtserklärung des Schöffenrats, den Pavillon nach Esch zu holen, erfahren habe. Zudem habe Esch schon genug leer stehende Pavillons auf den Nonnewisen. Und überhaupt habe das ganze Vorhaben eine „odeur puante“, weil es doch sehr an das Vorgehen beim berühmten „Heller-Projekt“ erinnere, meinte Baum.

Am Schluss einigte man sich darauf, dass die ganze Geschichte, aufgrund der Regierungsentscheidung, den Pavillon nicht rückzuführen, nun eh „kale Kaffi“ sei und Rat Jaerling zog seine Motion, mit der er trotz allem ordentlich Staub aufgewirbelt hatte, zurück.

Weitere Entscheidungen

o Der Escher „Chef de corps“ Guy Bernar wurde vom Innenminister für den Posten des „Inspecteur régional de la région 6“ der Feuerwehr nominiert.

o Die Zahl der Mitglieder im Verwaltungsrat des „Office social“ wird von fünf auf sieben angehoben. Die Stellen werden öffentlich ausgeschrieben. Ein Kontrollgremium wird die Bewerbungen prüfen und dem Gemeinderat geeignete Kandidaten zur Abstimmung vorschlagen.

o Eine Änderung des Terrassenreglements besagt, dass die Terrassen von Gaststätten in der Alzettestraße künftig von 7.00 bis 23.00 Uhr geöffnet haben dürfen (bisher 11.00 bis 23.00 Uhr). Bis Frühjahr sollen zudem Regeln für Terrassenmöbel aufgestellt werden, um die Außenbereiche von Gaststätten attraktiver zu gestalten.

o Die Grenzsteuersätze für Gewerbe- und Grundsteuer bleiben unverändert.