Mit Milliardenhilfen für das Gesundheitssystem und Unternehmen stärkt Rheinland-Pfalz die Abwehr gegen die Corona-Pandemie. Im Eilverfahren verabschiedete der Landtag am Freitag mit den Stimmen aller fünf Fraktionen einen Nachtragshaushalt im Umfang von 3,3 Milliarden Euro. «Wir stehen aktuell gemeinsam vor der größten Herausforderung in der Geschichte unseres Bundeslands», sagte Landtagspräsident Hendrik Hering (SPD) zu Beginn der Sondersitzung vor 68 Abgeordneten – sonst gehören 101 Abgeordnete dem Landesparlament an. Ein Überblick zu den Entwicklungen vom Freitag:
MILLIARDENPAKET – Der in kürzester Zeit erstellte Nachtragshaushalt hat ein Volumen von 3,3 Milliarden Euro. Davon sind 800 Millionen als direkte Ausgaben vor allem für Maßnahmen im Gesundheitswesen und für Hilfszahlungen an Unternehmen vorgesehen, jeweils 100 Millionen für die Kommunen und für die Anschaffung eines künftigen Impfstoffs gegen das Corona-Virus, 2,2 Milliarden Euro für die Erhöhung von Landesbürgschaften und 53 Millionen Euro für Maßnahmen zum Schutz des Waldes. Finanziert wird dies teils durch einen Verzicht auf bisher geplante Maßnahmen zur Schuldentilgung und zur Aufstockung von Haushaltsrücklagen, teils durch die Aufnahme neuer Kredite im Umfang von 638,5 Millionen Euro. Die Schulden sollen ab 2024 zurückgezahlt werden.
INFEKTIONEN – Die Ausbreitung der Corona-Pandemie in Rheinland-Pfalz zeigt auch zum Ende der Woche keine Anzeichen einer Abschwächung. Die Gesundheitsämter meldeten bis Freitag 10.00 Uhr insgesamt 2101 Infektionen mit dem Coronavirus. Bisher starben elf Menschen in Rheinland-Pfalz an der durch das Virus verursachten Krankheit Covid-19, darunter allein drei in der Stadt Koblenz und zwei im Kreis Bad Dürkheim.
UMSATZEINBUßEN – Fast alle Unternehmen in Rheinland-Pfalz befürchten nach Umfragen der vier Industrie- und Handelskammern (IHK) im Land massive Umsatzeinbußen. 92 Prozent der Firmen im Bereich der IHK Koblenz registrieren einen Rückgang der Nachfrage, die Stornierung von Aufträgen und logistische Engpässe. Für das gesamte Jahr 2020 erwarten 16 Prozent der Betriebe einen Umsatzrückgang von mehr als 50 Prozent. Ähnlich das Bild bei den IHKs für Rheinhessen und die Pfalz. Die IHK in Trier erklärte, bei 40 Prozent der Unternehmen stehe der Betrieb größtenteils oder komplett still.
DAUER – Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) wendet sich gegen eine zu frühen Debatte zur Frage, wann die Kontaktbeschränkungen gelockert werden können. «Ich wage im Moment überhaupt keine Prognose, weil klar ist, dass diese drastischen Maßnahmen ja wirklich auch aus Vorsorge getroffen wurden», sagte sie dem Radioprogramm SWR Aktuell. «Wir haben derzeit keine Sicherheit über Dauer und Schwere der Pandemie, und auch nicht über das Ausmaß ihrer wirtschaftlichen Folgen», sagte Finanzministerin Doris Ahnen (SPD) in der Sondersitzung des Landtags.
BUßGELD – Wer gegen Auflagen in der Corona-Krise verstößt, mut mit einem Bußgeld bis zu 25 000 Euro rechnen. Die Landesregierung beschloss nun entsprechende «Auslegungshinweise» zur dritte Corona-Bekämpfungsverordnung des Landes. Das höchstmögliche Bußgeld von 25 000 Euro soll bei besonders schwerwiegenden Verstößen und im Wiederholungsfall verhängt werden – etwa wenn Bars, Clubs oder Restaurants trotz mehrfacher Aufforderung nicht schließen und viele Menschen auf engem Raum bewirten. 1000 Euro kann es kosten, wenn Vorgaben für Schutzmaßnahmen oder Hygienevorschriften nicht beachtet werden.
ERNTEHELFER – Die Bundesagentur für Arbeit sieht die Landwirtschaft in der Corona-Krise vor neuen und großen Herausforderungen. Gebraucht werde eine breite Unterstützung von Menschen, die sonst nicht in der Landwirtschaft tätig sind, sagte die Chefin der Regionaldirektion Rheinland-Pfalz-Saarland, Heidrun Schulz. «Jede helfende Hand auf dem Feld zählt.» Tausende Helfer würden überwiegend im Gemüsebau – aktuell zur Spargelernte – sowie für Pflanzarbeiten oder zur Erdbeerernte gebraucht.
FLÜCHTLINGE – Das Integrationsministerium will mit gezielten Maßnahmen verhindern, dass Geflüchtete sich in einer der Erstaufnahme-Einrichtungen des Landes mit dem Coronavirus infizieren. Dazu gehört eine Umstellung der Essensausgabe, wie das Ministerium am Freitag mitteilte. Auch sollen Menschen, die bei einer Infektion besonders gefährdet wären, künftig möglichst frühzeitig die Erstaufnahme-Einrichtung wieder verlassen. Es werde «eine prioritäre Verteilung von Risikopersonen in die Kommunen vorbereitet», teilte ein Sprecher des Ministeriums mit. Wer neu in einer Aufnahmeeinrichtung für Asylbegehrende (AfA) eintrifft, soll nach Angaben des Ministeriums auf Fieber und den Allgemeinzustand überprüft werden. In einem Verdachtsfall ist eine separate Unterbringung vorgesehen.
NOTBETREUUNG – Das Land prüft eine Notbetreuung von Kindern berufstätiger Eltern an Schulen und Kitas auch während der Osterferien. Die Osterferien in Rheinland-Pfalz beginnen in diesem Jahr am 9. April und dauern bis zum 17. April.
SCHULPRÜFUNGEN – Die Corona-Krise bringt die üblichen Abläufe in allen Schulen gehörig durcheinander. Neben dem in den vergangenen Tagen kontrovers diskutierten Vorgehen beim Abitur beschäftigt sich das rheinland-pfälzische Bildungsministerium auch mit dem weiteren Umgang mit anderen Schulprüfungen. Die Industrie- und Handelskammern (IHK) haben bereits ihre schriftlichen Abschlussprüfungen für Auszubildende bundesweit und damit auch in Rheinland-Pfalz auf den Sommer verschoben. Im Handwerk ist noch unklar, wann geprüft wird.
SCHUTZMASKEN – Im Staatstheater Mainz und bei der Modedesignerin Anja Gockel werden Gesichtsmasken für die Universitätsmedizin in der Stadt geschneidert. «Wir haben keine Kunden, keine Arbeit, aber Stoffe», sagte Gockel. In ihrer Schneiderei entstanden mittlerweile rund 50 bunte Masken aus reiner Baumwolle, mit bunten Farbmustern oder dem Mainzer Dom als Motiv vorne drauf. Die Schneiderei des Theaters hat es schon auf hunderte Exemplare gebracht, wie Intendant Markus Müller berichtete.
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