Mit technischen Detailfragen hat am Montag der Berufungsprozess des wegen Milliardenveruntreuung verurteilten früheren französischen Börsenhändlers Jérôme Kerviel in Paris begonnen.
1995: Der damals 28-jährige Nick Leeson hat mit illegalen Spekulationen an der Börse in Singapur einen Verlust von mehr als einer Milliarde Euro für das Bankenhaus Barings angehäuft. Er hatte die Bank in den Ruin getrieben. Er landete im Gefängnis. (Tageblatt)
2010: Ex-SocGen-Händler Jérôme Kerviel wird zu fünf Jahren Haft verurteilt, zwei davon auf Bewährung. Ein Gericht befindet ihn der Veruntreuung, des Computermissbrauchs und der Fälschung schuldig. Kerviel hatte ohne Legitimation Positionen im Volumen von 50 Milliarden Euro aufgebaut - mehr als der Börsenwert der Bank. Es kostete 4,9 Milliarden Euro, um diese wieder aufzulösen. Den Verlust soll Kerviel seinem Arbeitgeber zurückzahlen. (dapd)
1995: Die japanische Daiwa-Bank verliert 1,1 Milliarden Dollar nach unautorisierten Geschäften des Anleihenhändlers Toshihide Iguchi, der zum Management in den USA gehört. Er wanderte 1996 ins Gefängnis. (Tageblatt)
1996: Yasuho Hamanaka hatte seinen Spitznamen "Kupferfinger" nicht von ungefähr. Der Angestellte des Handelshauses Sumitomo Corp. in Japan namens zockte lange Zeit erfolgreic auf steigende Kupferpreise. Über massive Ankäufe konnte er selbst den Kupferpreis in die Höhe treiben, übernahm sich aber am Ende und brockte seinem Arbeitgeber 1,8 Milliarden Euro Verlust ein. Er wurde 1998 zu acht Jahren Gefängnis verurteilt. (Tageblatt)
2002: Die Allied Irish Bank wirft dem Devisenhändler John Rusnak vor, bei der US-Tochtergesellschaft Allfirst einen Verlust von 691 Millionen Dollar verursacht zu haben. Er selbst strich zwischen 1997 und 2001 rund 850.000 Dollar an Gehalt und Boni ein. Rusnak wird zu siebeneinhalb Jahren Gefängnis verurteilt. (Tageblatt)
2006: Der Hedgefonds Amaranth Advisors LLC fährt nach fehlgeschlagenen Wetten auf Erdgaspreise unter dem Händler Brian Hunter einen Verlust von 6,4 Milliarden Dollar ein. Der Hedgefonds bricht wenig später zusammen.
2006: David Bullen (Bild) und Vince Ficarra, zwei ehemalige Händler der National Australia Bank , werden nach einem Betrugsskandal zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt. Nach Überzeugung des Gerichts hatten sie mit Falschbuchungen ihre Boni retten und Verluste verschleiern wollen. Die Bank kostete das 187 Millionen Dollar. (Tageblatt)
2009: Der in London ansässige Merrill-Lynch- Devisenhändler Alexis Stenfors erhält ein mindestens fünfjähriges Berufsverbot. Er soll seine Handelspositionen wissentlich falsch bewertet haben, um Verluste zu verschleiern. Der Bank brockte er Abschreibungen in Höhe von 456 Millionen Dollar ein. (Tageblatt-Archiv)
2009: Der Händler Steve Perkins vom Londoner Brokerhaus PVM Oil Futures häuft nach einer Reihe unautorisierter Geschäfte einen Verlust von fast zehn Millionen Dollar an. Seine Spekulationen sollen den Ölpreis weltweit nach oben getrieben haben.
2010: Der Händler Evan Dooley von MF Global wird wegen Betrugs angeklagt, nachdem er 141 Millionen Dollar mit Weizen- Futures verzockt hatte. Der Vorfall wurde im Dezember 2009 bekannt, als die US-Aufsichtsbehörden dem Brokerhaus eine Strafe von zehn Millionen Dollar wegen unzureichender Risikokontrollen aufbrummten.
Sein früherer Arbeitgeber – die Großbank Société Générale – muss dabei beweisen, dass ihr die jahrelangen hochriskanten Spekulationsgeschäfte ihres Ex-Mitarbeiters verborgen geblieben sind. Unter großem Medieninteresse beantwortete der heute 35-jährige Kerviel zum Verfahrensauftakt Fragen nach einem hausinternen Moralkodex, den er bei seiner Einstellung unterzeichnet habe.
«Um ganz ehrlich mit Ihnen zu sein: Ich habe ihn damals nicht gelesen – aber ja: ich habe ihn unterzeichnet», sagte er nach Angaben der Nachrichtenagentur AFP. Anschließend gab er zu, dass er die für die insgesamt acht Händler seiner Abteilung zulässigen Grenzwerte von insgesamt 125 Millionen Euro überschritten habe. Allerdings habe er diese Summe eher als informellen Richtwert angesehen. Er gab einen Irrtum zu und meinte mit Blick auf die verspekulierte Summe: «Das war in der Tat extravagant.» Ihm sei unbekannt, ob auch andere Händler beim Überschreiten der Grenzwerte ähnlich gehandelt hätten wie er.
Milliarden-Forderung
Kerviel hatte Berufung gegen ein Urteil von Ende 2010 eingelegt, das ihn zu fünf Jahren Haft – zwei davon auf Bewährung – sowie der Rückzahlung von 4,9 Milliarden Euro an seinen Ex-Arbeitgeber verurteilt hatte. Sein damaliger Arbeitgeber, die französische Großbank Société Générale, hatte 2008 Verluste von fast fünf Milliarden Euro eingefahren und dafür ungenehmigte eigenmächtige Spekulationen Kerviels verantwortlich gemacht.
Vor dem Auftakt des bis zum 28. Juni terminierten Prozesses hatte er erklärt, stets mit Wissen seiner Vorgesetzten gehandelt zu haben. Kerviel hat zudem zwei Anzeigen gegen die Großbank erstattet, weil sie angeblich für den Prozess Tonaufnahmen manipuliert hat. Sie seien ohne Wissen Kerviels aufgenommen und anschließend verkürzt worden. Zudem habe sie im ersten Prozess verheimlicht, dass sie einen Teil ihres Verlustes wieder ausgeglichen habe. Die Bank reagierte mit zwei Gegenklagen wegen übler Nachrede. Die französischen Großbank beteuerten nach dem Skandal, sie hätten Lehren aus der Affäre gezogen und Maßnahmen ergriffen, um ähnliche Fälle künftig zu verhindern. Mit einem Urteil wird frühestens im Spätsommer gerechnet.
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