Der griechische Ministerpräsident Giorgos Papandreou hält trotz Kritik aus dem Ausland und weltweiter Marktturbulenzen an seinem Plan fest, die Bevölkerung über das EU-Rettungspaket abstimmen zu lassen. In einer siebenstündigen Krisensitzung sprach das griechische Kabinett Papandreou seine Unterstützung für das Referendum aus, wie Regierungssprecher Ilias Mossialos am frühen Mittwochmorgen in Athen sagte. Die Volksabstimmung werde so bald wie möglich stattfinden. Aus Regierungskreisen verlautete jedoch, zwei Minister hätten noch starke Vorbehalte gegen die Befragung.
Nächste Kredittranche wird ausbezahlt
Trotz des geplanten Referendums und der sich abzeichnenden Staatspleite Griechenlands erhält das Land weitere Hilfen von Eurostaaten und Internationalem Währungsfonds (IWF). Wie die «Bild»-Zeitung (Mittwochausgabe) berichtet, soll die sechste Tranche aus dem Hilfspaket bis 11. November an die griechische Regierung überwiesen werden.
Papandreou sagte vor den Ministern, das Referendum sei die einzige Möglichkeit, um das europäische Rettungspaket abzusichern. «Wir werden kein Programm zwangsweise umsetzen, sondern nur mit dem Einverständnis der griechischen Bevölkerung», sagte er laut von seinem Büro veröffentlichtem Redetext. «Das ist unsere demokratische Tradition, und wir verlangen, dass sie auch im Ausland respektiert wird. Und ich glaube, dass sie respektiert werden wird.»
«Ja oder Nein zu Europa»
Das Referendum werde ein klares Mandat liefern «und eine klare Botschaft innerhalb und ausserhalb Griechenlands über unseren europäischen Kurs und unsere Teilnahme am Euro», sagte Papandreou weiter. Es werde dabei nicht um seine Regierung gehen. «Das Dilemma lautet: ‚Ja oder Nein zu der Einigung (über den Rettungsplan)‘, ‚Ja oder Nein zu Europa‘, ‚Ja oder Nein zum Euro'», erklärte der Regierungschef. Er räumte ein, dass es vermutlich zu Marktturbulenzen kommen werde, diesen würden jedoch nur temporär sein.
Die Märkte hatten zuvor entsetzt auf die Ankündigung des Referendums reagiert. Sollte die Entscheidung der Griechen «Nein» lauten, droht eine ungeordnete Insolvenz des Landes mit noch stärkeren Verlusten für die Gläubiger und einem möglichen Ausscheiden Griechenlands aus der Euro-Zone.
«Schockwellen wären nicht zu vermeiden»
Das Referendum wäre das erste in Griechenland seit 1974, als die Monarchie abgeschafft wurde. Papandreou hat ausserdem eine Vertrauensabstimmung im Parlament angesetzt, die am Freitag stattfinden soll.
Ökonomen fürchten bei einem Scheitern des geplanten Griechenland-Referendums über das nächste Rettungspaket verheerende Folgen für das Finanzsystem in der Euro-Zone. Zwar sei es «für sich genommen nicht falsch», wenn der griechische Premier Giorgos Papandreou versuche, für seine Politik zur Umsetzung der Gipfelbeschlüsse der Euro-Staaten aus der letzten Woche eine neue Legitimation zu bekommen. Doch bei einem Nein im Plebiszit drohe das «Schuldenevent», das mit den Beschlüssen vermieden werden sollte. «Die Kreditausfallversicherungen würden gezogen, die befürchteten Schockwellen durch das Finanzsystem wären wohl nicht zu vermeiden», sagte der Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), Michael Hüther, «Handelsblatt Online».
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