Arbeitslose Grenzgänger sollen nicht mehr von ihrem Wohnstaat, sondern von jenem Staat bezahlt werden, in dem sie ihren letzten Job hatten. Dies ist ein Reformvorschlag der EU-Kommission im Rahmen der Personenfreizügigkeit. Für Luxemburg, das einen sehr hohen Anteil an Grenzgängern unter den Beschäftigten zählt, würde dies eine Verdreifachung der Kosten bedeuten. Ebenfalls mit im Boot sitzt die Schweiz, die auf über 300.000 Grenzgänger kommt.
In Luxemburg sind 42 Prozent der Beschäftigten Grenzgänger. Das sind 180.000 Menschen. Nicolas Schmit, Luxemburgs Minister für Arbeit und Soziales, wehrt sich gegen die neue EU-Reform. In einem Interview mit der Aargauer Zeitung aus der Schweiz (Link) betonte er erneut, dass er nicht viel von der Idee hält. Nicht wegen der Geldfrage, sondern weil das Prinzip falsch sei. Denn Arbeitslosigkeit beruhe auf Gegenleistung. «Man muss sich aktiv um einen Job bemühen. Wenn der Empfänger jedoch in einem anderen Land wohnt, haben wir keine Möglichkeit zu kontrollieren, ob die Arbeitssuche auch wirklich stattfindet. Und jemanden zwingen, Grenzgänger zu sein, können wir ja auch nicht,» so Schmit.
Eingriff in die luxemburgische Beschäftigungspolitik
«Das ist für uns ein großes Problem“, sagte der Luxemburger Arbeits- und Sozialminister nach Bekanntgabe der Brüsseler Pläne im Dezember 2016 gegenüber Tageblatt (Link). Das sei ein Eingriff in die luxemburgische Beschäftigungspolitik. Aus Luxemburg werden jährlich rund 30 Millionen Euro Arbeitslosenunterstützung an Arbeitslose in anderen EU-Staaten überwiesen. Diese Summe könne sich nun verdreifachen. Dies würde bedeuten, dass Luxemburg für einen Großteil der Grenzgänger voll zahlen müsste. Bislang gilt die Regel, dass Grenzgänger nur während drei Monaten ihr Arbeitslosengeld aus Luxemburg beziehen, ansonsten aber weiterhin bei der Arbeitsvermittlung ADEM gemeldet sein können. Mit der neuen Regelung könnten sich Arbeitssuchende sich ihr Arbeitslosengeld auch im EU-Ausland bis zu sechs Monate lang auszahlen lassen, wenn sie dort nach Arbeit suchen.
Auf die Frage der Aargauer Zeitung, ob es denn nicht fair sei, dass Arbeitnehmer von dort ihr Arbeitslosenhilfe beziehen sollten, wo sie auch ihre Beiträge bezahlt hätten, verwies Schmit auf die bestehenden Kompensationszahlungen. Das System sei verbesserungsfähig, funktioniere aber. Schmit fügt hinzu, dass er Briefe von französischen Grenzgängern erhalten habe, die keinesfalls möchten, dass ihre Rechte als Arbeitnehmer von luxemburgischen Behörden wahrgenommen werden, sondern sie möchten nach französischem Recht behandelt werden.
Lothringen, Krisengebiet mit hoher Arbeitslosigkeit
Der französische Staat beklagt sich, dass er viel mehr an die Grenzgänger bezahlt, als er zurückbekommt. «Wenn man solche Rechnungen anstellt, könnte man sich auch fragen, wie viel die Franzosen für ihre Bürger bezahlt hätten, wenn diese keinen Job in der Schweiz oder in Luxemburg gefunden hätten», so Schmit. Lothringen sei seit Jahren ein Krisengebiet mit hoher Arbeitslosigkeit. Die Grenzgänger würden ihre Löhne aus Luxemburg nach Hause bringen und damit die lokale Wirtschaft unterstützen. Schmit sei dennoch bereit, über erweiterte Kompensationszahlungen zu diskutieren.
In diesem Kontext lobte der Luxemburger die Personenfreizügigkeit in der EU. Diese sei ein Segen für Luxemburg. Dennoch führe man in Luxemburg immer wieder Diskussionen über ungesundes Wachstum, knappen Wohnraum und viel Stau auf den Hauptachsen Luxemburgs. Aber dies seien alles Probleme, die geplant und gehandhabt werden können, so der Minister gegenüber dem Schweizer Blatt. «Es ist ein Privileg, eine dynamische Wirtschaft zu sein und viele hochqualifizierte Leute anzuziehen. Übrigens können wir uns nur so unsere hohen Sozialstandards und das gut funktionierende Pensionssystem leisten.»
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