BrüsselWie sich die EU mit einem Notprogramm gegen die Coronavirus-Krise stemmt

Brüssel / Wie sich die EU mit einem Notprogramm gegen die Coronavirus-Krise stemmt
Viele Fragen an Brüssel: Die EU-Kommission um Präsidentin Ursula von der Leyen verzweifelt zuweilen auch am Egoismus einzelner Staaten Foto: AFP/John Thys

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Die EU-Kommission ist bereit, die strikten Schuldenregeln auszusetzen, falls sich die Wirtschaftskrise wegen des Coronavirus weiter verschärfen sollte. Zunächst würden die Regeln jedoch so flexibel wie möglich ausgelegt, sagte Behördenchefin Ursula von der Leyen am Freitag in Brüssel. Zudem kritisierte die CDU-Politikerin Deutschland wegen Exportbeschränkungen für medizinische Schutzkleidung. Sie sprach sich auch gegen Reiseverbote aus.

„Diese Krise ist ein gewaltiger Schock für die europäische Wirtschaft“, sagte von der Leyen. Die EU-Kommission sei daher bereit, „maximale Flexibilität“ bei den Schuldenregeln zu gewähren. Sollte die Wirtschaft weiter einbrechen, könne man die strikten Fiskalregeln sogar aussetzen, sagte Vizepräsident Valdis Dombrovskis. Dies würde im Einvernehmen mit den EU-Staaten geschehen. Derzeit sei es aber noch nicht so weit.

Allerdings könnte die Brüsseler Behörde schon bald gezwungen sein, alle Hemmungen fallen zu lassen. Denn sogar Kommissionsexperten rechnen mit einer Rezession in Europa. Ursprünglich war für 2020 mit 1,4 Prozent Wachstum gerechnet worden – nun werde das Wachstum „unter null fallen, womöglich sogar erheblich“, sagte ein hoher Beamter. Das Coronavirus löse mehrere ökonomische Schocks gleichzeitig aus – beim Angebot wie bei der Nachfrage.

Um gegenzusteuern, hat die EU-Kommission ein Investitionspaket aufgelegt. Es soll nun 37 Milliarden Euro enthalten, und nicht 25 Milliarden, wie zunächst angekündigt. Von der Leyen räumte allerdings ein, dass es sich nicht um „frisches“ Geld handele, sondern um nicht genutzte Mittel aus den Strukturfonds, die zudem noch „gehebelt“ werden. So soll eine Milliarde Euro Brüsseler Hilfe neue Investitionen von sieben Milliarden auslösen.

Europäer helfen sich nicht gegenseitig

Kritisch äußerte sich die EU-Chefin zu deutschen Exportbeschränkungen für Schutzmasken und anderen medizinischen Produkten. „Der gemeinsame Markt muss funktionieren“, sagte von der Leyen. Es komme darauf an, dass die Medizinprodukte schnell dahin kämen, wo sie am meisten benötigt werden, etwa in Italien. Sie habe mit Deutschland, Frankreich und anderen EU-Staaten gesprochen und rechne mit einem schnellen Ende der Beschränkungen.

Was wir tun können und sollten, ist, Gesundheitschecks durchzuführen – und nicht Grenzen schließen

Ursula von der Leyen, EU-Kommissionspräsidentin

Allerdings wurde dies in Berlin nicht bestätigt. Zudem hat Brüssel erst dann reagiert, als es massive Proteste etwa in Belgien und Italien gab. Auch die schon vor Wochen versprochene gemeinsame Beschaffung von medizinischer Ausrüstung kommt nicht voran. Man sei mit allen Produzenten in Kontakt und versuche, bürokratische Hindernisse auszuräumen, betonte von der Leyen. Wann der Engpass behoben sein wird, konnte sie aber nicht sagen.

Auch gegen die um sich greifenden Reisebeschränkungen kämpft Brüssel vergeblich. „Allgemeine Einreisestopps werden von der Weltgesundheitsorganisation nicht als am effektivsten betrachtet“, sagte von der Leyen. „Was wir tun können und sollten, ist, Gesundheitschecks durchzuführen.“ Doch die Grenzen schließen sich, auch in der EU. So beschloss Tschechien am Freitag weitgehende Reiseverbote. Allen Ausländern wurde die Einreise untersagt.