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Lothringen: Das Land der Armut

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Jeder siebte Lothringer ist arm. Jedes siebte Kind in einer lothringischen Familie wird arm geboren und bleibt arm. Das geht aus einem Schwarzbuch hervor, das die Vereinigung der Sozialverbände in Lothringen herausgegeben hat.

Das Schwarzbuch ist eine harte Kritik an der französischen Gesellschaft. Wer in Frankreich weniger als 910 Euro pro Monat als Einkommen hat, gilt als arm. Im Jahre 2010 erhielten 68.838 Personen in Lothringen Sozialhilfe (RSA) in Höhe von 475 Euro pro Monat. Im Jahr 2011 stieg die Anzahl dieser Personen auf 70.111 an. Der Wirtschafts- und Sozialrat in Lothringen nutzte das Schwarzbuch zu einer Debatte über die Armut in Lothringen.

Alle Altersschichten betroffen

„Armut in Lothringen trifft alle Altersschichten“, sagt Sylvie Mathieu, Direktorin des Verbandes. „Sie beginnt mit jedem siebten Baby und wenn es so weiter geht, dann wird dieses Baby bis zu seinem Lebensende nie die Chance haben, aus der Armut herauszukommen“, sagt sie im Gespräch mit Tageblatt online. Die Zahlen, die sie am Dienstag vor dem Wirtschafts- und Sozialrat in metz vorlegfte, scheinen ihr Recht zu geben. Jedes sechste Kind im Alter von fünf Jahren lebt in Armut. Jeder fünfte Jugendliche bis 19 Jahren ist arm. Die Armutsrate sinkt auf jeden siebten Lothringer bis 29 Jahre und dann auf jeden neunten bis zum Alter von 64 Jahren. Allerdings beginnt Lothringen, nun unter Altersarmut zu leiden. Jede zehnte Lothringer im Rentenalter lebt mit einem einkommen von unter 910 Euro pro Monat.

Wodurch wird die Armut in Lothringen verursacht? „Sylvie Mathieu: „Wir haben zum einen eine hohe Arbeitslosigkeit. In unserer Region, die bei der Armutsrate über dem nationalen französischen Durchschnitt liegt, suchten 152.640 Menschen Arbeit zum 1. Januar 2012. Unter ihnen sind 55.000, die länger als drei Jahre arbeitslos sind. Die Zahl der Arbeitslosen ist im vergangenen Jahr um 4,3 Prozent angestiegen. Und seit acht Monaten steigt sie ununterbrochen weiter.“

Neben der Arbeitslosigkeit gelten in Lothringen die anderen sozialen Situation als Grund zur Armut, wie sie auch in anderen Löndern Europas gelten. Alleinerziehende Mütter sind benachteiligt. Familien mit Kindern finden sich in der Armut wieder, alleinstehende Frauen sind eine häufige soziale Gruppe. Sylvie Mathieu: „Wir haben in der Klasse der Armen neuerdings auch Menschen die arbeiten, deren Lohn aber nicht mehr ausreicht, um Wohnung, Energie und Lebensunterhalte zu bestreiten. In den beschriebenen sozialen Gruppen sind feste Arbeitsverhältnisse selten, gibt es häufig Verträge über nur 20 Stunden pro Woche oder auch zeitmäßig begrenzte Verträge. Insgesamt stellen die arbeitenden Armen in Lothringen ein Drittel aller Armen in der Region dar.

Scharfe Kritik

Harte Kritik übt Sylvie Mathieu an den Behörden. „Hier werden die Bedürftigen nicht mehr informiert. Es wird nur die Situation abgefragt. Das führt dazu, dass die Menschen nicht mehr über Rechte informiert werden, Termine verpassen und Monate ohne Zuschüsse leben müssen, auf die sie Anspruch haben, über die sie aber nicht informiert werden.“ Dabei bleibt es nicht: „Die Bearbeitungszeiten in den Behörden sind zu lang. Und es gibt Ärzte, die sich weigern, arme Menschen zu behandeln, obwohl sie ein Zertifikat der Behörden vorweisen, wonach die Arztkosten übernommen werden.“

Armut in Lothringen macht sich handfest fest. In Nancy hat ein Rentner des Stromkonzerns mit einer Suppenküche für 13 Personen begonnen. Innerhab weniger Wochen stieg die Anzhal der Personen auf 150 an. Heutzutage tragen die Lions Brüder und der Rotary Club für täglich acht Kessel mit Suppen, Gulasch oder anderen Essen.

Um in Notsituationen zu helfen, braucht es Wohnungen. Allerdings: Die Region Lothringen hat ihr Budget für diese Notwohnungen gerade um 3,3 Prozent gekürzt. Besonders betroffen ist das Département Meurthe et Moselle (Nancy). Sylvie Mathieu: „Das ist das Département mit den meisten Armen n Frankreich, wenn man den Großraum Paris ausnimmt. Die Kürzung des Budgets der Region bedeutet für dieses Département eine Kürzung um 755.967 Euro alleine für den Bereich der Notwohnungen.“