Montag29. Dezember 2025

Demaart Zu Demaart

Headlines

Kopf des TagesEva Kaili: Jahrelang aufgestiegen und rasend schnell abgestürzt

Kopf des Tages / Eva Kaili: Jahrelang aufgestiegen und rasend schnell abgestürzt
 Foto: AFP

Jetzt weiterlesen !

Für 0,99 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Oder schließen Sie ein Abo ab.

ZU DEN ABOS

Sie sind bereits Kunde?

EU-Politikerin Eva Kaili unter Korruptionsverdacht

Im Ausland sagte der Name Eva Kaili den meisten Leuten bislang nichts. Aber zu Hause in Griechenland und in der Europa-Szene ist die Vizepräsidentin des Europaparlaments durchaus bekannt. Die heute 44-Jährige war eine der Jüngsten, die je ins griechische Parlament gewählt wurden. Der Spiegel lobte sie bereits 2011 als „Die Weitsichtige“. Die Brüssel-Kenner von Politico nahmen sie einst auf eine Liste der EU-Abgeordneten mit dem größten Einfluss.

Seit diesem Wochenende kennen ihren Namen nun aber auch Leute, die nicht so viel mit Griechenland oder Europa zu tun haben. Die belgische Justiz ließ Eva Kaili unter dem Verdacht festnehmen, dass sie sich vom Golfstaat Katar bestechen ließ, dem Gastgeber der laufenden Fußball-WM. Obwohl selbstverständlich auch für die Europa-Abgeordnete die Unschuldsvermutung gilt, ist die Empörung groß.

Ihre Karriere hat Kaili in ihrer Heimatstadt Thessaloniki begonnen, der zweitgrößten Stadt Griechenlands. Im Alter von 20 Jahren wurde die damalige Architekturstudentin 1998 Stadträtin. Nach ihrem Abschluss in Architektur studierte sie internationale und europäische Beziehungen und absolvierte eine Ausbildung zur Journalistin.

Ab 2004 wurde Kaili ein vertrautes Gesicht für viele Griechen. Sie begann, die Nachrichten bei Mega zu moderieren, einem der großen privaten Fernsehsender des Landes. 2007 wechselte sie dann in die obere Etage der nationalen Politik: Kaili, damals 29-jährig, wurde ins griechische Parlament gewählt. Sie war die jüngste Abgeordnete der Pasok-Partei. 2014 folgte der Wechsel ins EU-Parlament. Bei der Europawahl 2019 konnte sie ihr Mandat verteidigen.

In ihrem Heimatland galt Eva Kaili seit Jahren als Querkopf innerhalb der Pasok. Immer wieder ging sie auf Distanz zur Parteilinie der Sozialisten. Als die Regierung in Athen den jahrelangen Namensstreit mit dem Nachbarstaat beilegte, der seither Nordmazedonien heißt, schrieb sie im Kurzbotschaftendienst Twitter von einem „irreparablen Schaden für die Geschichte, Mazedonien und die Griechen“ – und vertrat so die Linie der konservativen Partei Nea Dimokratia (ND).

Im Januar 2022 schaffte Kaili dann den Aufstieg in die Leitungsebene des EU-Parlaments: Im ersten Wahlgang wurde sie zu einer von 14 Vizepräsidentinnen und -präsidenten des Europäischen Parlaments gewählt.

Kaili war Teil der Delegation, welche die Beziehungen der Europäischen Union zur arabischen Halbinsel ausbauen sollte. Deshalb war sie kurz vor Beginn der Fußballweltmeisterschaft ins Gastgeberland Katar gereist – das wegen der Menschenrechtslage im Land und seines Umgangs mit Gastarbeitern auf den WM-Baustellen seit Jahren massiv in der Kritik steht.

Kurz nach Beginn des Turniers sagte Kaili im Europäischen Parlament dann, die WM sei „ein konkreter Beweis dafür, wie Sportdiplomatie zu einer historischen Transformation eines Landes führen kann, dessen Reformen die arabische Welt inspiriert haben“. Der Golfstaat sei ein Vorreiter bei Arbeitsrechten. Das Land habe sich der Welt geöffnet. „Dennoch rufen einige hier dazu auf, sie (die Katarer) zu diskriminieren. Sie schikanieren sie und beschuldigen jeden, der mit ihnen spricht, der Korruption.“

Privat ist Kaili Medienberichten zufolge mit einem italienischen Politik-Berater liiert, der am Freitag ebenfalls festgenommen wurde. Kailis Schwester Mantalena hat indessen mit Unglauben auf die Vorwürfe gegen die Politikerin reagiert. „So wie ich die Moral und die Persönlichkeit meiner Schwester kenne, kann ich nicht glauben, dass die Anschuldigungen und die ihr zugeschriebenen Absichten der Realität entsprechen“, so die Beraterin der nun festgenommenen Politikerin.

Sie verstehe, dass die Öffentlichkeit Interesse habe, zu erfahren, was mit ihrer Schwester los sei. „Wir leben als Familie in einer beispiellosen und schmerzhaften Situation. Wir lesen in den Medien über die Anschuldigungen gegen meine Schwester. Aber wir haben seitens der Behörden immer noch keine offiziellen Informationen über die Vorwürfe.“ (dpa/AFP)