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Konflikt statt Integration

Konflikt statt Integration

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Zum Nationalitätengesetz.

Nehmen wir einmal an, die Regierung kommt den Kritikern des Entwurfs zum Nationalitätengesetz entgegen und übernimmt all deren Vorstellungen in das neue Gesetz. Besser noch, sie geht einen Schritt weiter und legt die Messlatte für den Luxemburger Sprachentest zur Einbürgerung höher, als sie bisher lag. Würden die genannten Kritiker dann immer noch behaupten, die Regierung wolle das Ausländerwahlrecht für die Parlamentswahlen durch die Hintertür einführen, obwohl es beim Referendum am 7. Juni von über 80% abgelehnt worden ist? Wohl kaum. Denn auch mit dem neuen Gesetz würde kein Nicht-Luxemburger an solchen Wahlen teilnehmen.

Wenn nun die Regierung nicht weiter gehen wollte als die Forderung der Kritiker, sondern diese eins zu eins übernehmen würde, würde immer noch kein Nicht-Luxemburger an den Wahlen teilnehmen. Und wenn die Regierung die Forderungen der Kritiker als zu hoch ansähe und daher eher bei ihren eigenen Vorschlägen bleiben wollte? Auch dann würde an nationalen Wahlen immer noch kein Nicht-Luxemburger teilnehmen. Aber der Vorwurf, das Wahlrecht durch die Hintertür einführen zu wollen, stünde wohl wieder im Raum. Kurzum: Die Vermischung von Nationalitätengesetz und Ausländerwahlrecht mag zwar populär sein, ist aber nicht angebracht.

Das scheinen die Kritiker von „Nee 2015 – Wee 2050“ inzwischen auch verstanden zu haben. Hieß es in ersten Reaktionen noch, die Regierung wolle den Wählerwillen missachten, so taucht dieser Vorwurf in der letzten Mitteilung nur noch am Rande auf. Vielleicht weil man eingesehen hat, dass sich der Regierung durchaus andere Möglichkeiten des politischen Harakiris bieten. Hinzu kommt, dass nicht die Regierung über das Gesetz entscheidet, sondern die Abgeordneten. Und im Prinzip, mit Beanstandungen, aber im Dialog, sind alle Parteien für Änderungen des Gesetzes, sogar die ADR. All diesen Politikern vorzuwerfen, sie würden den Wählerwillen ignorieren, ist doch erstaunlich. Immerhin wurden sie ausschließlich von Luxemburgern gewählt. Sie sind für Änderungen, weil sie besorgt sind um die soziale Kohäsion im Lande und vermeiden wollen, dass die Luxemburger im eigenen Land zu einer Minderheit werden. Der Ausländeranteil in Luxemburg liegt bei 46%.

„Nee 2015“ lehnt dennoch eine Auflockerung der Sprachbarriere in den Tests ab. Man wolle keine vereinfachte Einbürgerung, nur um nicht zur Minderheit im eigenen Land zu werden. Die Sprache sei der wichtigste Bestandteil der erfolgreichen Integration, jeder Versuch, dies abzuschwächen, würde zu gesellschaftlichen Konflikten führen. Dass Luxemburg an seiner Sprache festhalten muss, ist klar. Aber Probleme werden eher aufkommen, wenn Luxemburger zu einer Minderheit werden und der Druck auf internationaler und auf nationaler Ebene größer werden wird. Dem wird man durchaus standhalten können. Aber dies wird zu nationalen gesellschaftlichen Konflikten führen, nicht eine vereinfachte Einbürgerungsprozedur. So betrachtet trägt der Ansatz der Kritik am neuen Gesetz zurzeit eher dazu bei, das Gegenteil dessen zu erreichen, was er zu vermeiden vorgibt: Konflikt statt Integration.