Am Dienstag (15.11.) nimmt André Hoffmann zum letzten Mal an einer Kammersitzung teil.
Zur Politik kam André Hoffmann, 1941 in der Hauptstadt geboren und in Cessingen aufgewachsen, während seiner Unizeit in Paris (er studierte Germanistik und Philosophie).
Die 68er-Bewegung kämpfte gegen den Vietnam-Krieg, gegen das Niederschlagen des Prager Frühlings und Hoffmann engagierte sich in der Studentenbewegung, trat der Assoss bei. Dass sein Vater zeitlebens für den Mindestlohn gearbeitet hat und Mutter und Schwester einen kleinen Gemischtwarenhandel führten, sieht er als einen der Gründe für sein linkes Engagement: Die soziale Herkunft prägt eben. Auch wenn er sich selbst nicht als furchtbar diszipliniert bezeichnet, habe die Disziplin des Vaters wohl auch auf ihn abgefärbt. Immerhin, so räumt er ein, muss ein Abgeordneter, der seine Partei allein im Parlament vertritt, seine Dossiers kennen, deren Studium dann doch wohl etwas Strenge mit sich selbst verlangt.
„Zentrumsextremist“
Er geriet zu Beginn seines politischen Engagements in die heftigen Flügelkämpfe, die in 70ern die Linke beherrschten. Trotzkisten, Stalinisten, Maoisten stritten um den richtigen Weg. Hoffmann wurde zu dieser Zeit ob seines „nicht ausreichenden Engagements“ für den einen oder anderen Flügel schon mal als Zentrumsextremist bezeichnet.
Nach einem kurzen Intermezzo in der LSAP trat Hoffmann in den späten Siebzigern der KPL bei. Der konsequente Einsatz gegen den Vietnam-Krieg im Parlament (als einzige Partei zu jener Zeit) und der permanente Kampf für soziale Gerechtigkeit waren damals starke Motivationen für ihn, die Identifikation mit der Sowjetunion weniger.
Innerer Widerspruch
Der damalige Escher Bürgermeister Arthur Useldinger, mit dessen Tochter er eine Zeit lang verheiratet war, beeindruckte außerdem den jungen Escher Lyzeumslehrer. Obwohl die autoritären Strukturen der kommunistischen Parteien und die unkritische Haltung gegenüber dem Stalinismus ihm nie gefielen, blieb er bis 1993 in der Partei und war Mitglied des Zentralkomitees. Des inneren Widerspruchs dieser Haltung ist Hoffmann sich heute durchaus bewusst. Er habe etwas mitgemacht, was er nicht hätte mitmachen dürfen, so sein heutiges Fazit. Ressentiments verspüre er heute dennoch keine, lediglich bei früheren Parteigenossen, die in der KPL bleiben, verspüre er solche.
Nach dem Fall der Berliner Mauer (1989) habe sich innerhalb der KPL eine Gruppe gefunden, die ähnlich kritische Ideen zur autoritären Struktur der KPL vertraten. Nachdem die Hoffnungen sich zerschlugen, während der Gorbatschow-Periode sei eine Reform möglich, und während des Kongresses im Dezember 1993 die Erneuerer aus den Gremien gewählt wurden, schwand die Hoffnung auf eine Erneuerung der KPL.
Von KPL zu „Nei Lénk“
Zusammen mit anderen gründete er die „Nei Lénk“, die 1999 zu „déi Lénk“ wurde. Anfangs wurden gemeinsame Listen mit der KPL aufgestellt: Im Parlament und in Esch errang sie einen bzw. zwei Sitze. Nach dem Rückzug der KPL von der gemeinsamen Plattform blieb der elektorale Erfolg vorerst aus. Erst 2009 konnte die Linke mit Hoffmann erneut ins Parlament einziehen.
In Esch hatte Hoffmann wiederholt Verantwortung als Schöffe; er will die nationalpolitische Arbeit aber nicht gegen die lokalpolitische aufwiegen. Es handele sich um zwei verschiedene Aufgabengebiete und Herausforderungen, auch wenn alles zusammenhänge. Es stimme nicht, dass eine Straße keine Farbe habe. In Esch sei es gelungen, sozialpolitische Akzente zu setzen. Stadtentwicklungsplan und soziales Entwicklungsamt wertet er als Erfolge seines lokalpolitischen Engagements.
Ob die politische Arbeit heute anders sei als jene vor 30, 40 Jahren, wollten wir weiter von André Hoffmann wissen. Die Politik habe sich teilweise selbst entmündigt. Durch die Phänomene der wirtschaftlichen Deregulierung und des Neoliberalismus sei es zu einer Situation gekommen, in der von demokratischen Entscheidungsprozessen wenig übrig geblieben sei; eine gefährliche, aber nicht ausweglose Situation.
Hoffnung
Die Occupy-Bewegung ist ihm sympathisch: Dass junge Menschen sich wehren, erscheint ihm als hoffnungsgebender Ansatz. Allerdings sei die Bewegung äußerst heterogen. „Wichtig wäre es“, so Hoffmann, „dass Akteure im gesellschaftlichen Bereich, wie Gewerkschaften, politisch aktive NGOs usw., zusammenfinden und gemeinsam eine Gegenkraft bilden“. Wichtig sei es, dass die politische Auseinandersetzung sowohl in als auch außerhalb der Parlamente stattfinde. „Nicht alle Bewegungen müssen sofort parteipolitisch werden“, so André Hoffmann weiter.
Am Mittwoch wird Serge Urbany seinen Platz im Parlament einnehmen. Hoffmann wird Familie, Hund, Schreibtisch, Reflektion und dem Resistenzmuseum künftig mehr Zeit widmen. Eine Autobiografie ist für ihn kein Thema und selbstverständlich will er auch weiter politische Arbeit machen, wenn auch nicht an vorderster Front.
Sie müssen angemeldet sein um kommentieren zu können