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Lebensraum über Grenzen hinweg

Lebensraum über Grenzen hinweg

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Zwölf Städte in Luxemburg und in Lothringen wollen einen gemeinsamen Lebensraum über die luxemburgisch-französische Staatsgrenze hinweg schaffen. Die Arbeiten dazu dauerten sechs Jahre. Jetzt wurde ein entsprechender Vertrag unterschrieben.

Es war unspektakulär. Der Vertrag war unterschrieben, Politiker und hohe Regierungsbeamte aus Luxemburg, dazu der Präfekt aus Metz und Gemeindevertreter aus Luxemburg und Lothringen – insgesamt 40 Personen – saßen sich zur Gründungsversammlung einer europäischen territorialen Gebietskörperschaft gegenüber. Präsident der neuen Städtegruppierung wurde der Bürgermeister aus Schifflange, Robert Schreiner, Vizepräsident Raymond Schwenke, zugleich Vizepräsident des Stadtverbandes „Pays Haut – Val d´Alzette“.

So unspektakulär das Ereignis selber ist, so weitreichend sind seine Konsequenzen. „Wir werden hier“, sagt der lothringische Regionalpräfekt Nacer Meddah gegenüber Tageblatt online, „einen gemeinsamen Lebensraum über die Grenze hinweg für 90.000 Menschen schaffen.“ Auf lothrinigischer Seite beteiligen sich die Gemeinden Audun-le-Tiche, Aumetz, Boulange, Ottange, Rédange, Russange, Thil und Villerupt – allesamt kleine Städte und Gemeinden – daran. Auf luxemburgischer Seite sind es die vier Städte Mondercange, Sanem, Schifflange und Esch – sur Alzette.

Staatsgrenze wird durchlässig

Die Ministerien für Inneres und Nachhaltige Entwicklung sind weiter beteiligt wie die französische Regierung, vertreten durch den Präfekten in Metz. Die Staatsgrenze wird durch den Lebensraum zwar nicht aufgehoben, aber sie wird so durchlässig gemacht, dass sie nicht mehr zur Kenntnis genommen wird.

Der gemeinsame Lebensraum stellt damit einen Zustand wieder her, wie er in der Vergangenheit schon zweimal bestanden hatte. Im Mittelalter waren Grenzen keine festen Linien, sondern Transiträume, Gegenden des Übergangs von einem Land zum anderen. Gegen Ende des 19. Und zu Beginn des 20. Jahrhunderts war dieser Lebensraum als Wirtschaftsraum fest verbunden durch Hochöfen und Minette-Erzgruben. Heutzutage ist dieser Lebensraum ein täglicher Raum der Wanderung von Grenzgängern von Lothringen nach Luxemburg. Die Folge: Zwei Städte leiden morgens und abends. Audun-le-Tiche und Esch sur Alzette, durch die sich die Autoschlangen der Grenzgänger quälen.

„Die erste Aufgabe des Territorilverbandes iast daher auch“, sagt Transport- und Nachhaltigkeitsminister Wiseler im Gespräch mit Tageblatt online, „Mobilität herzstelle zwischen den Städten.“ Studien dazu sollen schon in den kommenden Wochen in Auftrag gegeben werden. Derzeit nämlich kommt man mit Bus oder Bahn abends nicht von Esch nach Aumetz.

Straßenbau ist wichtig

Der Straßenbau ist eine andere wichtige Aufgabe: Die Arbeiten für die Umgehungsstraße von Audun-le-Tiche nach Micheville mit Anschluss an die Autobahn nach Metz haben begonnen. Claude Wiseler: „Wir werden schon im kommenden Jahr in Luxemburg eine wesentliche Konsequenz der Kooperation der Städte erfahren. Dann wird der Verkehr am Ende der Autobahn in Esch durch den Tunnel geleitet, um Esch herum. Die Stadt wird dadurch von dem Durchgangs- und Grenzgänger-Verkehr entlastet“.

Die Kooperation der Städte ist durch den Vertrag, der der Redaktion vorliegt, klar umrissen: Sie soll das tägliche Leben der Menschen erleichtern. Sie soll dem gesamten Bereich durch die Kooperation einen Konkurrenzvorteil gegenüber anderen Regionen geben und ihr eine entsprechende Attraktivität geben. Die Gebietskörperschaft soll eine Vision für eine langfristige Entwicklung des Lebensraumes entwickeln. Die Städte verpflichten sich dazu, heißt es in dem Vertrag, ihre jeweilige Raumplanung, mitzuteilen.

Diese Kooperation, an der seit sechs Jahren gearbeitet wird, ist auf französischer Seite durch die Entwicklung in Belval erfolgt. Die Umgestaltung des ehemaligen Stahlwerkes in eine Landschaft mit Universität, Dienstleistung, Einkaufzentrum und Wohnungen, dazu der Eisenbahnanschluss mit eigenem Bahnhof haben auf Luxemburger Seite eine Attraktivität geschaffen, die Druck auf die französische Seite ausgeübt hat. In Lothringen gab es nicht wenige Politiker, die befürchteten, dass man Anschluss verlieren würde, wo man doch komplementär arbeiten könnte. Heutzutage liegen die Gedankenspiele bei Wohnungen, Studentenwohnheimen, Instituten, die Universität auf luxemburgischer Seite ergänzen könnten, aber auch bei einer großen medizinischen Einrichtung. Lothringen hat Belval als eine eigene strukturpolitische Chance begriffen, in der die Gebietskörperschaft eine Rolle spielen soll.

Ausgestattet ist sie zunächst mit einem Budget von 80.000 Euro. Davon sollen 40.000 Euro für Studien zur Verfügung stehen. Für den Posten eines administrativen Direktors, der ausgeschrieben werden soll, stehen 16.000 Euro zur Verfügung. Der luxemburgische Staat beteiligt sich mit 20.000 Euro an dem Budget.