Die Schlacht um die von Aufständischen gehaltene Stadt Al-Sawija im Westen von Libyen geht weiter. Nach einem weiteren Abwehrerfolg der Gegner des Regimes von Muammar al-Gaddafi traten Regierungstruppen am Mittag zu einem neuen Großangriff zur Eroberung der Stadt westlich der Hauptstadt Tripolis an. Inzwischen zogen die USA und andere Nato-Staaten starke Einheiten auf dem Stützpunkt von Souda im Westen der Mittelmeerinsel Kreta zusammen. Schiffe der Deutschen Marine begannen am Morgen vor der tunesischen Küste mit dem Abtransport hunderter ägyptischer Flüchtlinge in ihre Heimat.
In Al-Sawija, 50 Kilometer westlich von Tripolis, hatten die Regimetruppen in den frühen Morgenstunden mit Panzern, Artillerie und Luftabwehrgeschützen angegriffen, berichteten Augenzeugen dem arabischen Nachrichtensender Al-Dschasira. Heckenschützen der Regimetruppen sollen diesen Berichten zufolge auch auf Zivilisten geschossen haben. Der Angriff konnte von den Aufständischen zurückgeschlagen werden. Die Regimetruppen zogen sich in die Außenbezirke zurück, um von dort in den Mittagsstunden einen neuen Angriff zu starten, berichtete ein Al-Dschasira-Reporter. Die Kämpfe in den Morgenstunden seien äußerst blutig gewesen. Angaben über Todesopfer lagen zunächst nicht vor. Krankenhausärzte sprachen von 150 bis 250 Verletzten.
Ortschaften mit Ölquellen stark umkämpft
Die Kämpfe zwischen Gaddafi-Truppen und Aufständischen waren am Freitag ausgebrochen. Allein an diesem Tag sollen nach Medienberichten in Al-Sawija mindestens 30 Menschen ums Leben gekommen sein. Während die Aufständischen den ganzen östlichen Landesteil mit dem Großteil der Ölquellen kontrollieren, sind die Ortschaften rund um die Hauptstadt Tripolis im Westen des Landes zum Teil schwer umkämpft.
In der Nacht zuvor eroberten die Aufständischen im Osten den Ölhafen Ras Lanuf, berichteten arabische Medien. In der östlichen Metropole Bengasi explodierte in der selben Nacht aus bisher ungeklärten Gründen ein Munitionslager. Dabei kamen mindestens zwölf Menschen ums Leben, zehn weitere wurden verletzt. Krankenhausärzte sagten laut Al-Dschasira, Aufständische hätten die Explosionen versehentlich ausgelöst, als sie Waffen aus dem Depot holen wollten. Andere machten hingegen Gaddafis Truppen dafür verantwortlich.
Nato-Truppenaufmarsch auf Kreta
Auf der dem Osten Libyens vorgelagerten griechischen Insel Kreta begann ein Truppenaufmarsch der westlichen Mächte. Wie griechische Medien und Augenzeugen aus der Region am Samstag berichteten, liefen bereits zwei große amerikanische Schiffe in der Bucht von Souda ein, darunter der Hubschrauberträger «USS Kearsarge». An Bord seien rund 1200 Mann, darunter fast 800 Marineinfanteristen, berichtete der griechische Rundfunk. Das Schiff eignet sich sowohl für Landungsunternehmen wie auch für Evakuierungsaktionen.
Zudem sollen im nahegelegenen Flughafen von Souda-Akrotiri Spezialeinheiten aus verschiedenen Nato-Staaten, darunter auch aus Deutschland, angekommen sein. Genaue Zahlen wollte das Verteidigungsministerium in Athen nicht nennen. Einwohner der Region sagten der Nachrichtenagentur dpa am Samstag, sie hätten mindestens sechs Transall-Maschinen gesichtet. Schon am Donnerstag waren auf Kreta rund 400 Soldaten aus den USA eingetroffen, hieß es aus diplomatischen Quellen. Die Bucht und der Flughafen von Souda bilden einen der größten Marine- und Luftwaffenstützpunkte des westlichen Militärbündnisses im Mittelmeer.
Schiffe können von Kreta binnen neun Stunden die libysche Küste erreichen, Kampfjets brauchen etwa 20 Minuten. NATO, EU und USA haben aber deutlich gemacht, dass ein Militäreinsatz gegen Libyen vorerst nicht geplant sei. Allerdings wurden von den zuständigen Militärs Pläne «für den Fall der Fälle» vorbereitet, etwa zur Einrichtung einer Flugverbotszone über Libyen.In den vergangenen Tagen waren zehntausende Menschen vor den Unruhen in Libyen in das Nachbarland Tunesien geflüchtet. Dort werden sie von internationalen Hilfsorganisationen betreut. Da ein Großteil der Flüchtlinge aus Ägypten stammt, wurde auch eine internationale Luftbrücke eingerichtet.
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