Russland hat nach eigenen Angaben mehrere ukrainische Drohnenangriffe abgewehrt, unter anderem in der Hauptstadt Moskau. Wie das russische Verteidigungsministerium mitteilte, wurden am Sonntag 25 Drohnen auf der von Russland annektierten Halbinsel Krim und drei weitere in Moskau unschädlich gemacht. Dabei wurden in Moskau zwei Bürogebäude beschädigt. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sprach in diesem Zusammenhang von einer Rückkehr des Krieges nach Russland.
Auf der Krim seien 16 Drohnen durch die „Luftabwehr zerstört“ und die restlichen neun durch „elektronische Kampfführung neutralisiert“ worden, teilte das russische Verteidigungsministerium mit. Es habe keine Opfer gegeben. Die Krim, die 2014 von Russland annektiert wurde, ist in den vergangenen Wochen Ziel zunehmender Angriffe geworden. Kiew hatte wiederholt erklärt, dass es die Rückeroberung der Halbinsel anstrebe.
Zuvor hatten die russischen Behörden bereits den Abschuss von drei ukrainischen Drohnen in der Hauptstadt Moskau gemeldet. Eine der Drohnen sei am Stadtrand abgeschossen, zwei weitere „durch elektronische Kampfführung ausgeschaltet“ worden und in einen Bürokomplex eingeschlagen. Das Verteidigungsministerium sprach von einem „versuchten Terrorangriff“. Es habe keine Verletzten gegeben. Zunächst berichteten Medien von einem verletzten Wachmann.
Der internationale Flughafen Wnukowo im Großraum Moskau musste kurzzeitig geschlossen werden. Sämtliche Flüge seien auf andere Flughäfen umgeleitet worden, meldete die staatliche Nachrichtenagentur Tass. Kurz darauf sei der normale Flugbetrieb wieder aufgenommen worden.
„Die Ukraine wird stärker“
Moskau liegt rund 500 Kilometer von der Grenze Russlands zur Ukraine entfernt. Das Stadtgebiet und das Umland der russischen Hauptstadt waren seit dem Beginn des Ukraine-Kriegs zunächst nur selten ins Visier geraten. Zuletzt aber gab es mehrere Drohnenangriffe auf Moskau, für die russische Behörden die Ukraine verantwortlich machten.
„Allmählich kehrt der Krieg auf das Territorium Russlands zurück – in seine symbolischen Zentren und Militärstützpunkte“, sagte Selenskyj am Sonntag bei einem Besuch in der westukrainischen Stadt Iwano-Frankiwsk. Dies sei ein „unvermeidlicher, natürlicher und absolut fairer Prozess“. „Die Ukraine wird stärker“, sagte Selenskyj.
Die ukrainischen Behörden meldeten unterdessen weitere Angriffe Russlands. Bei einem Raketenangriff auf die Stadt Saporischschja im Süden der Ukraine wurden nach ukrainischen Angaben am Samstag zwei Menschen getötet. Die Druckwelle der Rakete habe die Fenster von Hochhäusern zerstört und das Gebäude einer Bildungseinrichtung und einen Supermarkt beschädigt.
Putin dementiert ukrainische Erfolgsberichte
Bei einem Raketenangriff auf die Stadt Sumy im Nordosten der Ukraine am Samstagabend wurden nach Angaben der Stadtverwaltung mindestens zwei Zivilisten getötet und 20 weitere verletzt. Drei von ihnen mussten im Krankenhaus behandelt werden, nachdem eine Hochschuleinrichtung getroffen worden war.
Die ukrainische Vize-Verteidigungsministerin Hanna Maljar schrieb auf Telegram, die eigene Armee rücke im Süden „allmählich, aber sicher“ in Richtung der Städte Melitopol und Berdjansk vor. Darüber hinaus teilte sie mit Blick auf die schweren Kämpfe an der Front im östlichen Gebiet Donezk mit: „Heute sind wir an der Südflanke um Bachmut weiter vorgerückt.“ Am Samstag hatte auch der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj eigenen Angaben zufolge die Front bei Bachmut besucht. Russische Truppen hatten die Stadt nach verlustreichen Kämpfen vor wenigen Monaten erobert und halten sie seitdem besetzt.
Russlands Präsident Wladimir Putin bestritt ukrainische Vorstöße. „Nein, es gibt keine größeren Veränderungen“, sagte Putin am Samstag in St. Petersburg. „Natürlich wurde der Feind überall gestoppt und zurückgedrängt“, behauptete er.
Unterdessen will nun offenbar Saudi-Arabien nach mehreren vergeblichen Vermittlungsbemühungen anderer Länder eine neue Friedensinitiative für die Ukraine starten. Wie die Nachrichtenagentur AFP am Samstag aus Diplomatenkreisen erfuhr, sind zu der geplanten Friedenskonferenz in Dschidda am kommenden Wochenende neben der Ukraine und westlichen Ländern auch Entwicklungs- und Schwellenländer wie Brasilien eingeladen – Russland jedoch nicht.
Saudi-Arabien bemüht sich schon seit längerem um eine Vermittlerrolle im Ukraine-Krieg. Im Mai hatte Selenskyj am Rande eines Gipfeltreffens der Arabischen Liga in Dschidda unter anderem Kronprinz Mohammed bin Salman getroffen. Im vergangenen September hatte Saudi-Arabien überraschend zu einem Gefangenenaustausch zwischen Russland und der Ukraine beigetragen.
Saudi-Arabien hat einerseits die Resolutionen des UN-Sicherheitsrats gebilligt, die den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine sowie die von Russland erklärte Annexion besetzter ukrainischer Gebiete verurteilten. Andererseits stimmt sich die saudi-arabische Regierung in der Energiepolitik weiterhin eng mit Russland ab – unter anderem bei einer Drosselung der Erdöl-Fördermengen.
Sorgen wegen Wagner-Truppen
In Polen lösten am Wochenende Truppenbewegungen russischer Wagner-Söldner im Nachbarland Belarus Besorgnis aus. „Wir haben Informationen, dass mehr als hundert Söldner der Wagner-Gruppe in Richtung der Suwalki-Lücke vorgerückt sind, unweit von Grudno in Belarus“, sagte Polens Ministerpräsident Mateusz Morawiecki der Agentur PAP zufolge am Samstag.
Soldaten der russischen Privatarmee Wagner sind nach einem gescheiterten Aufstand gegen Moskau nach Belarus umgesiedelt. Nach einem Bericht des britischen Verteidigungsministeriums vom Sonntag haben sich seit Mitte Juli wohl mindestens mehrere Tausend Mitglieder der Söldnertruppe in einem Camp im Zentrum von Belarus eingerichtet. Sie verfügten aber kaum über gepanzerte Fahrzeuge. Unklar bleibe, was mit dem schweren Gerät geschehen sei, das die Gruppe in der Ukraine verwendet habe.
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