Samstag13. Dezember 2025

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Anwälte fordern Freispruch für Ex-Chefs

Anwälte fordern Freispruch für Ex-Chefs

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Auf der Anklagebank sitzen vormalige Generaldirektoren und andere leitende Angestellte der Luxair. Am Dienstag haben die Rechtsanwälte den Freispruch gefordert.

Roger Sietzen war einer der Gründungsmitglieder der Luxair. Er wurde Chef der nationalen Airline ohne spezielle Kenntnisse im Bereich der Flugzeugtechnik zu haben, betonte sein Rechtsanwalt Jean Hoss am Dienstag vor Gericht. Sietzen ist einer der sieben Angeklagten im Prozess um den Luxair-Fokker-Absturz, der 2002 20 Menschen das Leben gekostet hatte.

Da er selbst kein Fachmann war, habe sich Sietzen mit kompetentem Personal umgeben, so Me Hoss. Er habe das Unternehmen gut geführt, sodass die von ihm aufgebaute Struktur von seinen Nachfolgern nicht geändert worden sei. Sietzen wird vorgeworfen, die Sicherheitsstandards nicht sofort eingeführt zu haben. Er wollte abwarten, ob ihre Einführung woanders keine Probleme verursacht hätten, erklärte Hoss. Der Verteidiger des Ex- Direktors kritisierte die Art und Weise, wie die gerichtliche Untersuchung vorgenommen wurde. Man hätte seinen Klienten mit Fragen über Ereignisse, die Jahre zurücklagen, überrumpelt. Wie sein Kollege, der Anwalt von Sietzen-Nachfolger Jean-Donat Calmes, kritisierte auch er die zu lange Frist bis zur Anklageerhebung.

Pilotenfehler

Es handle sich bei diesem Unglück um einen Pilotenfehler, unterstrich Hoss, der wie die Anwälte der anderen Direktoren bedauerte, dass der Flugzeughersteller Fokker nicht vor Gericht steht. Die Verteidiger werfen dem Flugzeugbauer vor, den Einbau einer zusätzlichen Sicherheit nur optional gemacht zu haben und nicht vorgeschrieben zu haben. Ein weiterer Riegel am Schubhebel hätte den Absturz vielleicht verhindern können, so die Verteidiger. Dem Piloten der Unglücksmaschine wird unter anderem vorgeworfen, am 6. November 2002 vorsätzlich den Rückschub während des Fluges aktiviert zu haben. Die Folge war ein unkontrollierbarer Sinkflug, der zum Crash führte. Auch Jean Hoss beantragte den Freispruch für seinen Mandaten.

Dann trat Me Yvette Hamilius vor, die Anwältin des ehemaligen technischen Direktors der Luxair, Marc Gallowitch. Ihm wird vorgeworfen, die «Service- bulletins» und die «Service- letter» von 1994 und 1998 nicht sofort umgesetzt zu haben. In diesen Dokumenten von Fokker wurde der Einbau eines weiteren Riegels beim Schubhebel angeregt. Er hat keinen persönlichen Fehler begangen, betonte die Verteidigerin. Auch sie monierte, die Anklageerhebung habe sich zu lange hinausgezögert. Der sogenannte «délai raisonnable» sei überschritten worden, was die Ereignisse betrifft, die ihrem Klienten zur Last gelegt werden. Das Strafgesetz schreibt vor, dass nach einer bestimmten Frist niemand mehr wegen einer Straftat angeklagt werden kann. Ausnahmen sind Morde, Vergewaltigungen…

Unklare Informationen von Fokker

Marc Gallowitch konnte mit den damals erhaltenen Informationen die Gefahr eines Absturzes nicht einschätzen, so Yvette Hamilius weiter. Auch für diesen Anwalt ist vor allem ein Pilotenfehler für die Katastrophe verantwortlich. Auch Me Hamilius beklagte die unklaren Informationen von Fokker und die Passivität des für die Behandlung der technischen Anfragen verantwortlichen externen Büros. Wenn man ihren Mandanten über das Problem mit dem Schubhebel informiert hätte, hätte er reagiert, so die Verteidigerin.

Es folgte eine ganz Serie von Gründen, warum Marc Gallowitch nicht verantwortlich für den Nichteinbau des Sicherheitssystems gemacht werden könne. Gallowitch sei sich keiner Schuld bewusst. Er hätte die Fokker-Dokumente nie in den Händen gehalten. Er sei nie über die Risiken im Zusammenhang mit dem Schubhebel informiert worden. Ihr Klient habe mehr für die Flugsicherheit getan, als vorgeschrieben war, betonte die Verteidigerin.

Die Anwältin verteidigte auch beide angeklagten Techniker, Arend und Moes. Sie seien kompetent gewesen, hätten aber keine Entscheidungsgewalt besessen.

Konzentrations-, Reaktions- und Reifegradprobleme

Es sei richtig, dass Marc Gallowitch Mitglied des Direktoriums der Luxair gewesen sei, so Me Hamilius weiter. Dieses Gremium müsse aber eher als Exekutivorgan verstanden werden. Niemand habe sich je über das Verhalten des technischen Direktors beklagt. Er habe sogar im Zusammenhang mit dem internen Luxair-Audit von 1999 Vorschläge zur Verbesserung der Funktionsweise von Luxair gemacht. In diesem Rahmen habe ihr Mandant auch die Einstellung von weiterem Personal gefordert. 1999 hatte der damalige Firmenchef, Jean-Donat Calmes, eine Analyse der Stärken und Schwächen der Airline angeordnet.

Da die Schuld nicht bei den technischen Abteilungen zu suchen sei, könne man getrost von einem Pilotenfehler als einzige Unfallursache sprechen.

Schockiert zeigte sich die Anwältin über die Ergebnisse des psychologischen Einstellungstests von Claude Poeckes. Diese wurden erst im Rahmen dieses Prozesses von der Luxair freigegeben. Sie seien nicht in den Niederlanden, wie Claude Poeckes behauptete, sondern in den USA gemacht worden. Daraus gehe hervor, dass er Konzentrations- Reaktions- und Reifegradprobleme hatte. Yvette Hamilius fragte sich auch, wer bei der Luxair das Einstellungsinterview des Unglückspiloten geleitet habe.

Wie schon alle anderen Anwälte der Verteidigung, forderte Me Hamilius den Freispruch für ihren Klienten Marc Gallowitch.

Effiziente Verteidigung nicht möglich

Der nächste Anwalt, der seine Argumente vorbrachte, war Me Andre Lutgen, Rechtsbeistand des Luxairtechnikers Guy Arend. Dem Angeklagten wird vorgeworfen, vom Schubhebelproblem bei den Fokker 50 gewusst zu haben, seine Vorgesetzten aber nicht darüber informiert zu haben. Laut Lutgen gab es zwei Ebenen. Die Piloten, die über Probleme berichteten und die technischen Abteilungen.

Er machte eine Liste der Aufgabenbereiche seines Mandanten. Auch für Lutgen ist ein Pilotenfehler die eigentliche Unfallursache. Arend hätte die technischen Dokumente vor dem Unfall nicht in den Händen gehalten. Ein Defekt des Schubhebel sei nie in seiner Anwesenheit thematisiert worden. Er hätte des Weiteren damals keine Entscheidungsgewalt gehabt, was die technischen Umbauten und Neuerungen betraf. Schließlich wurde auch bei diesem Angeklagten der «delai raisonnable» geltend gemacht. Es sei quasi unmöglich, sich genau an alle Details von 1992, 1994 und 1998, als der Einbau der Sicherung in die Fokker vorgeschlagen wurde, zu erinnern. Eine effiziente Verteidigung eines Angeklagten sei nicht mehr möglich, so Lutgen, der das Gericht aufforderte, den Luxair- Techniker frei zu sprechen.

Am Mittwoch wird nach dem Ende des Vortrags von Me Andre Lutgen, der Verteidiger von Leon Moes, Chef-Techniker der Wartung, sein Plädoyer vortragen. Er wird als letzter Anwalt der sieben Angeklagten den damaligen Chef des Ingeneerings verteidigen.